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Die Herrin der Pyramiden

Die Herrin der Pyramiden

Titel: Die Herrin der Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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es heißt, eine Frau zu sein. Ich will, dass du dich um die Prinzessin kümmerst und ihr unsere Lebensweise näher bringst.«
    »Das Erste, was sie lernen sollte, ist unsere Sprache. Sie sollte lesen und schreiben lernen und die Geschichte unseres Landes.«
    »Du wirst im Palast die Räume neben Ninsun beziehen!«
     
     
Ramesse
    Ich stand am Strand und sah diese ungeheure wogende, sich bewegende Unendlichkeit vor mir liegen. Das Meer! Mein Traum war in Erfüllung gegangen!
    Ich legte mich in den heißen Sand und lauschte auf die Brandung der Wellen und versuchte, eins mit ihrem Rhythmus zu werden. Ich weiß nicht, wie lange ich die Wolken angestarrt habe. Meine Gedanken trieben mit dem Wind über das Meer, von nirgendwo nach nirgendwo. Ist das Leben, das wir leben, unser eigenes? Gehören wir wirklich ganz uns selbst? Seit dem Attentat auf den König hatte ich das Gefühl, dass mir die Rolle der Prinzessin Nefrit-Neferu-itet sehr schwer fiel. Es war eine Rolle, die von mir mehr verlangte, als ich zu geben bereit war. Es blieb zu wenig Zeit für das, was ich wirklich tun wollte. Ich wollte den Horizont meiner Fähigkeiten erforschen, wollte kennen lernen, was ich konnte und was ich nicht konnte. Was ich durfte und was ich nicht durfte.
    Wer war Nefrit? Wer war der Mensch in der Rolle der Prinzessin, der Priesterin? Nimm ihr den Titel und du hast eine wohlhabende Frau. Nimm ihr die Villa in Mempi, die Kleidung, die Perücken und den Schmuck und du erhältst eine Frau mit Prinzipien. Nimm ihr den Glauben und die Hoffnung. Nimm ihr alles, was sie je geliebt hatte, den Vater, ihre Geliebten. Was bleibt übrig, das lebenswert wäre? Wer war ich?
    Dann stand ich auf, öffnete mein Leinenkleid, ließ es zu Boden gleiten und ging langsam hinein in das Unbekannte.
    Das Wasser fühlte sich anders an als das Wasser des Hapi. Es war lebendiger, ungestümer. Der Schaum der Wellen gischtete an meinen Beinen hoch und spritzte mich nass. Ich watete tiefer hinein. Hinter mir hörte ich meine Diener rufen und mich zur Vorsicht mahnen. Ihr Geschrei verging im Donnern der Wellen.
    Eine gewaltige Woge zog mir die Füße weg und ich schrie vor Überraschung, als ich keinen Boden mehr fühlen konnte. Ich schien im Wasser zu schweben. Ich war eine gute Schwimmerin, und so fiel es mir nicht schwer, mich über Wasser zu halten. Ich schwamm vom Ufer weg und drehte mich dann nach dem Strand um. Ein hoch gewachsener Mann sah in meine Richtung. War er besorgt? Ich hob den Arm und winkte ihm, um ihm anzudeuten, dass für mich keine Gefahr bestehe.
    Der junge Mann entledigte sich rasch seiner Sandalen und seiner Leinenkleidung und watete eilig durch die Wellen auf mich zu. Erst als er nicht mehr stehen konnte, näherte er sich mir mit kräftigen Schwimmzügen. Ich blieb ihm zugewendet und beobachtete ihn.
    Seine Haare waren wirr und nass, sein Gesicht durch die Anstrengung des schnellen Schwimmens verzerrt. »Halte aus, ich bin gleich bei dir!«, rief er aus einigen Ellen Entfernung zu mir herüber.
    »Beunruhige dich nicht. Es geht mir gut«, rief ich zurück.
    »Halte dich an mir fest, damit ich dich sicher an den Strand bringen kann!« Er schlang einen Arm um meine Mitte und zog mich mit sich fort. Ein Protest meinerseits war nicht möglich, weil ich durch die seitliche Schwimmhaltung so viel Wasser ins Gesicht bekam, dass ich kaum atmen konnte.
    Dann waren wir am Strand. Sein bronzefarbener Körper ragte vor mir auf, als er mich zu Boden gleiten ließ. »Du solltest nicht so weit hinausschwimmen«, rügte er mich.
    »Es war nicht notwendig, mich zu retten. Ich bin eine gute Schwimmerin.«
    »Du hast dich unnötig in Gefahr begeben.«
    »Ich war nicht in Gefahr«, korrigierte ich ihn.
    Er verzog spöttisch den Mund und schien mir kein Wort zu glauben. Dieses Lächeln machte mich wütend.
    Ich ging dorthin, wo ich meine Kleidung und meine Sandalen zurückgelassen hatte, und zog mich an. Als ich das Kleid auf der salznassen Haut zurechtgezupft hatte, setzte ich mich in den Sand und sah dem Sonnenuntergang zu.
    »Woher kommst du?«, fragte er.
    »Aus Mempi.«
    Er setzte sich neben mich. »Du bist auf der Barke gereist, die im Hafen von Buto liegt?«
    »Ja.«
    »Du bist noch nicht lange hier, nicht wahr?«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Du schaust dir diesen Sonnenuntergang an. Er unterscheidet sich in nichts von den Sonnenuntergängen von gestern und vorgestern. Er wird sich in nichts unterscheiden von dem Sonnenuntergang morgen.«
    »Er ist

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