Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste
blickte abwechselnd die Glutsonne und die zerstörten Wälle der Stadt an. »Viel Kraft werden wir in diesen Ruinen ohnehin nicht schöpfen können, und die Sarazenen werden sich jeden Tag ein wenig besser verschanzen.«
Mit den Sarazenen mochte der König Recht haben, aber in der Gastfreundschaft der Capuaner täuschte er sich. Das wenige, was den Einwohnern geblieben war, teilten sie freudig mit ihren Befreiern und eroberten die Herzen dieser müden Männer damit im Sturm. Den Heerführern und Offizieren gab Lando im unversehrten Fürstenpalast ein lautes Fest, mit Tänzen, Akrobaten und viel Wein.
Als er davon gehört hatte, dass Marocia mit dem Heer eingetroffen war, wollte er es zunächst nicht glauben. Aber hier war sie nun, auf seinem Fest, in seinem Palast.
»Wer außer dir hätte das getan?«, fragte er begeistert und lehnte sich in das weiche Kissen des Diwans zurück, auf dem sie, umtost von Musik und Gelächter, saßen.
»Ich wollte schon immer mal nach Capua«, erwiderte sie in gespielter Gelassenheit.
»Von wegen. Gib zu, dass du meinetwegen gekommen bist.«
»Also schön, du bist der Grund, aber anders als du denkst, du eitler Kerl. Ist dir nichts an Berengar aufgefallen?«
Lando zog eine Grimasse. »Berengar, Berengar. Also schön, reden wir über Berengar.«
Sie beugte sich näher zu Lando. »Dir ist vielleicht nicht klar, dass dieser Berserker sich nicht mit einigen Selbstgefälligkeiten zufrieden geben wird. Er wird im Einverständnis mit Johannes versuchen, dir dein Land wegzunehmen und einen seiner Verwandten als Fürsten einzusetzen, so wie er es damals mit der Lombardei gemacht hat.« Sie holte tief Luft. »Hör zu. Er hat heute Morgen per Eilkurier eine Botschaft zu Alberic geschickt, der etwa vier Tagesmärsche von hier entfernt steht, und ich gehe jede Wette ein, dass er meinen lieben Gemahl darin auffordert, deine Hauptstadt zu besetzen, während er selbst weiter zum Garigliano marschiert, um die Sarazenen zu bekämpfen.«
Landos erste Reaktion verblüffte sie. Er klatschte einige Male langsam und deutlich in die Hände. »Bravo!«, rief er.
»Nimmst du mich etwa nicht ernst?«
»Im Gegenteil. Deine Einschätzung war brillant. Genau das hat Berengar vor.«
»Du weißt es?«
»Tja. Das war zu erwarten. Ich schätze, es war nicht schwer, deinen Mann um diesen Gefallen zu bitten. Selbst er dürfte mittlerweile verstanden haben, welche Motive deine Teilnahme an dem Feldzug hat. Ich kann es ihm nicht einmal übel nehmen, dass er gegen mich handelt.«
»Das ist noch kein Grund, ihm dein Fürstentum in den Rachen zu werfen.«
Lando entspannte sich ganz und wartete mit seiner Antwort ab, bis einige angetrunkene Offiziere aus Berengars Heer an ihm vorbeigetorkelt waren. Man konnte nie wissen, ob nicht ein Langohr dabei war, das die Weinseligkeit nur vortäuschte. Doch die Soldaten interessierten sich tatsächlich nur für die hübschen capuanischen Frauen, von denen Dutzende auf dem Fest waren und die Gäste kokett bewirteten.
»Alberic«, erklärte Lando mit gesenkter Stimme, »hat die Botschaft nie erhalten. Ich habe den Kurier abfangen lassen. Stattdessen habe ich deinem Gemahl einige von den zu mir übergelaufenen Sarazenen entgegengeschickt, um sich von ihm ‹gefangen nehmen› zu lassen. Sie werden ihm und seinem Marschall Agipert weismachen, ein ihm vierfach überlegenes Sarazenenheer marschiere direkt auf ihn zu. Er wird vorsichtshalber zurückweichen. Während Berengar also die Sarazenen am Garigliano belagert, habe ich Zeit, die geschleiften Wälle aufzuschütten und die Palisaden zu verstärken. Wenn er dann zurückkommt, findet er eine intakte Befestigung vor.«
Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und strahlte. »Eine gute Idee von mir, nicht?«
»Das nennst du eine gute Idee?«, rief sie empört. »Dieser Kniff ist wohl das Niederträchtigste, was mir je untergekommen ist. Wie wird Alberic vor dem König dastehen?«
»Du musst schon entschuldigen, aber das ist mir ziemlich gleichgültig. Du hast eben selbst gesagt, dass es keinen Grund gibt, ihm mein Land auszuliefern. Ich verteidige mich bloß.«
»Aber doch nicht, indem du ihn demütigst oder sogar sein Leben in Gefahr bringst. Er ist immer noch mein Gemahl.«
»Aha, und deswegen glaubst du, dass du die Einzige bist, die das Recht hat, ihn zu demütigen. Was erwartest du eigentlich von mir?«
»Dass du versuchst, Alberic auf deine Seite zu bringen – mit meiner Hilfe.«
»Er ist viel zu wütend auf uns,
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