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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Kopf ging, war etwas, das mit Macht zu tun hatte: Rom oder eine Krone oder etwas in der Art, richtig?«
    Er wartete ihre Antwort nicht ab. »Und im nächsten Moment, unmittelbar darauf, setzte dein schlechtes Gewissen ein, und du wünschtest dir die unbeschränkte Liebe deiner Kinder oder irgendetwas Gutes für sie, wieder richtig?«
    Sie widersprach ihm nicht, und er klatschte in die Hände. »So bist du, Marocia, und ich bin wie du. Mein größter Wunsch ist es, mein Land eines Tages unabhängig zu haben, keinem König und keinem Kaiser untertan. Gleichzeitig ist mir mein Sohn so teuer wie kaum etwas anderes. Macht und Liebe, elterliche Zuneigung und sachliches Kalkül gehen Hand in Hand bei Menschen wie uns, und das ist, verdammt noch mal, unser Wesen und gutes Recht. In jedem Problem sehen wir auch eine Gelegenheit, aus jeder Tragödie gewinnen wir noch eine Erfahrung. Obwohl wir unsere Kinder lieben, sind wir nicht nur Väter und Mütter, Marocia, damit sind wir nicht zufrieden. Wir sind Träumer, Ritter, Cäsaren und Spieler. Unermüdliche Tüftler sind wir, die unentwegt planen und sich in Dinge einmischen, die uns eigentlich gar nichts mehr angehen sollten. Doch wer darf uns das vorwerfen? Wir sterben, wenn wir damit aufhören. Also machen wir weiter.«
    Sie sah ihn an, als hätte er in einer anderen Sprache zu ihr gesprochen. Dann blinzelte sie, und schließlich glitt ein Lächeln über ihre Lippen und Wangen. Sie blickte in die Krone des Baumes, dessen Grün schon einem herbstlichen Gold wich, dann in die flimmernde Weite der Felder, schließlich wieder in seine tiefgrünen Augen.
    Lando erfasste die verwandelte Stimmung Marocias und wechselte wieder zu seiner gewohnt spitzbübischen Art über. »Nun, das klang dir jetzt vielleicht alles wie die Bergpredigt in den Ohren, aber sinngemäß. . .«
    Sie lachte und lehnte die Stirn auf seine Brust. Erneut beschirmte er sie mit seinen Armen, die kaum etwas von der elastischen Kraft der Jugend eingebüßt hatten. Lando küsste Marocia auf die Haare und atmete ihren Duft ein.
    »Irgendwann werden deine Kinder begreifen, wie kostbar sie dir sind«, tröstete er.
    »Und was mache ich bis dahin?«
    »Dir treu bleiben.«
    Marocia richtete sich auf und las in Landos Augen. »Du meinst . . .?«
    Er nickte und zog eine durchtriebene Miene.
    »Hugo?«, fragte sie.
    »Hugo«, bestätigte er.
    »Und du machst mit?«
    »Soll das ein Scherz sein? Ich halte die Fahne und reite voran, wenn du willst.«
    »Wir kämpfen Seite an Seite?«
    »Für immer von jetzt an.«
    Marocia atmete tief ein und schloss für einen Moment die Augen, so als sei dies der glücklichste Augenblick ihres Lebens und als wolle sie ihn nie wieder loslassen. Lando erinnerte sich, diesen Ausdruck schon einmal an ihr gesehen zu haben, vor vielen, vielen Jahren auf dem warmen Gras des pincischen Hügels. Doch hier, im Schatten des leise zitternden Kastanienlaubs, umgeben von sanft im Wind wogenden Kornfeldern und zirpenden Grillen, kam es ihm vor, als sei er nie von Marocia getrennt gewesen.
    »Eines«, sagte sie, »hast du vorhin nicht erraten. Gleich nach der Macht und den Kindern fiel mir noch ein dritter Wunsch ein.« Sie küsste ihn, zuerst vorsichtig, als könnte er zerbrechen, und dann, als sie seine funkelnden Augen sah, lang und innig.
    »Dann werde ich mal versuchen«, hauchte er und legte Marocia unter sich auf die trockene, staubige Erde, »mich in der Reihenfolge deiner Wünsche etwas nach oben zu schieben.«

37
    Marocia verbrachte den Winter, den nächsten Sommer und den darauf folgenden Winter in Capua bei Lando. Dort feilten sie beide an ihren Plänen und schickten Briefe an Menschen, von denen sie nicht geglaubt hatten, dass sie ihnen jemals schreiben würden. Sie nahm vorsichtig Tuchfühlung mit alten Gegnern auf, machte Zeitpläne und legte Reiserouten fest und achtete bei alldem darauf, unauffällig zu bleiben. Noch nicht einmal Alazais weihte sie in ihr Vorhaben ein, zum einen, weil diese sich derzeit fast nur mit Priscian beschäftigte, zum anderen, weil es ihren Vater betraf.
    Im April des Jahres 942 waren alle Vorbereitungen abgeschlossen. Von überall her trafen für Marocia günstige Nachrichten ein, und so konnte sie auf ihrer geistigen Landkarte Fähnchen um Fähnchen mit den Farben ihrer geheimen Verbündeten aufstecken. Doch der schwierigste Teil stand noch bevor, denn
eine
Unterstützung fehlte noch, und das war die wichtigste.
    »Wenn er nicht mitmacht, ergibt der ganze Plan

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