Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste
»Du hast einen deiner Männer mitgebracht?«, fragte er. »Vereinbart war, dass wir allein kommen.«
Mit brennendem Blick sah Hugo ihn an.
»Zur Sicherheit«, meinte Hugo trocken.
»Wenn die anderen ihn sehen . . .«
»Wenn du so auffällig in die Baumkrone schaust, werden sie ihn
tatsächlich
sehen«, zischte Hugo.
»Du hättest es mir sagen müssen. Ich habe mit meinem Namen dafür gebürgt, dass . . .«
»Warum hast du die Verhandlung unterbrochen?«, schnitt Hugo ihm das Wort ab.
Guido versuchte sich zu beruhigen, aber leicht fiel es ihm nicht. Er atmete tief durch und schweifte mit seinem Blick über die ovale Waldlichtung, auf der nur wenige Bäume standen. Alles schien ihm seltsam still, so als würden die Lebewesen des Waldes innehalten. Ein Stück entfernt stapften zwei langhalsige Vögel durch das hohe Gras und beäugten ebenso nervös wie Guido das Geschehen. Wieder einmal hatte Hugo ihn getäuscht, und er fragte sich, ob sein Halbbruder nur ihn hinters Licht führte – vielleicht weil er ihn ärgern oder gar treffen wollte – oder ob er das auch mit anderen tat. Hatte er sich den Königstitel nicht erhandelt, indem er Marocia plump auf seine Seite brachte? Und war Berengars heimtückische Ermordung tatsächlich bloß ein Glücksfall gewesen oder nicht doch ein Geheimplan Hugos? Doch das alles war nur ein Verdacht, und ehe Guido keine stichhaltigen Beweise hatte, fühlte er sich verpflichtet, seinen Monarchen und nahen Verwandten zu unterstützen.
»Du kannst Ansgar auf drei Jahre Steuernachlass und fünf Jahre eingeschränkte Waffenhilfe herunterhandeln«, riet er.
»Dieser Ansgar ist ein Widerling«, entgegnete Hugo.
Guido verschwieg, dass er Hugo kaum besser als Ansgar fand. »Wir sind nicht hier, um uns in die Arme zu fallen, Hugo. Wir feilschen um Geld, um Macht – und um Menschenleben. Also bitte . . .«
»Nein«, unterbrach Hugo laut. »Ich feilsche nur, wenn es etwas zu gewinnen gibt. Aber diese beiden hier lassen mir bloß die Wahl zwischen dem Krieg, den wir jetzt führen, und dem Krieg, den wir führen werden, nachdem wir ihnen gegeben haben, was sie wollen. Sie werden uns immerzu Ärger machen.«
Mit diesen Worten ließ Hugo ihn stehen und ging zurück zu Ansgar und Berengar von Ivrea. Lustlos folgte Guido ihm. Doch noch bevor er zu ihm aufschließen konnte, reckte Hugo plötzlich den Arm in die Höhe und ließ ihn wieder wie ein Fallbeil niedersausen. Auf dieses Zeichen hin stürmte ein Dutzend Bewaffneter aus dem Wald.
»Eine Falle!«, rief Ansgar und wollte zu seinem Pferd laufen, aber Hugo machte einen Hechtsprung und brachte ihn zu Fall. Sie rangen miteinander im Gras. Berengar von Ivrea war viel zu dick, um schnell zu seinem Schimmel laufen zu können, und die Soldaten hätten ihn rasch eingeholt, wenn auf seine Hilferufe hin von der anderen Seite der Lichtung nicht eine Hand voll friaulischer Soldaten gekommen wäre. Ein Gefecht brach los, an dessen Ende die überlegene Zahl von Hugos Soldaten den Ausschlag gab. Aber Berengar von Ivrea war in der Zwischenzeit geflohen.
Ächzend wie ein Ringer nach dem Kampf rappelte Hugo sich auf. In seiner Faust hielt er einen Dolch, und zu seinen Füßen lag Ansgar, aus mehreren Wunden am Rücken blutend. Guidos Mund stand weit offen. »Ich . . . ich . . . um Himmels willen, Hugo, was hast du getan?«
»Mich eines Problems entledigt«, gab dieser ausdruckslos zurück.
Zu Guidos Entgeisterung kam jetzt noch Zorn hinzu. »Wir sind mit der weißen Flagge der Unterhändler hierher gekommen. Ich kann es einfach nicht glauben. Du hast diesen heimtückischen Überfall von Anfang an geplant. Mein eigener Bruder hat mich benutzt.«
»Was regst du dich so auf? Berengar von Ivrea hatte schließlich auch Soldaten versteckt.«
»Aus Furcht!«, schrie Guido. »Er ist doch viel zu dumpf, um so einen Hinterhalt auszuhecken. Das kann nur ein . . . ein
Teufel
, wie du es bist.«
Hugo grinste. »Na, na. Aus deinem Mund klingt sogar meine Lieblingsbezeichnung beleidigend. Wie auch immer, Brüderchen, die Lombardei gehört jetzt mir, und mit Berengar von Ivrea werden wir deshalb leichtes Spiel haben.« Er nahm seinen Dolch und schleuderte ihn nach unten, so dass er sich zwischen Guidos Füßen in den Waldboden bohrte. »Und jetzt entschuldige mich bitte, du weinerliche Memme. Ich muss zu meiner Krönung nach Rom.«
Der römische Magistrat, die Stadtregierung, tagte wie an jedem Monatsanfang im Palast auf dem Kapitol. Die
defensores
, die hohen
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