Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste
heraus.
»Das stimmt«, meinte Lando und blinzelte den Prinzeps schlau an. »Es kommt aber darauf an, für wen er hampelt. Er wird für uns hampeln und Hugo endgültig entmachten. Viel ist ohnehin nicht von der einstigen Dreikönigsherrlichkeit übrig geblieben.«
Alberic deutete ein schwaches Lächeln an, und Lando wusste, warum. Der Machtverfall seines ehemaligen Stiefvaters mochte vielleicht überraschend für ihn gekommen sein, aber er war ihm insgeheim auch hochwillkommen – trotz der Tatsache, dass Alda zumindest ein wenig darunter litt. Hochburgund war von den Deutschen besetzt und die Krone einem Verwandten Ottos übereignet worden. Gleich danach war Niederburgund von Hugo abgefallen und hatte sich mit Hochburgund zu einem eigenen Reich vereinigt. Und Berengar von Ivrea kontrollierte mittlerweile nicht nur Friaul, sondern auch die Lombardei. Hugo besaß nichts mehr, außer den paar Burgen, die er Boso entwunden hatte. Jüngste Meldungen deuteten darauf hin, dass eine Entscheidungsschlacht zwischen den Brüdern bevorstand, aber egal, wie sie ausging – Hugo hatte den Zenit seiner Macht längst überschritten.
Alberics sichtbare Zufriedenheit verschwand sogleich wieder, jetzt zog er die Mundwinkel nach unten. Zweifellos galt diese Miene nicht nur seinem früheren Stiefbruder Lothar, den er nie gemocht hatte, sondern auch seinem Gesprächspartner, dem Liebhaber seiner Mutter. »Hampelmänner, wohin man sieht«, sagte Alberic und blickte Lando fest in die Augen. »Hat
sie
dich geschickt?«
»Nein, es war meine Idee. Aber sie weiß natürlich, dass ich hier bin.«
Alberic lächelte zynisch. »Natürlich.« Er warf einen Blick auf Cicero, kraulte ihn und schien betroffen, als der Hund nicht mehr den Willen und die Kraft fand, seine Hand abzuschlecken. Ein anderer Hund, offenbar ein Nachkomme Ciceros, trottete heran und übernahm diese Geste der Zuneigung. Erst als das geschehen war, sah Alberic wieder auf. »Du kannst ihr ausrichten, dass ich niemals zu ihren Hampelmännern gehören werde, und ich verstehe einfach nicht, was alle Welt an ihr findet.«
Lando gestattete sich ein Schulterzucken. »Sie ist ein prächtiges Weib.«
Alberics Gesichtszüge entglitten ihm für einen Moment, und Alda verbarg ihr Schmunzeln hinter vorgehaltener Hand.
»Ich meine das anders, als es sich erst einmal anhört«, erklärte Lando beschwichtigend. Er war zwar aus politischen Gründen hierher gekommen, aber von Anfang an hatte er – entgegen Marocias strikter Bitte – auch vorgehabt, bei Alberic ein gutes Wort für Marocia einzulegen. Denn er wusste, dass seine Geliebte sich mehr noch als Hugos Sturz und die Rückkehr an die Macht eines wünschte: Alberic wieder in die Arme schließen zu können oder ihn wenigstens sehen zu dürfen. »Sie ist Mitte fünfzig, Alberic, aber ihr Geist ist so rege wie je. Befrage sie über was auch immer, sie kann dir zumindest eine persönliche Meinung davon geben. Aber das Beste ist: Sie handelt. Natürlich ist jeder Tag für sie ein Kampf, aber gleichzeitig auch ein Antrieb. Solange sie auf diese Art lebt, Alberic, bleibt sie eine der wunderbarsten Frauen, die es in diesem Teil der Welt gibt.«
Alberic wich Landos feurigem Blick aus und senkte die Augen. Er sah wirklich aus, als denke er über das nach, was Lando eben gesagt hatte, und das war schon mehr, als man erwarten konnte. »Mag sein«, antwortete er müde und versunken. »Vielleicht ist sie die beste Frau des Jahrhunderts, aber ist sie auch die beste Mutter?«
Er atmete tief ein und wieder aus, dann war er wieder ganz der Alte, distanziert und kühl. Er löste sich von Aldas Hand und hörte auch auf, Cicero zu streicheln. »Meinetwegen soll Lothar König werden. Vermutlich hasst er Hugo noch mehr als ich, und außerdem ist er ein solcher Narr, dass Rom weiter unabhängig bleiben kann.«
»Und Marocia?«, hakte Lando nach.
Alberics Gesicht blieb versteinert. Wie ein Pharao saß er nun auf seinem Sessel, der gleichsam ein Thron war, und fällte seinen Richterspruch. »Ich habe dem nichts mehr hinzuzufügen.«
Eine gespenstische Ruhe lag über den sanften Hügeln bei Siena. Die Novemberluft war kalt und klar, und ein leiser Nieselregen ging auf die Tausende von verstreut liegenden Leichen nieder. Nach einem Jahr des hin- und herwogenden Kampfes hatte die vergangene Schlacht zwischen den Brüdern die Entscheidung gebracht.
Eigentlich hätte Hugo erschöpft sein müssen. Monatelange Märsche und Belagerungen hatten alle Soldaten
Weitere Kostenlose Bücher