Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste
Papst . . .«
». . . mich loszuwerden und zugleich die Landesherren gegen Hugo einzunehmen. Die alten Machtverhältnisse wären wieder hergestellt.«
»Brillant kombiniert, wie immer.«
Marocia hatte momentan keinen Sinn für die falsche Honigsüße des Kardinals. »Hat Byzanz die Hände im Spiel?«
»Nicht, dass ich wüsste. Es ist eher ein«– Desiderius räusperte sich und sah Marocia viel sagend an –»ein persönliches Anliegen des Papstes, eine Frage des . . . des Gefühls.«
Marocia verstand. »Warum«, fragte sie hart, »verratet Ihr mir dieses mörderische Geheimnis? Sagt nicht, Ihr habt plötzlich eine Zuneigung zu mir entdeckt.«
Desiderius faltete die Hände. »Das wohl nicht. Aber Ihr werdet gewinnen, Euer Gnaden, und ich behalte mein Leben. So war es bisher, und so wird es vorerst bleiben.«
Marocia gab sich mit dieser Erklärung zufrieden, obwohl sie das Gefühl überkam, dass mindestens
ein
Stein des Mosaiks noch fehlte. Aber sie wusste nicht, welcher. Da Desiderius ihr, wenn auch nur aus Selbstsucht, vermutlich das Leben gerettet hatte, rang sie sich einen Dank ab, bevor sie ihn wieder fortschickte.
Nachdenklich erhob sie sich und schritt die Terrasse ab. Die Orangenbäume trugen erste Früchte und versprühten ihren herben Duft. Nachdenklich pflückte Marocia eine der kleinen weichen Kugeln und wog sie abwechselnd in beiden Händen. Cicero kam herbei. Er wedelte mit dem Schwanz und beschnüffelte die Orange auf ihre Essbarkeit. Marocia strich ihm über das Fell und kraulte seinen Nacken, dann erhob sie sich wieder und setzte ihren Streifzug fort.
Die Sonne versank hinter dem Mons Janiculum, und der Himmel leuchtete nun in unzähligen Gelb- und Rottönen. Doch außer Marocia hatte niemand in diesem Moment Augen dafür. Alle Momente in ihrem Leben, in denen Johannes eine Rolle spielte, zogen scheinbar vor dieser grandiosen Kulisse vorüber. Sie kannte Johannes’ Verbrechen und hatte ihm keines davon verziehen, aber ihr lag dennoch schon lange nichts mehr an seiner Vernichtung, von der sie als junge Frau immer geträumt hatte. Johannes’ Beseitigung würde Blanca verletzen und Rom Unruhe bereiten. Unabsehbare Schwierigkeiten konnten sich daraus ergeben.
»Das ist ungeheuerlich«, ächzte Odo. »So tief ist das Pontifikat gesunken.« Er blickte beschämt zu Boden.
Guido beschäftigten ganz andere Gedanken. »Es wäre besser, wenn Ihr bei der Verhaftung des Meuchelmörders nicht auf die Wachen zurückgreift. Sie könnten im Vorfeld zu viel Aufmerksamkeit erregen – oder sogar bestochen sein.«
»Was ratet Ihr?«, fragte sie.
Guido zuckte mit den Achseln. »Einen Hausdiener kann ich mühelos überwältigen.«
Marocia grinste, machte einen höflichen Knicks und warf ihm ihre Orange zu.
»Danke«, sagte sie.
»Und Cicero und ich helfen ihm«, fiel Alberic ein. »Nicht wahr, Cicero?« Der Hund bellte und wedelte mit dem Schwanz.
»Das kommt nicht in Frage«, sagte Marocia.
»Dagegen kannst du gar nichts machen«, trotzte Alberic ihr.
»Das hier ist kein Kinder. . .« Sie unterdrückte den Rest des Wortes und blickte ihren Schwager Rat suchend an.
»Ich passe auf«, versprach er, und so pflückte Marocia eine weitere Orange, ging zu Alberic und drückte sie ihm in die Hand. »Danke«, sagte sie auch ihm und fand in seinen Augen eine Liebe wie noch nie zuvor.
In der tiefsten Nacht schlich sich – so, wie Desiderius es angekündigt hatte – ein Diener in Marocias Schlafgemach und stach mit einem Dolch mehrere Male auf das Bett ein. Als er die Decke lupfte und im Mondschein den Erfolg seiner Tat prüfen wollte, erkannte er, dass er auf einen Strohsack eingestochen hatte. In diesem Moment stürmte der Markgraf von Toskana herein und hinter ihm Alberic und der Hund. Der Diener erkannte blitzschnell, in welchen Hinterhalt er gelaufen war, schleuderte das Messer gegen Guido und traf ihn damit an der rechten Schulter. Der Markgraf schrie auf. Mit einem gewaltigen Satz sprang der Diener vor und riss Guido zu Boden.
Alberic, der ein Kurzschwert hielt, wollte helfen, konnte aber in der Dunkelheit die Kontrahenten nicht auseinander halten. Doch dann gab er Cicero einen Befehl. Sofort stürzte der Hund sich in das unübersichtliche Gerangel und biss zu. Von scharfen Zähnen am Oberarm gepackt, schrie der Diener auf. Guido versetzte ihm einen Schlag – und der Kampf war vorbei.
Noch immer lag tiefe Dunkelheit über der Tiberinsel. Alberic und Clemens umringten Marocia, während sie
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