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Die Herrin Thu

Die Herrin Thu

Titel: Die Herrin Thu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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von Fayence vertieft. Ihre Stimmen und die weltliche Natur ihrer Plauderei wirkten einschläfernd, doch ich war ganz verspannt vor Angst, denn ich hatte mich in einem formellen und schwerfälligen Verfahren verfangen, das knirschend bis zu Ende geführt werden mußte und dem ich nicht entrinnen konnte.
    „Die Herrin Hunro ist nicht so schön, wie du sie in deinem Bericht aus deinen früheren Tagen geschildert hast“, sagte Kamen. Er lag neben mir auf einen Ellenbogen gestützt und hatte den Kopf in die Hand gelegt. In seinen dunklen Augen lag ein Lächeln. „Ich hatte eine schlanke, geschmeidige Frau wie eine Sumpfbinse erwartet, doch sie sieht richtig alt aus. Ist sie krank?“
    „Sie ist nur enttäuscht und trauert ihrer Jugend nach“, sagte ich. „Wie könnten die Jahre mit einer Frau, deren Herz aus Mangel an Liebe vertrocknet, wohl freundlich umgehen.“ Sein Blick war forschend.
    „Und welche sonderbare Liebe hat dich jung erhalten, liebe Mutter?“ murmelte er. Darauf wußte ich keine Antwort, und die herrische Aufforderung des Herolds ersparte es mir, daß ich mir eine ausdachte. Einer nach dem anderen gingen wir in den Thronsaal zurück.
    Die Angeklagten saßen bereits auf ihren Plätzen. Ich wußte nicht, ob sie zu essen bekommen hatten oder nicht. Die Richter kamen herein und hinter ihnen sechs Diener mit Fächern. Sie bauten sich auf und begannen, uns mit dem lautlosen Auf und Ab der Straußenfedern Luft zuzufächeln. Der Protokollordner und sein Schreiber schritten zum Tisch, der Schreiber setzte sich auf den Boden und machte seine Palette bereit. Die Soldaten schlossen die Tür und stellten sich ringsum an den Wänden auf. Am Ende der Estrade erschien der Prinz, ließ sich auf seinen Sessel gleiten und nahm unsere Huldigung abwesend entgegen.
    Sein Blick wanderte sofort zu Paiis. Sein Lächeln wirkte irgendwie selbstgefällig und unangenehm. „Fahre fort“, sagte er zu dem Protokollordner. Der Mann wandte sich zu mir.
    „Herrin Thu“, sagte er. „Steh jetzt auf und bringe die erste Anklage vor.“
    Auf diesen Augenblick hatte ich gewartet, von ihm hatte ich während der ganzen harten Jahre meiner Verbannung geträumt. In Wepwawets Tempel, mit dem Scheuerlappen in der Hand, auf dem Kies, der mir die nackten Knie aufschrammte, hatte ich mir vorgestellt, wie das sein würde, während ich die Steinplatten schrubbte. Zuweilen hielt ich beim Unkrautjäten in meinem winzigen Garten, den ich hinter meiner Hütte mühsam angelegt hatte, inne, hockte mich auf die Fersen, während lebhafte Bilder vor meinem inneren Auge abrollten: ich, wie ich mich mit erhobenem Messer in Huis Schlafgemach stahl; ich, wie ich Paiis verführte und ihm im Schlaf des Gesättigten die Kehle durchschnitt; ich, wie ich Hunros Haar mit der Faust gepackt hielt, sie zu Boden zwang, während sie kreischte und nach mir krallte.
    Doch auf diese verstörenden Szenen, die, wie ich wußte, den Keim zu Wahnsinn und wahrer Verzweiflung in sich bargen, folgte eine vernünftigere, aber nicht weniger unwahrscheinliche Vision von mir: wie ich in einem Raum voller schattenhafter Gestalten vor dem Pharao stand und ihm die Geschichte meiner eigenen Verführung und des kalten, wohlüberlegten Komplotts erzählte, das ihr zugrunde lag. Irgendwie wurde die Wirklichkeit dem nicht gerecht, war weniger dramatisch, doch mein großer Augenblick war gekommen. Jetzt konnte ich mich rächen. Ich stand auf, verneigte mich vor dem Prinzen, bedachte den Protokollordner mit einem Nicken, wandte mich zu den Richtern und fing an: „Mein Vater war Söldner.“
    Ich sprach, während der Nachmittag verging, hielt ab und an inne, um von dem Wasser zu trinken, das neben mir stand, machte eine Pause, wenn mir die Gefühle die Kehle zuschnürten und drohten, mir die Fassung zu rauben. Ich sah die aufgereihten, aufmerksamen Männer nicht mehr, nicht den Prinzen, der sich hinter ihnen im Sessel zurücklehnte und die Augen auf mein Gesicht heftete, nicht die undeutliche Gestalt des Protokollordners zu meiner Linken. Ich vergaß Kamen, der sacht neben mir atmete. Allmählich gewannen meine Worte Leben, oder ich erlebte mein Leben durch diese Worte noch einmal, und mit ihnen kamen die Bilder, gestochen scharf, voller Angst oder Freude, Unschlüssigkeit oder Überraschung, panischer Angst oder Stolz. Noch einmal saß ich mit Pa-ari in der Wüste und schrie meine Enttäuschung hinaus. Noch einmal stand ich in Huis verschatteter Kabine, während das Wasser des Nils von

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