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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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vielleicht für Jahre. Und der Ausgang ist ungewiss.«
    Theodora blieb fast der Atem weg. Woher hatte ihre Tochter, noch fast ein Mädchen, diese kühle, messerscharfe Logik? Widerwillig musste Theodora sich eingestehen, dass jeder einzelne Gedanke Marocias begründet war. Das Risiko, Sergius zu beseitigen oder gar eine Fehde zwischen ihm und Johannes in Kauf zu nehmen, war ungleich höher, als Marocia im Lateran zu belassen. Es gab andere Mittel und Wege, sie unter Kontrolle zu halten. Mühsam um Fassung ringend, sagte Theodora: »Du kannst bleiben.«
    »Ich möchte zusätzlich eine Börse zu meiner Verfügung«, setzte Marocia nach.
    »Sergius hat genug Geld.«
    Marocia wölbte die Unterlippe nach vorne. »Dennoch.«
    »Also schön. Als Gegenleistung erhalte ich den Flakon.«
    »Nein«, widersprach Marocia. »Aber ich schwöre bei allen Heiligen, ihn, so lange du lebst, nicht wieder hervorzuholen oder zur Sprache zu bringen. Und im Gegensatz zu dir sind mir Schwüre seit kurzem heilig.«

    Es war still. Der Ruf einer Nachtigall änderte daran nichts, sondern betonte es nur. Johannes saß regungslos an der Tafel, die er heute auf seiner Terrasse hatte decken lassen. Ringsum warfen Fackeln ihr Licht auf die goldenen Platten mit köstlichen Speisen darauf: ein Fasan aus der Campagna, ein Reh aus den umbrischen Wäldern, Schafswürste aus der Toskana, rubinroter Wein von den Hängen des Vesuv und Pfirsiche aus seinem eigenen römischen Villengarten auf dem Esquilin. Rosenblüten und Efeuranken zierten das goldbestickte Tafeltuch, Teller und Krüge leuchteten in der roten Kardinalsfarbe, alles war so, wie Johannes es liebte – doch er rührte nichts mehr an. Ein halber Schlegel des Fasans lag angenagt vor ihm und erkaltete. In der Luft hing noch der würzige, aufdringliche Duft von Theodoras Parfüm, und ihre keifende Stimme, obwohl längst verklungen, echote wieder und wieder in Johannes’ Ohren.
    Ein Zucken durchfuhr seinen Körper. Sobald Johannes die Hände von der Tafel nahm, zitterten sie wie Laub im Wind. Vorsichtshalber griff er mit beiden Händen zum Kristallkelch und führte ihn an seinen Mund. Er schlürfte mehr, als er trank. Einige Tropfen perlten bis zu seinem Kinn hinunter, dort wischte er sie, ohne nachzudenken, mit dem Ärmel seines weißen Gewandes ab. Als er die rote Spur bemerkte, versuchte er sie abzureiben, und als das nicht gelang, streifte er sein Obergewand ab und schleuderte es davon. Es landete irgendwo jenseits des Lichtkegels der Fackeln auf dem Gras.
    Sein Untergewand, eine weiße römische Tunika, war ärmellos. Noch immer zitternd, strich Johannes seine Oberarme entlang und betrachtete sie. Früher waren sie kräftiger, die Haut glatter, stellte er fest. Täglich ließ er sie massieren und einölen, das Gesicht barbieren, die Haare frisieren. Noch war er trotz seiner fünfunddreißig Jahre ein jugendlich wirkender Mann, aber wie lange noch? Die Zeit würde ihm alles nehmen, dieselbe Zeit, die er mit Theodora verbringen musste, obwohl sich ihm doch ganz andere Möglichkeiten boten.
    Theodora . . . Wieder zuckte er zusammen. Wie hatte sie ihn genannt? Einen erbärmlichen Wicht. Einen heimtückischen Schwächling. Ein Nichts ohne sie. Er würde sie wieder besänftigen, das fiel ihm nicht schwer. In einem Monat wäre alles vergeben und vergessen, denn sie konnte seinen blauen Augen und seinen Küssen nie lange widerstehen. Aber er, er konnte nicht vergessen. Weder Theodoras Worte noch das Antlitz ihrer Tochter. Das Warten auf seine große Stunde,
das
fiel ihm schwer. Marocia war seine Zukunft. Schon bald würde sie ihm ebenso verfallen wie alle Frauen.
    »Du kannst wieder herauskommen«, rief Johannes in das Dunkel des Gartens hinein. Eine verhüllte Gestalt erschien. »Leider wurden wir gestört. Es bleibt bei dem, was wir besprochen haben: Ich will alles über Marocia wissen. Was sie isst, was sie trägt, wohin sie geht, was sie redet, ja sogar, was sie denkt. Keiner ihrer Schritte darf mir entgehen.«
    Die Gestalt beugte ihren Oberkörper wie einen knickenden Zweig.
    »Hervorragend«, sagte Johannes und gab mit einer knappen Handbewegung zu verstehen, dass das Treffen beendet sei. Nun, da seine Hände nicht mehr zitterten, griff er sich den Fasanenschlegel, biss zufrieden hinein und spülte mit einem großen Schluck Wein nach. Er würde Marocia zu fassen kriegen, eines Tages, irgendwann.

    Damiane blies langsam alle Luft aus ihren Lungen durch die gespitzten Lippen. »Hojo, das war

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