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Die Herrin Thu

Die Herrin Thu

Titel: Die Herrin Thu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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Maat euch weniger hart beurteilen.“ Hunro schrie ganz leise auf, ein Aufschrei und Schluchzer zugleich. Sie hielt sich mit beiden Händen am Arm ihres Bruders fest, ihre Augen hingen am Prinzen.
    „Ich möchte etwas sagen, Prinz“, brachte sie mit dünner, angstverzerrter Stimme hervor. „Bitte, darf ich etwas sagen?“
    „Es verstößt gegen das Prozeßverfahren, daß die Angeklagten reden“, antwortete Ramses knapp. Hunro kam hoch, streckte die Arme aus und hob die Hände in der uralten Geste des flehenden Bittstellers.
    „Ich flehe dich an, Horus-im-Nest“, sagte sie mit gebrochener Stimme. „Nur ein paar Worte. Ehe mich der Tod für immer zum Schweigen bringt.“ Ramses überlegte, dann spreizte er die Finger.
    „Fasse dich kurz.“ Hunro schluckte.
    „Ich bitte für meinen Bruder Banemus“, begann sie, und der Mann neben ihr warf ihr einen scharfen Blick zu. „Es stimmt, daß er anfangs, vor vielen Jahren, von Paiis von der Verschwörung hörte, und weil er selbst enttäuscht war, machte er mit. Er willigte ein, unter den in Nubien stationierten Truppen Aufruhr gegen die Regierung deines Vaters zu schüren, wenn der Gott erst tot war, denn er glaubte wie wir alle, daß die Maat in den Händen deines Vaters Schaden genommen hätte. Aber er kehrte zu seinen Pflichten in Nubien zurück und unternahm nichts weiter. Er wollte nicht mehr zu unseren Treffen kommen.“
    „Nein, Hunro!“ unterbrach Banemus sie ärgerlich. Er stand jetzt. „Das lasse ich nicht zu! Ich bin für genauso schuldig befunden worden wie du! Ich will keine Gnade durch deine Hand!“
    „Falls jemand Gnade walten läßt, dann ich, Banemus“, fuhr der Prinz dazwischen. „Setz dich. Fahre fort, Hunro.“ An seiner Miene konnte man nicht ablesen, ob ihre Bitte ihn rührte oder nicht.
    „Er wollte nicht mehr zu unseren Treffen kommen, bei denen wir unsere Kümmernisse äußerten und unsere Pläne vorantrieben, wenn er, was selten vorkam, in Pi-Ramses zu Besuch war.“ Sie schluckte, schwankte, und ich fürchtete schon, daß sie ohnmächtig würde. Doch sie faßte sich, reckte sich und blickte
    Ramses trotzig an. „Er hat sich nichts weiter als eine Stunde vorübergehender Schwäche zuschulden kommen lassen, die rasch verflog. Er wollte nicht hören, wie wir uns allmählich unserem Ziel näherten.“
    „Wie kommt es dann, daß sein Bedauern über seine, wenn auch kurze, Beteiligung sich nicht in Treue zu seinem König wandelte und ihn dazu bewog, die Angelegenheit dem Iripat vorzutragen?“ erkundigte sich Ramses trocken. „Und es stimmt auch nicht, daß er sich weigerte, an allen Festen teilzunehmen. Die Herrin Thu hat geschrieben und bezeugt, daß sie ihn im Haus des Sehers kennen gelernt hat.“
    „Aber an jenem Abend war keine Rede von der Verschwörung“, sagte Hunro eifrig. „Thu hat damals nichts davon gewußt. Die Männer waren zusammengekommen, um Thu zu prüfen, ob sie deinen. deinen Vater beeindrucken könnte. Banemus hat davon nichts gewußt. Ich schwöre, daß er nichts gewußt hat.“
    „Sei still, Hunro“, sagte Banemus und packte sie am Arm. „Natürlich habe ich Bescheid gewußt. Ich habe die ganze Sache für albern gehalten, sie konnte nicht gut gehen und mußte verlöschen wie ein schlecht angelegtes Feuer, aber ich habe davon gewußt. Erniedrige dich nicht mit weiteren Lügen.“ Er zog sie auf ihren Platz. Sie brach in Tränen aus, schluchzte und lehnte den Kopf an seine Schulter. Er legte den Arm um sie.
    Ramses erhob sich. Eine Hand fuhr zu dem Schmuckdolch an seinem Gürtel. Die andere stützte er in die Hüfte. „Baal-mahar, steh auf“, rief der Protokollordner. Der Mann gehorchte.
    „Baal-mahar, schuldig in dieser Sache. Man bringe dich zum Richtplatz, wo man dir den Kopf vom Körper trenne“, sagte der Prinz, und sofort rief der Protokollordner: „Baal-mahar, du hast deine Strafe erhalten.“ Der Prinz wandte sich zu Yenini, der bereits unbeholfen aufgestanden war.
    „Yenini, schuldig in dieser Sache. Man bringe dich zum Richtplatz, wo man dir den Kopf vom Körper trenne.“ Sofort rief der Protokollordner: „Yenini, du hast deine Strafe erhalten.“ Die gleichen furchtbaren Worte erklangen für Peloka, schmerzten mir in den Ohren und legten sich mir auf die Seele.
    Das ist mein Werk. Die Worte formten sich mit entsetzlicher Klarheit in meinem Kopf. Ich habe all diesen Menschen den Tod gebracht. Es zählt nicht mehr, ob sie schuldig sind oder nicht. Ihre Pläne sind zunichte. Der König

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