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Die Herrin der Pyramiden

Die Herrin der Pyramiden

Titel: Die Herrin der Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Augen zusammen. Der Pfeil steckte in der Scheibe.
    »Wann wärst du zurückgekommen, wenn ich Kanefer nicht gebeten hätte, dir zu schreiben?«
    »Ihr habt …?«
    »Hätte ich dir selbst schreiben sollen? Wärst du dann schneller zurückgekommen?«
    Ich schwieg, weil ich ihn nicht weiter herausfordern wollte. Er war in einer seltsamen Stimmung.
    Er legte einen neuen Pfeil auf die Sehne, spannte, zielte und schoss. Der Pfeil steckte neben dem ersten etwas rechts von der Mitte der Scheibe. Seneferu ließ den Bogen sinken. »Ich habe dich zurückgerufen, weil ich deine Hilfe brauche, Nefrit.«
    »Was soll ich tun?«
    »Wenn du mich ausreden lässt, werde ich dir genau das sagen.«
    Ich neigte den Kopf, während er erneut auf die Scheibe zielte. Der dritte Pfeil steckte eine Handbreit neben den beiden anderen.
    »Die Stämme im Sinai fühlen sich durch Sargons Feldzüge im Land des Sonnenaufgangs bestärkt, sich gegen mich zu erheben. Ich habe vor sechs Wochen einen Botschafter zu ihnen gesandt, um sie zur Unterwerfung aufzufordern. Der Bote kam zurück. Zerstückelt wie Osiris und in eine Holzkiste verpackt.« Der vierte Pfeil steckte zwischen dem ersten und dem dritten. »Du hättest Khufu sehen sollen. Er wollte den Sinai mit drei Regimentern erobern!«
    »Ihr habt ihn nicht ziehen lassen, Majestät?«
    Seneferu legte einen Pfeil auf die Bogensehne, ließ dann aber den Bogen sinken. »Ich habe einen weiteren Botschafter in den Sinai gesandt und die Häuptlinge um Verhandlungen gebeten. Du hast richtig gehört, Nefrit. Ich sagte: gebeten. Wir würden unsere Regimenter in den Bergen des Sinai nur schwächen. Wir würden zu viele Männer verlieren und die Stämme die kostbaren Bronzewaffen erbeuten.«
    »Erhalten sie nicht ohnehin Waffenlieferungen aus Sumer?«
    »Das wagt Sargon nicht!«
    »Was soll ich tun, Majestät?«
    »Du hast den Fürsten von Amurru als Vasall gewinnen können. Verhandle mit den Stammesführern der sinaitischen Stämme! Sie werden anlässlich der Neujahrsfeier nach Mempi kommen. Ich habe ihnen ihre Sicherheit garantiert.«
    »Warum ich und nicht Kanefer?«
    »Weil ich dir vertraue, Nefrit.«
    »Wie habt Ihr sie dazu gebracht, den weiten Weg nach Mempi zu kommen, Majestät?«
    »Kanefer hat ihnen kuschitisches Gold geschickt. Viel Gold!«
    »Mehr Gold, als König Sargon ihnen versprochen hatte, Majestät?«
    Er lachte und riss den Bogen hoch. Der Pfeil steckte genau in der Mitte der Scheibe.
     
     
    Die vier Stammeshäuptlinge aus dem Sinai trafen fünf Wochen später zur Neujahrsfeier ein. Dass sie während der fünf dunklen Tage ankamen, schien sie nicht weiter zu bekümmern. Ich hatte die undankbare Aufgabe, den Männern, die noch nie zuvor in Mempi gewesen waren, die Hauptstadt zu zeigen und die Kultur von Kemet nahe zu bringen. Auf Befehl Seneferus ließ ich sie keinen Augenblick aus den Augen.
    Am Vorabend der Neujahrsfeier flüchtete ich in meinen Arbeitsraum im Wesirspalast. Kanefer schien auf mich gewartet zu haben, denn ein Schreiber bestellte mich kurz nach meiner Ankunft zum Wesir.
    »Frag mich nicht, wie es mir geht, Kanefer!«, stöhnte ich und ließ mich auf einen Stuhl fallen.
    »Dann frage ich dich nicht.«
    »Wenn Khufu die Häuptlinge nicht umbringt, werde ich es tun!«
    »So schlimm?«, fragte der Wesir.
    »Sie sind stur wie Ochsen. Und sie benehmen sich entsprechend. Du solltest ihnen beim Essen zusehen, Kanefer! Sie essen nicht, sie fressen wie die Löwen. Sie trinken nicht, sie saufen wie die Schweine, die sie im Sinai essen. Und nach dem Essen wischen sie sich mit dem Handrücken den Mund ab, ohne das ihnen gereichte Leinentuch zu benutzen. Sie wissen gar nicht, was sie damit anfangen sollen! Und dauernd diese anzüglichen Bemerkungen über meinen Körperbau!«
    »Du musst zugeben, dass du einen wohl geformten …«
    »Verschone mich damit, Kanefer!«, unterbrach ich ihn. »Ich kann es nicht mehr hören! Gestern musste ich jedem von ihnen zwei Liebesdienerinnen zuführen. Du glaubst nicht, wie schnell sie mit den Mädchen fertig waren! Drei der Mädchen haben sich hinterher bei mir über ihre Brutalität beschwert.«
    »Ich habe mich gestern mit Khufu unterhalten. Er ist sehr aufgebracht, dass unser Vater überhaupt mit den Häuptlingen verhandelt.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Einer der Anführer beleidigte Khufu gestern. Khufus Hand lag bereits am Schwertgriff. Doch dann hat er sich beherrscht.«
    »Wie gehen die Verhandlungen voran?«
    »Sie akzeptieren das Gold und

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