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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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kaum dreißig Jahre anfällig und ausgemergelt, mit tiefen Falten auf der Stirn und beiderseits der Nase, blasser Haut und langen, ungepflegten Haaren, aber alle Informanten Marocias beteuerten ihr, dass seine Willenskraft außerordentlich sei und der äußere Schein trüge.
    »Berengar von Ivrea«, flüsterte er, als spreche er mit der Glasscheibe. Er hasste schnelles und lautes Reden, wozu er bereits einen normalen Tonfall zählte. »Ich hatte fast vergessen, dass es den noch gibt.«
    Marocia war nicht direkt angesprochen worden, aber von ihrer Position einige Schritte hinter Otto hörte sie dennoch sehr gut, was der Monarch von sich gab, und fühlte sich auch berufen, dazu Stellung zu nehmen. Immerhin hatte sie den Namen ins Spiel gebracht.
    »Das geht jedem so, Euer Gnaden«, erwiderte sie sanft. »Außer dem friaulischen Adel, der sich seit Berengars Vertreibung durch König Hugo nichts sehnlicher wünscht als seine Rückkehr. Mit wehenden Fahnen gehen sie zu ihm über, sollte er die Alpen überqueren. Alles ist vorbereitet.«
    »Ihr mochtet seinen Vater nicht«, flüsterte Otto weiter, in der richtigen Erwartung, seine Gesprächspartnerin höre jedes Wort. »Und ihn mögt Ihr auch nicht.«
    Marocia blickte auf Ottos Hinterkopf, als sie zugab: »Ich verabscheute beide. Aber Ihr wie ich haben wohl begriffen, Euer Gnaden, dass Politik nicht auf Emotionen Rücksicht nehmen darf. Wenn sie praktisch und anständig sein soll, hat man bereits genug daran zu schaffen, aber auch noch gefühlsbetont . . . Salomon selbst würde an einem solchen Anspruch scheitern.«
    »Anständig«, hauchte er wie in Andacht. »Ein Krieg gegen König Hugo wäre wohl anständig. Meine Dynastie hat Verwandte in Hochburgund, und wenn sich der dortige Adel im Aufstand gegen König Hugo befindet, ist es mein Recht, mich einzumischen. Aber praktisch? Es könnte ein langer, kräftezehrender Krieg werden.«
    Marocia verließ ihren Standort und verkürzte die Distanz zum deutschen Monarchen, der noch immer lieber den Regen als Marocia anblickte. »Dazu wird es nicht kommen, Euer Gnaden«, begegnete sie seinen Bedenken. »Berengar in Friaul, Ihr in Burgund, und dann noch . . .«
    Sie stockte und erweckte damit König Otto aus seiner Entrückung.
    Er wandte sich halb um.
    »Und dann noch?«, fragte er.
    »Ein Bonus, Euer Gnaden. Ich versichere Euch, Hugo wird an drei Fronten kämpfen müssen. Das bricht ihm das Genick.«
    Otto betrachtete das Gesicht seiner Gesprächspartnerin über die Schulter. Sie hatte allen Grund, ihren früheren Gemahl zu hassen, aber er fand keine Spur davon in ihrer Miene widergespiegelt. Im Gegenteil, trotz ihrer Souveränität, die sie zweifellos ausstrahlte, fand er sie verletzbar, und gerade das flößte ihm Vertrauen ein.
    »Eure Diplomatie ist meisterhaft«, lobte er sie. »Byzanz gebt Ihr Eure Tochter, mir gebt Ihr Burgund.«
    »Vergesst Byzanz, Euer Gnaden. Denn wisst Ihr, ich habe auf dieser Reise etwas wieder gefunden, das ich schon vor langer Zeit verloren habe, ohne es zu bemerken.« Sie verringerte die Distanz zu Otto so weit, dass sie nur ihren Arm hätte ausstrecken müssen, um ihn zu berühren. Sie wartete, bis Otto sie neugierig anblinzelte. »Meine Träume«, lüftete sie das Rätsel, um sogleich ein neues anzufügen. »Der heutige Tag, Euer Gnaden, ist erst der Anfang einer langen, gedeihlichen Zusammenarbeit zwischen Rom und dem Deutschen Königreich, und Ihr könnt Euch jetzt noch gar nicht vorstellen, wohin dieses Bündnis einst führen wird.«
    Otto blickte lange in die dunkel leuchtenden Augen Marocias und wandte sich dann, als habe er alle Antworten gefunden, wieder dem verregneten Pflaster des Burghofes zu.
    »Doch«, flüsterte er, »ich kann es mir vorstellen.«

    »Wenn ich diesen Fettwanst zu fassen kriege, lasse ich ihn auf meiner Schwertspitze tanzen!«, röhrte Hugo mit todernster Miene, um im nächsten Moment in ein schiefes Grinsen zu verfallen. »Aber wie ich Berengar kenne, wird er sich in einer Felsspalte verstecken, bis alle Kämpfe vorüber sind, und anschließend als Weib verkleidet über die Alpen fliehen.«
    Um Hugo herum brachen die Offiziere in verächtliches Gelächter aus. Niemand konnte sich hier vorstellen, dass ihr Herr und König von einem wie Berengar geschlagen würde. Sie mussten sich Hugo nur ansehen, wie er vor ihnen stand, in Kettenhemd und Brustpanzer, aufrecht, kräftig, mit mahlenden Kiefern, ein starker Herrscher in – wie sie stillschweigend übereinstimmten –

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