Die Herrin des Labyrints
ihrer Freundinnen zusammen war. Außerdem – ich habe ihr auch einmal einen weggekapert. Also was soll’s. Ich wünsch euch viel Spaß miteinander.«
Ullis Wut war verraucht, und er stand mit hängenden Schultern vor mir.
»Ich hatte gedacht, dass ich dir etwas mehr bedeute, Amanda.«
»Du mir soviel wie ich dir. Denk mal darüber nach.« Draußen hielt ein Wagen, und ich öffnete die Tür. Das Taxi war gekommen. Ich wollte Ulli die Hand zum Abschied geben, aber er übersah sie und ging ohne einen Blick zurück nach draußen.
»Puh!«, stöhnte ich, als sich die Tür hinter ihm schloss. »Baba?«
»Ins Bett!«
»Nein. Du hast mal gesagt, wichtige Ereignisse im Leben müssten gefeiert werden!«
»Es ist Mitternacht …«
»Kann man um Mitternacht nicht feiern?«
Eine berechtigte Frage. Plötzlich war mir auch nach feiern zumute.
»Zieh ein paar Socken an und komm in mein Arbeitszimmer.« In der Zwischenzeit holte ich zwei Gläser und öffnete eine Flasche Champagner. Ich war eine vollkommen verantwortungslose Mutter, aber das war mir in diesem Moment absolut gleichgültig.
»Wow! Ich darf auch?«
»Wenn wir schon mit dem Lotterleben anfangen, dann wenigstens mit Stil, meinst du nicht auch?«
»Auf das Lotterleben!«, kicherte mein Sohn und stieß sehr formvollendet mit mir an. Wir schwiegen in tiefem Einverständnis ein paar Minuten. Dann machte ich die Schublade meines Schreibtischs auf und legte Patrick das Etui mit der Münze in die Hand.
»Was ist das?«
»Schau’s dir an!«
Vorsichtig machte er die kleine samtbezogene Schachtel auf und starrte die Münze an. Dann sah er mich an und wieder die Münze.
»Sieht aus, als hätten wir noch mehr zu feiern, was?«
»Sieht so aus.«
»Erzählst du mir, wie du dazu gekommen bist?«
»Muss ich ja wohl, wenn ich in diesem Leben noch mal eine ruhige Minute haben möchte.«
Ich gab zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit eine noch stärker redigierte und jugendfreie Version der letzten Entwicklungen von mir.
KAPITEL 31
Vaterschaft, die Erste
Die Champagnerlaune war verflogen, und manchmal gab es mir doch noch einen wehmütigen Stich, wenn ich an Ulli dachte. In den ersten Tagen fand ich überall noch irgendwelche Sachen von ihm, sammelte alles in einer großen Reisetasche und versuchte, nicht sentimental zu werden. Zumindest war es nicht soschlimm wie damals, als Damon ausgezogen war. Da hatte ich das Gefühl gehabt, als ob mir Arme und Beine amputiert worden waren. Das hier war im Verhältnis dazu ein abgebrochener Fingernagel.
Von Damon hatte ich auch ein kurzes Schreiben erhalten, so trocken formuliert, dass es fast aus dem Umschlag staubte. In wenigen Worten teilte er mir mit, er wolle Patrick nicht, wie ich vorgeschlagen hatte, am 12. April im Museum für Natur und Technik treffen, sondern ihn zu einer eigenen Veranstaltung bei mir abholen. Mit freundlichen Grüßen. Na gut, ich musste ja nicht mitkommen.
Patrick begann erst fünf Tage vor seinem Geburtstag, lästig zu werden, und ich wertete es als Ausdruck seiner wachsenden Reife. In den vorherigen Jahren hatte er mich schon wochenlang vorher beständig mit den Fragen nach seinen Geschenken gelöchert, diesmal fand ich nur immer wieder an strategisch wichtigen Stellen kleine Prospekte platziert, die geschmackvolles Computerzubehör anpriesen. Vornehmlich Scanner waren dabei mit bunten Stiften angekreuzt. Was immer Patrick damit wollte, ich traute mir den Kauf eines solch delikaten Teils nicht zu, aber das wäre ja auch eine hübsche Aufgabe für Damon. Der kannte sich mit Sicherheit mit solchen Geräten aus. Ich hatte mich für eine Tischtennisplatte entschieden, die wir, nachdem jetzt auch meine Garage wunderbar leergeräumt war, dort unterbringen und bei Bedarf in der Einfahrt aufstellen konnten.
Das Geschenk erwies sich als verhältnismäßig guter Treffer, obwohl natürlich im Freien keine authentischen Wettkampfbedingungen erzeugt werden konnten.
»Man muss auch mit den Schwierigkeiten der Umgebung fertig werden können«, argumentierte ich.
»In der Halle gibt es keine Windböen.«
»In der Einfahrt ist es geschützt«, entgegnete ich. »In der Halle ist der Boden eben, da gibt es keine Grasbüschel, auf denen man ausrutschen kann!«
»Es steht dir jederzeit frei, das Unkraut in der Einfahrt auszurupfen«, schlug ich vor.
»Und in der Halle laufen keine Leute rum, die man ständig grüßen muss.«
»Gut, dann tausche ich die Platte wieder um, und du bekommst ein paar schöne
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