Die Herrin Thu
meinen Gliedmaßen tropfte und mich der Mut fast verließ. Ich erinnerte mich an Harshira, wie ich ihn zuerst gesehen hatte, als er auf Huis Bootstreppe stand und nach der langen Fahrt von Aswat nach Pi-Ramses Ordnung in das Chaos der Landung brachte.
Und ich erzählte von finsteren Dingen, von meiner Erziehung durch Kaha und dann durch Hui, die ganz darauf abzielten, mich auf meinen Eintritt in den Harem vorzubereiten, und die mein mädchenhaftes Unwissen in heftige Voreingenommenheit gegen den König und in Enttäuschung über die Regierung Ägyptens verkehrten, was dann zu meinem Mordversuch an Ramses führte. Ich schonte mich nicht, aber die Absichten der Angeklagten schönte ich auch nicht, denn sie hatten mich wie einen Jagdhund für diesen einen Zweck abgerichtet und hatten mich nicht mehr geachtet als Hundeführer ihr wertvolles, lebendiges Werkzeug.
Nur einmal weinte ich, als ich beschrieb, wie ich das Arsen von Hui bekam, es unter das Massageöl mischte und es Hentmira schenkte, einem Mädchen, das mich in der Gunst des Pharaos ersetzt hatte. Da liefen die Reuetränen, und ich versuchte auch nicht, sie wegzuwischen. Selbst das gehörte zu meiner Buße, diese öffentliche Sühne, dieses schreckliche Bekenntnis, das mich heilen und wieder ganz machen würde. Ich hatte gewußt, daß Hentmira wahrscheinlich daran sterben würde. Ich hatte mir eingeredet, daß sie Herrin ihres Schicksals wäre, schließlich konnte sie das Öl für den Pharao verwenden oder nicht, ein böses Argument, das mich jetzt mit Selbstverachtung erfüllte. Damals hatten Haß und panische Angst alles andere überdeckt, doch im Laufe meiner Verbannungsjahre hatte ich meine Skrupellosigkeit zutiefst bedauert, die eine junge Frau das Leben gekostet und ihr jede Aussicht auf Erfüllung von Hoffnungen und Träumen genommen hatte.
Von meiner Verhaftung und Verurteilung sprach ich nicht. Diese Dinge hatten wenig mit dem Verbrechen zu tun. Das Gericht wußte, wie jeder, von Hui bis zum niedrigsten Küchenjungen, gelogen und mich allein hatte sterben lassen. Und ich sprach auch nicht von meinem Handel mit dem Prinzen, der mir eine Königinnenkrone versprochen hatte, wenn ich dem Vater immer wieder seine Tugenden vor Augen hielt. Das war eine persönliche Angelegenheit. Vielleicht hatte der Prinz sie ohnedies vergessen. Als ich mich zitternd und erschöpft setzte, hatte ich die vollen Ausmaße der Verschwörung gegen den Thron offengelegt. Mein Teil war getan.
Man ordnete eine weitere Pause an, und wie zuvor wurden wir in den Garten geführt. Ich erschrak, als ich sah, daß die Sonne fast untergegangen war und sich das Wasser des Springbrunnens, das in das Becken plätscherte, rot färbte. Die Abendluft war kühl und duftete nach unsichtbaren Blumen. Auf einmal war ich heißhungrig und aß und trank unmäßig. Es war fast vorbei, alles war vorbei. Morgen konnte ich ein neues Leben beginnen.
Als wir den Thronsaal wieder betraten, waren die hohen Lampen an den Wänden angezündet worden, und die Fächerträger kehrten nicht zurück. Die Richter nahmen ihre Plätze ein, sie sahen lustlos und müde aus. Auch die Angeklagten wirkten erschöpft. Der Tag hatte für alle früh angefangen. Nur der Prinz und der Protokollordner wirkten noch frisch. Sie berieten sich kurz, ehe der Protokollordner zu seinem Tisch ging. Er winkte Kamen. „Königssohn Pentauru, auch als Offizier Kamen bekannt, erhebe dich jetzt und bringe die zweite Anklage vor.“
Und so verneigte sich Kamen seinerseits vor dem Prinzen und dem Protokollordner und schilderte seinen Teil der Geschichte mit kräftiger und klarer Stimme. Ich hörte aufmerksam zu, wie er von unserer ersten Begegnung erzählte, als er und sein Herold in Aswat anlegten und er mein Manuskript übernahm, ohne zu wissen, daß ich seine Mutter war. Er stockte auch nicht bei der Beschreibung, wie er es General Paiis, seinem Vorgesetzten, brachte und wie er kurz darauf den Auftrag bekam, nach Aswat zurückzukehren und mich zu verhaften, und wie er den Mann, der ihn begleitete, auf der Reise nach Süden mehr und mehr verdächtigte. Er geriet auch nicht ins Stocken, als er den Mordversuch an uns schilderte und wie er den Mörder getötet und ihn unter dem Fußboden meiner Hütte vergraben hatte.
Das da ist mein Sohn, dachte ich voller Verwunderung und Stolz. Dieser kluge, fähige, aufrechte junge Mann ist Fleisch von meinem Fleisch. Wer hätte gedacht, daß die Götter mir solch ein Geschenk machen würden? Ich war Men
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