Die Herrin der Pyramiden
später waren die kostbaren Wälder des Zedernlands fest in Sargons Hand. Ninsun und ihre Eskorte von eintausend bewaffneten sumerischen Kriegern machte sich in Akkad auf den langen Weg nach Kemet.
Als Kanefer die Nachricht erhielt, dass die Eskorte der Prinzessin das Gebiet der Amoriter erreicht hatte, brachen Khufu und ich mit unserer Eskorte in Mempi auf, um Ninsun an der Grenze von Kemet zu empfangen. Khufu war von seinem Vater beauftragt worden, als ranghöchster Würdenträger des Reiches nach dem Wesir die Prinzessin nach Mempi zu geleiten. Ich sollte ihn begleiten, weil ich an den Verhandlungen mit Urnammu beteiligt gewesen war. Der sumerische Prinz begleitete Khufu und mich bis zur Grenze, um seine Schwester zu begrüßen und dann nach Akkad weiterzureisen, wo er seinen Vater treffen wollte.
Khufu und ich bestiegen die
Ankh
und segelten stromabwärts bis Pibastet. Von dort machten wir uns mit Wagen auf den langen Weg in Richtung Sonnenaufgang zur Grenze von Kemet.
Abends speisten die beiden Prinzen und ich zusammen, und Urnammu erzählte uns von seinem Vater und dessen Eroberungen im Land der zwei Ströme. Wie Khufu war Urnammu General. Obwohl ihre Väter sich beinahe den Krieg erklärt hatten, verstanden die beiden Prinzen sich sofort, was ich auf gemeinsame Interessen zurückführte: siegreicher Kampf, willige Frauen und guter Wein.
Am vierten Reisetag nach Pibastet erreichte unsere Karawane das Schilfmeer. Ich hatte das Reich zwischen Weset und Sau bereist und war nun an der alten Reichsgrenze des Djoser. Nur das Meer hatte ich immer noch nicht gesehen! Aber das Schilfmeer ließ mich erahnen, wie gewaltig das Meer sein würde.
Am vierten Tag ließ Khufu mich nicht einen Moment aus den Augen. Er fuhr dicht neben meinem Wagen her und verwickelte mich stundenlang in Unterhaltungen, die ich nicht führen wollte. Nach der Abendmahlzeit brachte er mich zu meinem Zelt. Ich zog den Vorhang direkt vor seiner Nase zu, und er lachte. »Nefrit?«
»Was denn noch?«, fragte ich durch den Vorhang.
»Eines Nachts wirst du mich bitten, dass ich mit dir komme.«
»Ich bete zu Hathor, dass das nicht passieren wird.«
Wie sehr ich mich täuschen sollte!
Am fünften Tag wechselte Khufu auf sein Pferd und ritt neben mir her. Der Weg wurde schwieriger für die Wagen. Wir hatten den Sinai betreten.
»Warum hasst du mich so, Nefrit?«, fragte er mich.
»Ich hasse dich nicht. Ich will nur nicht dein Bett mit dir teilen.«
»Andere Frauen küssen den Boden zu meinen Füßen, wenn ich sie nur ansehe.«
»Ich bin Nefrit. Ich bin die eine, nicht die anderen.«
Khufu lachte. »Mein Vater hat mich vor dir gewarnt. Er hat gesagt: Leg dich nicht mit ihr an, Khufu, du wirst verlieren!«
»Das hat er gesagt?«
»Am Tag unserer Abreise.«
»Dann solltest du den Ratschlag deines Vaters befolgen, Khufu.«
Während des Abendessens begann ich mit Urnammu zu flirten, nur um Khufu zu ärgern. Ich hörte mir geduldig seine langweiligen Geschichten von Feldlagern und Kämpfen an, machte ihm honigsüße Komplimente und lächelte ihn an, bis er nicht mehr wusste, wie ihm geschah. Einerseits verunsicherte ich ihn durch mein plötzliches Interesse, aber andererseits weckte ich den Eroberer in ihm. Ich hörte erst auf, als ich sicher war, dass seine Eifersucht mir Khufu bis zur Grenze vom Leib halten würde.
Wir erreichten den Trockenfluss, wo wir Ninsuns Eskorte treffen sollten, nach elf weiteren Tagen. Khufu und Urnammu standen kurz davor, um mich als Kriegsbeute zu kämpfen. Jeden Abend zog ich mich früh in mein Zelt zurück, bevor sie zu sehr dem süßen Dattelwein zugesprochen hatten.
Während unserer Reise hatten sie sich darauf geeinigt, mich abwechselnd zu meinem Zelt zu geleiten. Am sechzehnten Abend war Urnammu an der Reihe. »Morgen werde ich nach Akkad zurückkehren«, sagte er, als wir mein Zelt erreicht hatten. »Ich fühle mich dabei, als hätte ich eine Schlacht verloren.«
»Warum?«
»Weil ich das Feld Khufu überlassen muss.«
»Du musst niemandem irgendetwas überlassen, Urnammu.«
»Er ist der Sohn des Königs.«
»Ich entscheide selbst, mit wem ich das Bett teile.«
»Du bist mutig, Nefrit.«
»Wenn ich mutig wäre, würde ich ihm nachgeben. Denn er ist ein sehr attraktiver Mann.«
Wir mussten zwei Tage auf Ninsuns Eskorte warten. Khufu begrüßte die Prinzessin im Namen seines Vaters.
Urnammu kam, um sich von mir zu verabschieden. »Darf ich dich küssen, Nefrit? Es ist bei uns Brauch, die
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