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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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hinterlistig. Er war davon überzeugt, dass sich hinter Desiderius’ langweiliger bürokratischer Fassade wilde Ambitionen verbargen, daher behielt er den dreißigjährigen Ehrgeizling stets streng im Auge.
    »Da drinnen rede nur ich«, schärfte er Desiderius ein, als er zu ihm aufgeschlossen hatte. »Diese ganze widerliche Sache kann nur dann eine gute Seite erhalten, wenn es mir gelingt, mit Hilfe der einen Hure die andere, die Papsthure, in die Schranken zu weisen, verstehst du?«
    Desiderius schwieg, ohne eine Miene zu verziehen.
    »Du«, ergänzte Saxo, »sollst nur zuhören und lernen, wie man mit Theodora spricht. Außerdem gehst und stehst du immer einen Schritt hinter mir. Ist das klar?«
    Desiderius machte eine stumme, knappe Verbeugung, so als gäbe ein Stamm einem lauen Lüftchen nach, und er ließ während des restlichen Weges nicht ein einziges Mal den Nacken des dicken
primicerius
aus den Augen.

    »Du glaubst doch wohl nicht«, gellte Theodora über ihren Schreibtisch hinweg, »dass ich deiner Kirche doppelt so viel zahle wie anderen, nur um das berichtet zu bekommen, was mir sogar der Stadtklatsch erzählen kann.«
    Johannes, der hinter Theodora stand, tätschelte ihre Schulter einige Male.
    »Ich weiß, ich soll mich nicht immer so aufregen«, sagte sie und wandte sich zu ihm um. »Aber Einfaltspinsel wie dieser«– sie sprach den Namen nicht aus –»machen es mir nicht gerade leicht.«
    »In der gleichen Nacht hat sie mit ihm geschlafen«, fügte Saxo seinem Bericht von der Szene im Thronsaal eifrig hinzu.
    »Wie furchtbar, wie schrecklich, wie sündhaft!«, rief Theodora übertrieben laut und verdrehte die Augen. »Darum ist sie ja dort, du Dummkopf.«
    Saxo kniff die Lippen zusammen.
    Desiderius hatte sich die ganze Zeit über im Hintergrund gehalten, so wie es ihm befohlen worden war. Nun aber mischte er sich ein. »Ich glaube«, begann er mit milder, sachlicher Stimme und gefalteten Händen, »dass der ehrwürdige
primicerius
damit etwas sehr Wichtiges zum Ausdruck bringen wollte.« Alle starrten ihn an, vor allem Saxo, der gar nicht wusste, wovon Desiderius eigentlich sprach. »Alles deutet doch darauf hin, edle Senatrix, dass diese Nacht von Eurer Tochter als Belohnung für das Nachgeben des Papstes gemeint war, findet Ihr nicht?«
    »Worauf willst du hinaus?«, fragte Johannes neugierig. Er raffte sorgsam sein weites scharlachrotes Gewand zusammen und ging einige Schritte auf Desiderius zu. »Sag schon.«
    »Sie fordert etwas – er gewährt –, sie bedankt sich bei ihm auf eine spezielle Weise. Mir scheint, es spricht alles dafür, dass sich so etwas wiederholen wird. Mehrmals womöglich. Folglich gibt sie den Ton an, nicht er.«
    »Ja, natürlich«, rief Saxo dazwischen. »So habe ich das gemeint. Marocia wird bald größere Gemächer fordern, prächtige Kleidung, kostbares Geschmeide und . . .«
    »Das bezweifle ich«, unterbrach Desiderius seinen Vorgesetzten und fing sich einen ärgerlichen Seitenblick von ihm ein. »Mit Seide und Perlen speist man vielleicht andere ab, aber Marocia nicht. Sie ist von anderem Schlag.«
    »Und woher willst du das wissen?«, fragte Saxo und zog eine Grimasse.
    »Mit Verlaub, ehrwürdiger Saxo. Ihr habt sie nicht im Thronsaal erlebt, weil Ihr nicht dort wart. Ich schon, und ich sage Euch, sie hatte so ein bestimmtes Glitzern in den Augen, das . . .«
    »Ha!«, rief Saxo. »Ein Glitzern. Haha. Wollen wir uns nun wirklich über das Glitzern in den Augen eines törichten Weibes unterhalten?«
    »Genug davon«, befahl Theodora, stand auf und ging auf dem weichen Teppich auf und ab. Sie betrachtete ihre Finger, als zählte sie die vielen bunten Ringe daran, dann sah sie ihren Geliebten an. »Was denkst du darüber?«
    Johannes wischte sich die Haare aus der Stirn. »Ich glaube, der junge Mönch hat Recht. Marocia ist ein Luder, störrisch und neugierig. Sie könnte sich in Dinge einmischen, die sie nichts angehen. Ist dir nie aufgefallen, wie wenig sie in all den Jahren von sich preisgegeben hat? Ich sage dir, in dieser Frau verbirgt sich ein unerhörtes Temperament.«
    Theodora wandte sich abrupt zum Fenster. Frau, Temperament, Neugier, ja sogar Luder: jedes dieser Worte, die Johannes für ihre Tochter fand, spürte sie wie eine brennende Ohrfeige. Eine von Johannes’ Bemerkungen jedoch war beachtenswert, musste sie zugeben. Tatsächlich wusste Theodora kaum etwas über ihre Tochter. Marocia war still und alles in allem fügsam herangewachsen; sie hatte

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