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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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waren durch eine etwa acht Meter hohe Mauer verbunden und umschlossen seit fast genau 650 Jahren die Ewige Stadt. Nur der Campus Vaticanus mit der Petersbasilika im Nordosten war erst vor etwa einhundert Jahren von Papst Leo mit einer Mauer umzogen worden. Von einer Armee verteidigt, war Rom nicht zu erobern, aber zuverlässige Berichte sprachen lediglich von einer verstärkten Miliz, die den spoletanischen Belagerern entgegenstand.
    Die Stimmung im herzoglichen Lager hätte nicht besser sein können. Allein die Spoletaner waren den Römern zweifach überlegen, doch am Morgen war zusätzlich ein Heer unter Markgraf Guido von der Toskana eingetroffen. Nun zimmerte man an fahrenden Türmen, Rammböcken und Angriffsleitern, und der Lärm der Hämmer und Äxte drang bis in Herzog Alberics Zelt, wo er am Abend eine kleine Feier ausrichtete.
    »Jetzt bin ich auch von einem Sieg überzeugt«, verkündete er und hob den Kelch zu einem Trinkspruch. »Auf gutes Gelingen.«
    Marocia, Guido, Gratian und Damiane stimmten strahlend auf das Hoch ein.
    »Und auf den künftigen König Hugo!«, rief Marocia.
    Erneut wiederholten die vier anderen, doch diesmal weit weniger laut und strahlend, und Alberic warf Marocia sogar einen fast feindseligen Blick zu. Dann wandte er sich an Gratian. »Speziell Euch möchte ich danken, ehrwürdiger Erzbischof. Dass Ihr Euch freiwillig diesem Feldzug angeschlossen habt und mir und dem Heer geistlichen Beistand gebt, ist eine außergewöhnliche Geste.«
    Marocia schmunzelte. Sie vermutete hinter der vermeintlich edlen Tat keine Opferbereitschaft, sondern ein anderes, gänzlich ungeistiges Motiv, nämlich Gratians Liebschaft mit Damiane. Wo sie war, war er auch, und das machte Marocia diesen verfressenen, tapsigen und wetterwendischen Bischof fast sympathisch. Wenn Alberic wüsste, wen er da belobigte . . .
    »Dem kann ich nur zustimmen«, lächelte Marocia. »Eine außergewöhnliche Geste der – wie soll ich sagen – Verbundenheit.«
    Gratian verbeugte sich und spielte verlegen an einem Ring mit violettem Prunkstein herum. »Zu viel der Ehre«, sagte er und warf einen Blick nach draußen, wo es anfing, dunkel zu werden. Während die anderen noch weiterplauderten, verabschiedete er sich mit dem Hinweis, müde zu sein, und Marocia besaß so viel Takt, auch Damiane für heute ihrer Pflichten zu entbinden. Sollten die beiden sich doch einmal in Ruhe amüsieren können.

    Die Nacht über der Campagna war fast vollkommen schwarz. Nur die Mondsichel, eingebettet in Tausende funkelnder Sterne, spendete einen dünnen silbrigen Schimmer. Gratian und Damiane sahen kaum, wohin sie traten, aber bei jedem Schritt durch das Gras hörten sie, wie vor ihnen die Heuschrecken zur Seite sprangen, und ab und an veranlasste ein Rascheln sie, stehen zu bleiben. Beide waren froh, als sich endlich der dunkle Umriss des Gehöfts abzeichnete.
    Sie hatten ihre Pferde ein Stück entfernt zurückgelassen, um die Bauersleute nicht aufzuwecken und auf sich aufmerksam zu machen. Seit die Dinge nicht unbedingt so liefen, wie seine römischen Gönner sich das vorstellten, war Gratian bemüht, jede Kleinigkeit seines Auftrages akribisch zu erledigen. Desiderius sollte keine weitere Möglichkeit zur Beschwerde bekommen. Darum öffnete und schloss Gratian auch die klapprige Stalltür mit besonderer Vorsicht.
    Im Innern war es noch dunkler und stiller als draußen. Gratian hielt Damiane fest im Arm. »Vielleicht«, flüsterte sie, »kommt er gar nicht.«
    »Er wird«, antwortete Gratian. »Halte durch, Liebste. Es ist großartig, was du für mich tust, indem du mitgekommen bist. Jetzt musst du mir nur noch eines versprechen.«
    »In diesem Moment verspreche ich alles, wenn du mich nur festhältst.«
    Gratian zog Damiane noch ein Stück näher an sich heran. »Was auch immer Desiderius von uns verlangt, wir müssen es tun. Sonst . . .«
    In diesem Moment öffnete sich die Stalltür erneut, und Desiderius huschte herein. Keiner konnte die Gesichter der anderen sehen, aber Gratian hörte an der Stimme des Kardinals, dass er unruhiger war als gewohnt. »Ich habe nicht viel Zeit«, sagte er halblaut. »Der Belagerungsring wird immer dichter.« Er drückte Gratian ein Gefäß in die Hand. »Hier ist das Gift. Ein paar Tropfen sind anderweitig verwendet worden, aber der Rest reicht für ein halbes Dutzend.«
    Gratian zuckte merklich zusammen.
    »Was hast du gedacht?«, fragte Desiderius gereizt. »Dass ich dir den Auftrag gebe, Tücher zu

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