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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Erst die zweite Botschaft schlug dem Fass den Boden aus, und zwar das päpstliche Glückwunschschreiben zur Ernennung ihrer Tochter zur Consilia.
    Theodora war vor der schweren, mächtigen Pforte des Thronsaals angekommen. Es standen keine Wachen davor, so öffnete sie das Tor selbst. Von beiden Seiten des Saales strömte gleißendes Licht durch die Rundbogenfenster herein und ließ die Farben der Wandmalereien leuchten. Staub und Pollen tanzten in den blendenden Strahlen der Sonne und erschwerten die Sicht zum anderen Ende der lang gestreckten Halle, wo sich der Thron befand.
    Theodoras Schritt verlangsamte sich.
    »Sergius?«, rief sie und blickte sich nach allen Seiten um.
    Endlich konnte sie den Thron erkennen, und auch, wer darauf saß.
    »Nein. Ich bin es, Mutter.«
    Theodora stellte sich direkt vor ihrer Tochter auf. »Wo ist Sergius?«
    Marocia zuckte gleichmütig mit den Schultern. »Außerhalb von Rom. Er besichtigt ein Kloster.«
    »Päpste besichtigen niemals Klöster.«
    »
Deine
Päpste vielleicht nicht,
meine
schon.«
    Theodora ergriff ihre Tochter am Arm und zog sie derart wuchtig vom Thron herunter, dass Marocia strauchelte. »Du Närrin!«, rief Theodora. »Du magst dir etwas einbilden, aber du bist ein Nichts. Keiner der Soldaten oder der Mönche da draußen wird auf dich oder auf Sergius hören, wenn mein Wort dagegen steht. Du erinnerst mich an eine bedauernswerte Stubenfliege, die eine Weile zu ärgern vermag, aber früher oder später doch erschlagen wird.«
    Theodora packte Marocia erneut am Arm und schleifte sie hinter sich her.
    »Was machst du?«, rief Marocia.
    »Ich bringe dich in die Villa und verheirate dich mit dem nächstbesten Kerl. Morgen früh, meine Liebe, wirst du in einem Brautbett erwachen, das schwöre ich dir.«
    »Das wagst du nicht!«
    Als sie an der Pforte angekommen waren, hielt Marocia einen Flakon hoch und schrie aus Leibeskräften. »Du wirst es bitter bereuen! Siehst du dieses Gift?«
    Theodora blieb stehen und blickte abwechselnd auf den Flakon und ihre Tochter. Marocia kniete auf dem Boden, ihre losen Haare verdeckten das halbe Gesicht. Ihr Blick war trotzig, mehr noch, er war voller Hass. Zitternd ließ Theodora das Handgelenk los.
    »Du drohst deiner eignen Mutter mit . . . Gift?«, hauchte sie.
    Marocia rappelte sich auf und ging langsam über die farbigen Bodenmosaike zurück in den Thronsaal. Theodora folgte ihr. An einem der glaslosen Fenster blieben sie stehen und sahen hinaus auf die Ziegeldächer der Stadt. Die Strahlen der Sonne fielen ihnen schräg ins Gesicht und blendeten sie. Ein paar Tauben schreckten auf und flogen zum nächstbesten Landeplatz, dem Appischen Stadttor, wo Dutzende ihrer Artgenossen gurrend vor sich hin dösten, eng aneinander geschmiegt. Jetzt erst fiel Theodora auf, dass sie schon lange nicht mehr so eng bei ihrer Tochter gestanden hatte, ja, sie konnte nicht einmal mit Bestimmtheit sagen, ob es überhaupt jemals einen solchen Moment gegeben hatte. Wenn ja, war er in einer anderen Welt zurückgeblieben.
    »Was ist das für ein Gift?«, fragte Theodora und blickte voller Respekt auf das Fläschchen in Marocias Hand.
    »Wasserschierling. Aber ich habe nicht vor, etwas damit anzurichten.«
    »Das glaube ich dir nicht.«
    Marocia senkte den Kopf.
    »Nein, natürlich nicht«, flüsterte sie traurig. Ihre Mutter nutzte stets jede Gewalt, die sie in die Hände bekam, und konnte sich wohl nicht vorstellen, dass es Menschen gab, die anders darüber dachten. »Bis eben wusste ich tatsächlich nicht, ob und wie ich es benutzen würde. Einen Moment lang wäre ich wirklich fähig gewesen . . .« Sie brach ab. Zweimal atmete sie die ungewöhnlich schwere Frühlingsluft in tiefen Zügen ein, dann begann sie von neuem. »Das Gift ist wertvoller für mich, wenn es in diesem Gefäß bleibt.«
    Marocia erzählte Theodora von dem Abend, als sie die Villa Sirene verlassen hatte. Sie berichtete von Johannes’Überfall, von seinen Mordplänen, seiner Begierde. Theodoras Miene erstarrte zusehends. Sie hatte nicht länger das Gefühl, dass es ihre Tochter war, die mit ihr sprach, sondern eine völlig andere Frau, die sie nicht kannte. Und doch spürte sie etwas allzu Vertrautes an ihr.
    »Was passiert wohl«, schloss Marocia, »wenn ich Sergius den Flakon und die dazugehörige Geschichte präsentiere? Er und Johannes gehen aufeinander los, deine Fraktion wird gespalten. Das könnte deine Macht gefährden; aber selbst wenn nicht, wirst du viel Ärger haben,

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