Die Herrin der Pyramiden
Und wenn sie es nicht wollen, musst du sie dazu bringen, danach zu verlangen.«
»Wertvoll? Was ist der Wert eines Menschen?«
Satamun sah mich nicht an, während sie die anderen Brotlaibe flach klopfte und dabei eine Wolke von Mehl aufwirbelte. »Das liegt am Menschen selbst. Der Wert eines Menschen berechnet sich über das Kupfer, das er für seine Dienstleistung erhält. Ein Vorarbeiter verdient mehr als ein guter Steinmetz, der wiederum verdient mehr als ein Steinbrucharbeiter und ein Steinschlepper. Der Bauleiter wird mit Goldbarren entlohnt.«
Ich nahm einen der Brotfladen in die Hand und formte eine Pyramide daraus. »Ist deine Arbeit wertvoll, Satamun?«
Satamun lachte. »Ja, sie ist sogar sehr wertvoll, denn die Wächter sind wichtige Leute hier auf der Baustelle. Man muss sich gut mit ihnen verstehen. Weil sie gut verdienen, zahlen sie gut. Außerdem bringt mir die Arbeit Spaß.«
Ich sah in ihr verschwitztes Gesicht. »Bringt dir das Brotbacken keinen Spaß?«
»Ehrlich gesagt: nein. Ich stehe hier den ganzen Tag von Sonnenaufgang bis nach Sonnenuntergang in der Hitze des Kohlefeuers und knete und backe hunderte von Broten am Tag. Dazwischen schleppe ich Säcke mit Mehl, die schwerer sind als ich selbst. Ich hole Wasser vom Fluss. Und ich erhalte dafür im Mond nur einen halben Kupferbarren. Meinst du, dass das Spaß macht?«
Satamun hielt die Hand auf, und ich legte die Pyramide aus Teig hinein. Sie legte sie vorsichtig auf den Tisch, schlug sie aber nicht flach.
»Warum hörst du nicht auf damit?«, fragte ich.
»Von irgendetwas muss ich doch leben.«
»Und wenn du nur das andere …«
»Nein, Nefrit. Ich bin doch keine Liebesdienerin!«, fuhr sie mich an.
»Aber wo ist der Unterschied …?«
Satamun legte einen Laib nach dem anderen in die Tonteller und bedeckte sie mit Hilfe von Holzzangen mit den im Feuer erhitzten Tondeckeln, um sie in den glühenden Kohlen zu vergraben.
»Das ist ein sehr großer Unterschied! Nefrit, was immer du im Leben tun wirst, bewahre dir immer deine Würde! Du musst immer handeln, als ob es völlig in Ordnung ist, was du auch tust. Sobald du dir eingestehst, dass es nicht in Ordnung ist, hast du verloren.«
Offensichtlich entscheidet der Mensch selbst darüber, wann er seine Würde verliert und wann nicht. Ich jedenfalls wollte das immer selbst entscheiden!
In meinem sechsten Lebensjahr hatte die Flut einen ungewöhnlich hohen Stand erreicht, höher als in den beiden Jahren zuvor. Das Wasser war um fast zwanzig Ellen gestiegen. Das versprach eine gute Ernte und Glück für das Land Kemet, jedoch Unglück für meinen Vater und für mich, denn unsere Schlammziegelhütte stand zu nahe am Ufer und wurde von den herandrängenden Fluten mitgerissen.
Das dritte Regierungsjahr des Seneferu war ein glückliches Jahr. Mehr Saisonarbeiter denn je kamen ins Lager. Aperire sprach von dreißigtausend Arbeitern, die alle gespeist, gekleidet und mit Unterkünften versorgt werden sollten.
»Es ist unglaublich viel zu tun, Nefrit. Ich sitze von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang und manchmal noch im Schein der Öllampe. Meine vier Schreiber schaffen ihre Arbeit kaum«, lamentierte er, während er im Zelt umherhastete.
»Dann hast du keine Zeit, mir Bildzeichen beizubringen?«
»Du kennst alle Zeichen! Was dir fehlt, ist die Übung des Lesens.«
»Ich habe nichts zu lesen.«
Am nächsten Morgen wollte ich Aperire in seinem Zelt besuchen, aber er war nicht da. Ich fragte einen seiner Schreiber nach ihm, der vor dem Zelt Notizen von Tonscherben auf einen Papyrus übertrug.
»Aperire ist in der Residenz«, sagte der Schreiber, ohne aufzusehen.
»Was tut er dort?«, wollte ich wissen.
»Er hat zusammen mit Api eine Besprechung beim Wesir.«
»Was …«
»Hab Erbarmen, Nefrit!«, flehte er mich an. »Ich bin nur ein Schreiber der Verwaltung. Ich weiß nicht, was die beiden mit dem Prinzen zu besprechen haben!«
Zwei Tage später sah ich Aperire zufällig in der Nähe der Baurampe. Er winkte mich zu sich. »Ich habe eine Überraschung für dich, Nefrit«, sagte er geheimnisvoll. Die Überraschung für mich schien ihm ebenso viel Freude zu machen wie mir, denn er lächelte unentwegt, als ich ihm zu seinem Zelt folgte. Aperire hatte mir in den letzten Monden immer wieder Süßigkeiten und Früchte gegeben, die er aus seinen eigenen Rationen aufgespart hatte. Und so erwartete ich eine Hand voll Datteln oder Nüsse oder ein Rosinenbrot.
»Ich war in
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