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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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rasende Gebrüll Tausender verriet, dass eine gewaltige Schlacht zwischen den christlichen und sarazenischen Heeren tobte.
    Auf der Uferwiese, zwischen den Verwundeten der vergangenen Nacht, kniete Marocia vor ihrem Bruder und hörte nichts vom Lärm der Welt. Leon regte sich nicht. Wie ein Dachs war er gegen den Bären Berengar angerannt und ihm unterlegen. Ein einfacher Fausthieb des Königs hatte gereicht; Leon war mit dem Hinterkopf gegen ein Fass geprallt und seither nicht mehr aufgewacht. Das wenige, das Marocia noch für ihn tun konnte – die Stirn mit Wasser kühlen, das aus dem Mund tröpfelnde Blut abtupfen –, das tat sie, aber besser fühlte sie sich deswegen nicht. Leon würde ihretwegen sterben.
    Marocia rammte ihre Faust in den weichen, feuchten Boden. Verdammt, wie oft würde sie den gleichen Fehler noch machen? Sie hatte damals ihre Mutter in die Schranken gewiesen und dafür mit einer Fehlgeburt bezahlt; sie hatte Sergius in eine Fehde getrieben und ihn daran sterben sehen; sie hatte gegen Desiderius die Oberhand gewinnen wollen und dabei Clemens an ein Kloster verloren. Und nun war Leon für sie in einen Kampf gegangen, der im Grunde nicht seiner war und den es nie gegeben hätte, wäre sie – wie Alberic es von ihr verlangt und wie Lando sie gebeten hatte – nicht auf diesen Feldzug gegangen. Ihr Vater hatte ihr einmal aus eigener, schrecklicher Erfahrung gesagt, dass sie für alles, was sie vom Leben begehre, einen Preis zahlen müsse. Nun, sie hatte gezahlt – und eigentlich doch nichts erreicht. Alberic war bloßgestellt, Lando abgewiesen, Leon sinnlos geopfert. Sie kam sich vor, als wäre sie selbst es gewesen, die ihren Bruder gegen das Fass geschleudert hatte.
    Fünfundzwanzig Jahre war er alt, genau wie sie. Sie waren am gleichen Tag auf die Welt gekommen, hatten viele Jahre im gleichen Raum geschlafen, waren für die gleichen Kindereien von ihrer Amme gemaßregelt worden. Er war der Einzige, der diese speziellen Erinnerungen an die Villa, an das
peristyl
, an Theodora mit ihr geteilt hatte. Und nun war sie damit allein. Sie war einsamer denn je.
    Sein Atem setzte aus. Vornüber sank Marocia auf seine Brust und weinte.

    Das Triumphgeheul der christlichen Sieger dauerte zwei Tage an, und die Freudentänze begannen von neuem, als Alberics Verband endlich zum Heer stieß und die Bezwingung der Sarazenen mitfeiern wollte.
    Alberic hatte sich eigentlich vorgenommen, Marocia hart anzufassen und mitleidlos nach Spoleto zurückzuschicken. Ihren Auftritt während der Besprechung im Lateran hatte er nicht vergessen, dazu kam, dass er sich gleich nach seiner Ankunft im königlichen Lager eine Standpauke von seinem König hatte gefallen lassen müssen, weil er auf eine billige Finte Landos, dieses Freundes und Buhlers seiner Frau, hereingefallen war. Und seine Gicht, die ihm enorme körperliche Schmerzen bereitete, hellte seine Laune auch nicht gerade auf. Aber Marocias Mutlosigkeit, ihr Leid und ihre Schnitte und blauen Flecke fegten seine Vorsätze im Nu hinweg.
    »Es tut mir Leid, was mit deinem Bruder geschehen ist«, sagte Alberic und legte den Arm um sie. »Aber sieh, er ist als Held gestorben, er hat sein Leben gegeben, um deines zu retten. Er wollte, dass du lebst. Das sollte dich trösten.«
    Marocia sah ihn an, als würde jedes Wort sie verletzen.
    »Ich habe einen Fehler, einen furchtbaren Fehler gemacht«, klagte sie. »Es ist alles meine Schuld.«
    Innerlich gab er ihr Recht. Doch da sie ihren Irrtum jetzt erkannte, sah er keine Notwendigkeit, darauf herumzureiten. »Nicht doch. Es war Leons Aufgabe als Offizier dieses Feldzuges, gegen Sarazenen zu kämpfen. Er hätte dasselbe, was er für dich getan hat, für jeden anderen getan. Dass du es warst, die er vor einem Ungläubigen gerettet hat, ist reiner Zufall. Allerdings . . .«
    »Ja?«, fragte Marocia nach.
    »Ein wenig unheimlich ist es schon, dass dein Vater in Rom fast zur gleichen Stunde gestorben ist wie dein Bruder hier auf dem Schlachtfeld.«
    Marocia blickte Alberic entsetzt an.
    »Hast du es etwa noch nicht gewusst? Verzeih, ich hatte natürlich angenommen, dass der Bote . . . Wie unangenehm.«
    Sie kümmerte sich nicht um Alberics Verlegenheit, und seltsamerweise konnte auch der Tod ihres Vaters die Leere, die sie in sich verspürte, nicht vergrößern. Mit teilnahmsloser Stimme bat sie: »Alberic, ich möchte weg von hier. Diese schreckliche Nacht . . . Leons Tod . . . ich brauche Ruhe.«
    Sein ganzer männlicher

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