Die Herrin der Pyramiden
flüsterte er.
»Du darfst nicht? Was soll dieser Unfug? Ich will sofort zu Fürst Ramesse!«
Vier Bewaffnete hielten mich davon ab, den Arbeitsraum des Fürsten zu betreten. Da ich nicht hinein durfte, kam er zu mir heraus.
»Was machst du für einen Aufstand, Nefrit?«
»Ich will wissen, was hier los ist! Dein Verhalten am Strand war nicht akzeptabel! Du hast Besuch, nicht wahr? Du brauchst nicht den Kopf zu schütteln, Ramesse. Im Hafen liegt ein fremdes Schiff.« Als er nicht reagierte, fragte ich weiter: »Wer ist gekommen?«
»Niemand, den du kennst.«
»Was soll diese Geheimnistuerei? Wer ist es?«
»Ein Freund.«
Ich stürmte an ihm vorbei in den Arbeitsraum und blieb wie vom Blitz getroffen stehen. Am Fenster stand der Fürst von Amurru und betrachtete die Blumen des Innenhofes. Ramesse stürmte hinter mir her.
»Fürst Adonija!«, sagte ich überrascht.
Er wandte sich um. »Prinzessin Nefrit! Du bist in Buto? Welch eine Überraschung!«
»Auch ich bin erstaunt, dich zu sehen, Fürst von Amurru!«, sagte ich etwas zurückhaltender.
Ramesse stellte sich zwischen uns. »Adonija ist ein Freund von mir. Ich wusste nicht, dass ihr euch kennt.«
»Wir sind uns anlässlich der Hochzeit von Prinz Khufu begegnet. Prinzessin Nefrit hat mich damals überzeugt, deinem Onkel Vasallenschaft zu schwören.«
Ramesse sah mich überrascht an. Doch er hatte sich schnell in der Gewalt. »Nun, da ihr euch kennt, können wir heute Abend das Essen gemeinsam einnehmen.«
Fürst Adonija führte während seines Aufenthaltes etliche Gespräche mit Ramesse unter vier Augen. Er wurde von einem jungen Mann begleitet, der Mesilim genannt wurde. Obwohl Adonija ihn mir als seinen Freund vorgestellt hatte, behandelte er ihn mit ausgesuchter Höflichkeit. Mesilim nahm an vielen der Besprechungen zwischen Adonija und Ramesse teil. Einmal ließen sie uns, mehr durch ein Versehen, für einige Augenblicke allein.
»Woher kommst du, Mesilim? Dein Name ist nicht amoritisch, sondern sumerisch.«
»Ich stamme tatsächlich aus Sumer, Prinzessin.«
»Was tust du in Amurru?«
Er zögerte. »Mein Vater ist ein mächtiger Mann in Akkad. Ich verhandle in seinem Namen.«
»Was verhandelst du?«, insistierte ich.
»Handelsbeziehungen, Prinzessin.«
»Zwischen Amurru und Sumer? Warum verhandelst du die nicht mit dem Wesir in Mempi?«
»Amurru ist kein Bestandteil des Landes Kemet. Amurru ist selbstständig.«
»Fürst Adonija von Amurru ist Vasall des Königs von Kemet.«
»Aber es steht ihm frei, Handel zu treiben, mit wem es ihm beliebt.«
»Mit was handelt dein Vater?«
Mesilim zögerte wieder etwas zu lang. »Mit Pferden aus den östlichen Steppen.«
»Warum liefert dein Vater Pferde nach Amurru, wenn Fürst Adonija Vasall von Kemet ist? Er könnte die Pferde im Krieg gegen König Sargon einsetzen!«
Ramesse hatte uns entdeckt. Er nahm Mesilim am Arm und zog ihn mit sich fort. »Bitte entschuldige, Nefrit. Wir haben zu arbeiten.«
Und als er mich außer Hörweite wähnte, hörte ich ihn flüstern: »Was hat sie dich gefragt, Mesilim?«
Adonijas und Mesilims Aufenthalt in Buto dauerte eine Woche. Dann bestiegen der Fürst und sein geheimnisvoller Freund das Schiff nach Amurru und segelten über das Meer davon.
Am nächsten Tag erhielt ich ein Schreiben von Kanefer, das mir ein Bote überbrachte.
»Prinz Kanefer, Wesir, an Prinzessin Nefrit. Ich hoffe, du erfreust dich fernab der Hauptstadt bester Gesundheit. Durch den letzten Boten habe ich erfahren, dass du im Fürstenpalast von Buto wohnst. Ich hoffe, dass du deine Truhen in Buto nicht vollständig ausgepackt hast, und erwarte deine baldige Rückkehr. Hier gibt es genug Arbeit für uns beide. Mein Vater hat nach dir gefragt. Du kennst seine Ungeduld. Gruß, Kanefer.«
Ich bat den Boten zu warten und setzte einen Brief für Kanefer auf:
»Prinzessin Nefrit an Wesir Kanefer. Meine Truhen sind bereits verschlossen, und die Barke ist mit gehissten Segeln in die Strömung des Hapi gedreht. Dein Vater möge sich noch wenige Tage gedulden. Gruß, Nefrit.«
»Ich dachte, du bringst mir mein Schiff nie wieder«, waren seine ersten Worte.
»Majestät, es tut mir Leid …«
Seneferu legte einen Pfeil auf die Sehne seines Bogens, spannte, zielte und ließ los. Der Pfeil flog quer über den Großen Hof des Palastes auf eine geflochtene Zielscheibe zu, die hundert Schritte entfernt aufgestellt war.
Der König kniff im Licht des späten Nachmittags die
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