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Die Herrin der Pyramiden

Die Herrin der Pyramiden

Titel: Die Herrin der Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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nächtlichen Mücken schützen sollte, setzte mich auf den Rand des Bettes und nahm ihre Hand. Ihre Augen waren geschlossen, der Schweiß auf ihrem Gesicht getrocknet.
    »Ninsun, geliebte Schwester! Ich wünsche dir eine gute Reise in das jenseitige Land. Mögen die Götter mit dir sein! Mögen die Götter mit uns allen sein und uns den Frieden erhalten!« Dann küsste ich ihre Hand und ihre Stirn.
    Hinter mir vernahm ich ein Geräusch. Beim Eintreten hatte ich nicht bemerkt, dass noch jemand im Raum war. »Urnammu!«
    »Ich bin überrascht, Nefrit! Ich hatte nicht erwartet, in diesen Mauern ein solches Zeugnis von Liebe meiner Schwester gegenüber zu sehen.«
    »Es tut mir Leid, dass …«
    »Mir auch! Es ist nicht deine Schuld.«
    »Ihr Tod ist eine Katastrophe.«
    »Nicht für Seneferu. Er hat genug Frauen. Aber mein Vater wird sehr aufgebracht sein. Ninsun war seine einzige Tochter.«
     
     
    Ich rannte durch die Gänge des Palastes, stürmte durch den Empfangssaal, in dem sich die ersten Besucher des Tages eingefunden hatten, um auf eine Audienz beim König zu warten, riss das Portal am Ende der Halle der Wartenden auf und eilte die Flucht von Vorzimmern entlang, die das Allerheiligste des Reiches bewachten. Schreiber sprangen auf und sahen mir hinterher.
    Sennedjem versuchte, mich an der Tür zum Arbeitsraum aufzuhalten. Ich schob ihn auf die Seite und huschte an ihm vorbei.
    Seneferu saß an seinem Schreibtisch, als ich eintrat. Sennedjem war mir in den Raum gefolgt.
    »Sie ist tot!«, sagte ich.
    Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und schloss die Augen. »Du weißt, was das bedeutet, Nefrit?«
    »Wenn Sargon davon erfährt, wird es Krieg geben. Das könnt Ihr ihm niemals erklären!«
    »Wenn er davon erfährt …«
    »Urnammu hat vor zwei Stunden einen Boten an seinen Vater losgeschickt. Er war bei der Geburt anwesend.«
    Seneferu zögerte nicht. Kanefer, Ti, Khufu und Maatkare erschienen trotz der frühen Morgenstunde innerhalb kürzester Zeit. Der Wesir, der Kriegsminister, der Oberkommandierende und der General wurden durch Seneferu mit kurzen, präzisen Worten über die Gefahr unterrichtet, in der das Reich schwebte. »Den Boten können wir nicht aufhalten, er hat mehrere Stunden Vorsprung. Und wenn wir ihn abfangen, wird Urnammu einen weiteren schicken. Kanefer, du wirst Urnammu unter Arrest stellen. Er soll keine Gelegenheit mehr haben, seinem Vater über unsere Kriegsvorbereitungen zu berichten! Ti, du wirst mit meinem Sohn Maatkare zur Grenze reiten, um mit Sargon zu verhandeln. Wissen wir, wo Sargon sich derzeit aufhält?«
    »Das wissen wir, Euer Majestät«, sagte Ti.
    »Khufu, du wirst die vier Regimenter in Alarmbereitschaft versetzen! Außerdem gebe ich dir den Befehl, dich um die Aushebung von zwei weiteren Regimentern zu kümmern. Eines aus dem Unteren Land und eines aus dem Oberen Land. Nefrit, du bereitest das Staatsbegräbnis für Ninsun vor.«
    Innerhalb von drei Stunden waren Kriegsminister Ti und Fürst Maatkare zum Aufbruch in den Sinai bereit. Ihre Eskorte bestand aus fünfhundert Bewaffneten, genug, um einem Überfall zu trotzen, zu wenig, um Sargon zu provozieren.
    Ich begab mich in Urnammus Villa, um ihm ein von Kanefer verfasstes Beileidsschreiben zu überbringen und mit ihm das Begräbnis zu besprechen. Kanefer hatte bereits eine Hundertschaft des Palastregiments zur Bewachung des Prinzen abgestellt. Er konnte seine Villa nicht mehr verlassen.
    Urnammu stand im Garten und übte sich im Schwertkampf mit einem Offizier seiner Leibwache. Kanefer hatte ihm zehn sumerische Krieger zu seinem persönlichen Schutz zugestanden.
    Ich beobachtete, wie Urnammu den Hauptmann mit dem Bronzeschwert durch die Blumenbeete jagte. Der Prinz hatte das blaue Wollgewand abgelegt und kämpfte mit nacktem Oberkörper.
    Urnammu bewegte sich mit der kraftvollen Eleganz einer wütenden Raubkatze. Seine Schläge mit dem Schwert wurden mit einer unglaublichen Schnelligkeit und Härte ausgeführt. Er drängte seinen Gegner gegen einen Olivenbaum und ließ seine Waffe sinken.
    Mit dem Schwert in der Hand kam er zu mir herüber. Er warf die Waffe auf einen Tisch aus geschnitztem Zedernholz. Ich starrte auf den tiefen Kratzer, den die Klinge im Holz hinterlassen hatte, während Urnammu Kanefers Tontafel las. »Schöne Worte, nichts als schöne Worte! Das wird den Zorn meines Vaters nicht besänftigen!«
    »Ich weiß, Urnammu. Ich weiß, was Schmerz bedeutet. Ich selbst habe erst vor kurzem meinen Gemahl

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