Die Herrin der Rosen - Historischer Roman
eine schöne Maid wie Euch geht.«
Ich war zu erstaunt, um zu widersprechen. Wir kicherten den ganzen Abend, und am nächsten Morgen, als Sœur Madeleine zurückkehrte, machte ich sie sogleich mit Ursula bekannt.
Sie gab uns ihre Zustimmung und das Versprechen, sich dafür einzusetzen, dass ich bald eine Audienz bei der Königin bekam und Ursula in meine Dienste treten konnte. Und sie hatte Erfolg: Meine Audienz sollte nicht einmal eine Woche später sein, viel früher als erwartet. Was mich mit Angst erfüllte.
»Aber, Sœur Madeleine, was soll ich zur Königin sagen? Was soll ich tun?«, fragte ich voller Furcht, als sie und Ursula mir in mein vornehmstes Kleid halfen, die edle lavendelblaue Robe mit Silberstickerei und Feh-Besatz, die ich trug, als ich Sir John Neville begegnet war.
»Sei ganz du selbst, ma chérie. Sei du selbst, und Ihre Majestät wird dahinschmelzen.«
Die Worte der Nonne konnten mich nicht beruhigen, wusste ich doch schon, dass Marguerite d’Anjou schwerlich mittels Charme zu gewinnen war. »Kommt Ihr mit mir?«
»Bedaure, nein. Ich habe zu vieles andere, um das ich mich kümmern muss, aber Ursula kann dich begleiten«, sagte sie.
Ich lächelte Ursula Malory unsicher zu, die mir Gänseblümchen ins offene Haar flocht. Sœur Madeleine war angetan, denn diese Blumen befanden sich auch auf dem Wappen der Königin. »Ihr Haar ist so dicht, da können noch mehr hinein, Ursula«, riet sie uns, bevor sie ging.
Die große Glocke des Abtei-Turms schlug zur dritten Stunde, und mein Magen krampfte sich zusammen. Es war Zeit, in das Weiße Gelass zu meiner Audienz mit der Königin zu gehen.
Ursula trat einen Schritt zurück und betrachtete ihr Werk. »Ich glaube nicht, dass ich jemals eine Schönere als Euch gesehen habe. Eure Augen sind wie Juwelen, umkränzt von dichten Wimpern. Eure Haut ist wie Alabaster, und Euer Haar umfließt Euch gleich schwerer Seide, so dunkel und schimmernd wie die Federn des schwarzen Schwans. Ihr seid liebreizend, M’lady«, sagte sie ohne einen Hauch von Neid und half mir mit meinem Wollumhang.
Ursulas freundliches Wesen berührte mich zutiefst, und ich umarmte sie herzlich. Nachdem ich die Kapuze aufgesetzt hatte, um die Blumen im Haar vor dem Wind zu schützen, überquerten wir den Burghof und nahmen den Pfad am Fluss entlang zur Herrschaftsburg. Mich freute, dass ich auf dem Weg zahlreiche Blicke auf mich zog, denn ich hatte die Bestätigung bitter nötig.
Die ersten Andeutungen des Herbstes lagen in der Luft, und ein kräftiger Wind wehte, der Wellen auf dem dunklen Fluss aufpeitschte. Doch es regnete nicht. Nach der erbarmungslosen Hitze des Sommers war das kühle Wetter eine Wohltat, und folglich herrschte auf der Themse ein veritables Gedränge von vergoldeten Kähnen. Es war ein munteres Treiben vergnüglicher wie geschäftlicher Fasson. Schwäne glitten vorüber, Möwen kreischten und tauchten nach Fischen, Boote legten an den Stegen an und luden und entluden Menschen und Waren.
Wir erreichten die Burg und stiegen die ausgetretenen Stufen hinauf zum Audienzsaal, wo ein Wachmann Ursula im Vorzimmer aufhielt. »Zutritt nur für Geladene.«
Ich wollte protestieren, doch Ursula nahm mir bereits die Kapuze ab und flüsterte mir zu: »Kinn nach oben, Busen nach vorn, und alles wird gut!« Dann wich sie zurück, und kichernd betrat ich das Weiße Gelass.
Ich erkannte sofort, warum die Wache Ursula den Zutritt verwehrt hatte. Der kleine Alkoven quoll förmlich über vor Leuten, die hofften, einen Blick auf die Königin zu erhaschen. Ich nannte dem Schreiber, der an einem hohen Pult nahe der Tür stand, meinen Namen. Die erste Bank dahinter war von einer Gruppe Ordensschwestern besetzt, die Gebete in ihre Rosenkränze murmelten. Zweifelsohne flehten sie Gott an, ihnen zu den Wohltaten zu verhelfen, die sie erbitten wollten. Unweit von ihnen standen ein müde aussehender Ritter und seine Dame, die sich mit gedämpften Stimmen über die Abgaben für ihr Rittergut unterhielten. Am Fenster mit den bleigefassten Scheiben sprach eine Gruppe schwarz gewandeter Geistlicher über das Wetter. Ein Bote aus Anjou saß in einer Ecke, leicht zu erkennen an dem Lorraine-Kreuz. Da der Platz neben ihm frei war, setzte ich mich dorthin.
Die Bank befand sich gegenüber dem Eingang zum Audienzsaal, aus dem kurze Zeit später ein wunderschöner junger Lord mit seinen Höflingen kam. Auf seinem goldenen Haar trug er eine juwelenbestickte Samtkappe. Seine Züge waren aufs
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