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Die Herrin der Pyramiden

Die Herrin der Pyramiden

Titel: Die Herrin der Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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einen Becher Zitronenwasser zu bringen, als sich die Tür öffnete und Sarenput den Raum betrat.
    In der Dunkelheit sah Sarenput den Herrscher nicht und kam direkt zu mir herüber. »Bei allen Göttern, Nefrit! Man hat mir gesagt, dass du wach bist. Ich hatte solche Angst um dich.« Er beugte sich über mich und küsste mich leidenschaftlich auf die Lippen.
    Aus dem Augenwinkel sah ich Seneferu. Es war etwas in seinem Blick, das ich nicht deuten konnte.
    Ich hatte keine Möglichkeit, Sarenput zu warnen, weil er mein Gesicht mit Küssen bedeckte.
    »Sarenput!«
    Sarenput drehte sich um und erkannte Seneferu. »Ich bitte um Vergebung, Majestät. Ich habe Euch nicht bemerkt.«
    Seneferu hatte den Becher weggestellt und war wieder der Lebendige Gott, der Herr der Weltordnung. Er sah von mir zu Sarenput und zurück zu mir. Dann verließ er wortlos den Raum.
     
     
    Die Hinrichtungen von Amenemhet, Iset, Neferti und Mereruka fanden am folgenden Tag durch einen Henker des Maat-Tempels statt. Ihre sterblichen Überreste wurden in die Wüste gebracht, ihre Namen wurden in allen Schriftstücken des Landes Kemet getilgt.
    Von meiner Liege im Garten aus beobachtete ich, wie die Wohnung gegenüber ausgeräumt wurde. Ich bat Satamun, für mich in Erfahrung zu bringen, was mit den Sachen geschehen würde.
    »Sie werden zerstört. Die Truhen, Betten und Tische, die Kleidung, Perücken und Schuhe, die persönlichen Dokumente, alles wird verbrannt. Der Schmuck wird eingeschmolzen und in das Schatzhaus gebracht.«
    »Was ist mit den anderen Verschwörern: General Khai von der Palastwache, Zeremonienmeister Thotmes, General Ahmose?«
    »Ihre Namen sind bereits getilgt.«
    Von Seneferu sah ich tagelang nichts. Sein Arzt Meru erstattete ihm ein Mal täglich Bericht über meine Genesung.
    Vier Tage nach dem Attentat erschien Kamose an meinem Krankenlager. Er hatte vertretungsweise die Bauleitung auf der Domänenbaustelle übernommen.
    Im Schatten eines Sonnensegels erholte ich mich in meinem Garten. Drei Musikerinnen spielten auf Harfe, Flöte und Sistrum auf Anweisung des Arztes Meru ein fröhliches Lied, das meine Genesung fördern sollte. Ich las den neuesten Reisebericht des Forschers Neferefre, der vor wenigen Wochen von seiner Expedition zu den Quellen des Hapi zurückgekehrt war. Neferefre hatte dem Wesir seinen Forschungsbericht vorgelegt, in dem er seine These bekräftigte, der Hapi sei nicht unendlich lang und habe Quellen wie jeder andere Fluss auch, auch wenn er sie nicht habe finden können. Nicht auf dieser Expedition.
    »Was machst du für ein Gesicht, Kamose? Wie geht es auf der Baustelle voran?«
    »Ich habe die Arbeiten am Grabmal einstellen lassen.«
    »Warum?«
    »Ich weiß nicht mehr weiter, Nefrit. Die Pyramide hat ihren eigenen Willen, auf den wir Menschen keinen Einfluss mehr haben.«
    »Was ist geschehen?«
    Er ließ sich auf einen Stuhl fallen. Eine meiner Dienerinnen reichte ihm einen Becher Wein, den er durstig leerte. Er sah müde aus. »Wir haben nach Fertigstellung des zweiten Kammersystems bereits über die Hälfte des Steinvolumens der Pyramide verbaut. Das Fundament ist beschädigt, sämtliche Grabkammern haben Risse, es gibt Instabilitäten im Kernmauerwerk, und nun platzen auch noch Steinquader im äußeren Stabilisierungsmantel ab. Ich bin Bauleiter der größten Bauruine der Geschichte der Zwei Länder!«
    »Ich kenne dich gut genug, Kamose! Du siehst aus, als wärst du bereit zu einer unsinnigen Tat.«
    »Ich werde mit Nefermaat sprechen.«
    »Er ist nicht in Mempi.«
    »Dann werde ich mit dem König selbst reden. Wir können nicht weiterbauen! Die Pyramide erfüllt keine der Voraussetzungen für ein Königsgrab.«
    Ich begleitete meinen Vater auf diesem schweren Weg. Ich gehörte zwar nicht mehr offiziell der Bauleitung der Pyramide an, aber ich fühlte mich verantwortlich.
    Der König hatte uns den Rücken zugedreht und starrte aus dem Fenster. Er schwieg. Keine Reaktion, als ob er uns nicht gehört hätte. Dann drehte er sich zu uns um.
    »Ich will dieses Projekt nicht aufgeben, Kamose! Ich werde der Nachwelt keine Bauruine hinterlassen wie Sekhemkhet, über dessen Pyramidenstumpf sich Generationen von Menschen aus Kemet lustig gemacht haben. Ich bin Seneferu Nebmaat und ich werde eine Pyramide haben!« Seine Stimme zitterte vor unterdrückter Wut und Enttäuschung. »Was ist getan worden, um die Bauschäden so klein wie möglich zu halten?«
    »Die ersten Risse im Fundament und den Grabkammern

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