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Die Herrin des Labyrints

Die Herrin des Labyrints

Titel: Die Herrin des Labyrints Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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schlug die Göttin vor. »Ich sehe mich mal um.«
    Als sie das gesagt hatte, trat ihr eine alte Frau in den Weg. Auch sie trug eine Fackel und eine Peitsche und wurde von einer Meute Hunde begleitet.
    »Noch so eine!«, kreischte Galla und kletterte mal wieder auf einen Baum, um seine Waden vor den schnappenden Mäulern der Hunde in Sicherheit zu bringen.
    »Was heißt hier noch so eine?«
    »Oh, wir trafen jüngst drei Furien.«
    »Nun, zu denen gehöre ich nicht. Ich bin Hekate, die zauberkräftigeHerrscherin der Nacht und Hüterin des dreifachen Weges. Was führt dich in mein Reich?«
    Die Göttin gab der ehrfurchtgebietenden Alten höflich Auskunft und wurde alsdann mit Wohlwollen betrachtet.
    »Nun, eine große Aufgabe, meine Liebe. Ich könnte dir behilflich sein. Denn ich beherrsche den Blick in alle drei Richtungen des Weges. Ich stelle dir meine wilde Meute zur Verfügung, wenn du möchtest – die kindsraubenden Lamien und das nächtliche Schreckgespenst Empusa …«
    »Um damit Angst und Schrecken zu verbreiten? Ich glaube nicht, dass das meiner Aufgabe dienlich ist.«
    Hekate kicherte leise und reichte der Göttin die hell flackernde Fackel.
    »Hier, nimm das, es wird dich zumindest an deine Fähigkeit erinnern, das nötigenfalls tun zu können. Und wahrscheinlich erhellt sie nicht nur deinen Weg, sondern auch dein Herz.«
    Die Göttin dankte der Hüterin der drei Wege mit höflichen Worten, und als Hekate verschwunden war, stellte sie fest, dass sie der mondlosen Nacht mit einer neuen Souveränität begegnete.
    Galle hingegen war äußerst zufrieden mit der zuckenden Beleuchtung.

KAPITEL 46

    Unentschlossenheit
    Patrick war ein wenig verschlossen in den nächsten Tagen, aber das Ende des Schuljahres und die damit verbundenen Anstrengungen schienen die schmerzlichen Erlebnisse in den Hintergrund treten zu lassen. Ich hatte ebenfalls meine Diplomarbeit beendet und sie Ende der Woche abgegeben. Es erfüllte mich mit einer ähnlichen Zufriedenheit wie das Aufräumen des Kellers vor einem halben Jahr. Nicht mit überragender Genugtuung, sondern mitdem Gefühl, etwas zu Ende gebracht zu haben, was ich mir vorgenommen hatte. Aufgeräumt, ausgekehrt, zurechtgerückt, sauber erledigt und damit den Weg frei gemacht für die eigentlichen Dinge, die mich erwarteten.
    Nur wusste ich nicht, was mich erwartete. Und ich wusste auch nicht, was ich wollte.
    Nach diesen arbeitsamen und hektischen Wochen freute ich mich aber zumindest darauf, ein paar Tage Ferien für mich selbst zu machen und mir solche interessanten Dinge zu überlegen, mit welchen kulinarischen Genüssen ich Henry überraschen könnte.
    »Nein, Amanda, ich werde euch nicht lästig fallen, es gibt ein hübsches kleines Hotel gleich in der Nähe, und dort werde ich übernachten«, hatte er meinen herzlich gemeinten Vorschlag abgelehnt, bei uns im Haus zu wohnen. Ich war, ehrlich gesagt, ein klein wenig erleichtert darüber.
    Er traf am Montagabend ein, braungebrannt unter seinem silbriggrauen Haar und mit einem fröhlichen Lächeln um die Augen.
    »Wie geht es dir, Amanda? Wieder ganz fit? Hallo, Patrick, mein Junge. Schon den Zugang zu den Datenbanken deiner Lehrer geknackt?«
    »Die haben keine Datenbanken, die haben noch Schwierigkeiten, ein Tastentelefon zu bedienen.«
    Seit seinem ersten Anfall von Stimmbruch redete Patrick in der letzten Zeit ziemlich leise und ein klein wenig heiser. Aber das änderte nichts an der Schärfe seiner Kritik am Lehrpersonal. Wie ich meinen Sohn kannte, war diese Kritik berechtigt.
    Ich überließ es den beiden, sich allmählich anzunähern, diesmal ohne die Anspannung, die bei ihrem ersten Zusammentreffen geherrscht hatte, da sich beide um mich Sorgen gemacht hatten. Beim Abendessen schließlich waren mein Vater und mein Sohn die besten Freunde geworden.
    »Und wie sieht es bei dir aus, Amanda?«
    »Ich habe meine Diplomarbeit abgegeben und harre jetzt der Dinge, die da kommen. Vor dem Beginn des neuen Semesters wird sich da vermutlich nichts tun.«
    »Und was wirst du machen, wenn du den Abschluss in der Tasche hast?«
    »Ich weiß, ich müsste mich eigentlich jetzt schon allmählich um eine Stelle bemühen. Vielleicht in einem Kurbetrieb oder einer Rehaklinik. Aber mir fehlt dazu im Augenblick der Antrieb. Die nächsten zwei Wochen werde ich einfach Ferien machen und dir die Schönheiten der Umgebung zeigen.«
    »Das ist wunderbar. Wenn du magst, können wir ja hin und wieder mal über deine weiteren Pläne

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