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Die Herrin Thu

Die Herrin Thu

Titel: Die Herrin Thu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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Privatgemächer des Prinzen. Nesiamun ergriff meine Hand und blickte mir lächelnd in die Augen. „Meinen Glückwunsch, Herrin Thu“, sagte er freundlich. „Dein Sieg wird für unsere Kinder und Kindeskinder ein Beispiel für die Unvoreingenommenheit und Unbesiegbarkeit der ägyptischen Justiz sein, wenn du und ich schon längst im Grab liegen. Komm in mein Haus, wenn dich der Prinz freiläßt, dann feiern wir zusammen, alle miteinander.“ Ich bedankte mich bei ihm und sah ihm nach, als er sich entfernte.
    „Alle scheinen zu vergessen, daß ich auch eine Verbrecherin bin, daß ich eine Gotteslästerung begangen habe, als ich versuchte, einen Gott zu ermorden“, murmelte ich, und vor meinem inneren Auge stand Hunros Bild.
    „Nein“, sagte Kamen. „Für diese Gotteslästerung hast du mit siebzehn Jahren Verbannung bezahlt. Aber du bist mir ein Rätsel, Thu, eine Verbrecherin, die die Götter segnen. Da kenne sich einer aus.“ Er küßte mich auf die Wange. „Ich warte auf meinen Vater und gehe mit ihm heim. Schick nach mir, sowie der Prinz dich freigibt. Und jetzt schlaf gut.“ Ich hatte angenommen, er würde in meine Zelle mitkommen und sich ein Weilchen mit mir unterhalten. Ich wollte ihm von Paiis und Hunro, von dem Prinzen und der Vergangenheit erzählen, doch vor allem anderen wollte ich Huis Namen aus seinem und meinem Mund hören. Statt dessen nickte ich, erwiderte seinen Kuß und ging mit dem wartenden Herold zu meinem Hof zurück.
    Isis war da, um mir die Schminke abzuwaschen und mich zum Schlafengehen fertigzumachen. Ich ließ mir ihre Fürsorge mit abwesender Miene gefallen, und als sie die Lampe gelöscht und sich entfernt hatte, lag ich auf dem Rücken und starrte zur Decke. Die Nacht war so still, daß ich den einschläfernd plätschernden Springbrunnen genau hören konnte, und gelegentlich wehte ein Windstoß durch die offene Tür über mein Gesicht, aber das war alles. Mein Körper war müde, doch ich war hellwach. Die Ereignisse des Tages tobten mir im Kopf herum, und ich beruhigte mich erst, als ich alles gründlich überdachte.
    Mittlerweile durfte das Urteil an Paibekamun und den anderen Würdenträgern des Palastes vollstreckt worden sein, und der staubige, weiträumige Exerzierplatz vor den Gefängniszellen war gewiß dunkel von ihrem gerade vergossenen Blut. Hatte man sie hingerichtet, ehe Paiis und Hunro in ihre Zellen zurückgebracht worden waren, so daß Hunros zierliche Füßchen um das Blutbad herumgehen mußten? Oder knieten sie im Fackelschein auf der harten Erde, während sich Hunros entsetztes Gesicht an die Gitterstäbe ihrer Tür preßte? Die Arme. Lieber nicht daran denken, und auch nicht an die bittere Tatsache, daß Verbrecher nicht einbalsamiert wurden. Ihre Leichen wurden an unbekanntem Ort in der Wüste verscharrt, und nicht einmal ein Stein mit ihrem Namen kennzeichnete die Stelle, wo die Götter sie finden könnten.
    Hirn und Körper erschauerten vor diesem grausigen Schicksal, und ich schloß die Augen und dachte über weniger aufwühlende Dinge nach. Warum hatte der
    Prinz Men in seine Gemächer befohlen? Was wollte er mir morgen sagen? Was machten die Gefangenen zu dieser Stunde allein in ihren Zellen? Diktierte Paiis einen letzten Brief an seine Schwester Kawit und vielleicht auch eine Botschaft an Hui, die ihm heimlich zugestellt wurde? Und Hunro? Hoffentlich war Banemus bei ihr und tröstete sie, versuchte ihr Mut zuzusprechen. Ich glaubte nicht, daß Todesangst ihren unguten Ausbruch bewirkt hatte, eher die unerträgliche Erkenntnis, daß ihr Leben vorbei war, ehe es wirklich angefangen hatte. „Ich habe noch nicht gelebt!“ hatte sie geschrieen, und bei der Qual, die in diesen Worten lag, hatte ich eine Gänsehaut bekommen.
    Endlich schlief ich ein, tief und traumlos, und wachte bei helllichtem Tag und bestem Wohlbefinden auf. Der Hof schwirrte von fröhlichem Lärm. Kinder aus dem Kinderflügel tobten zwischen ihren Müttern herum oder hüpften kreischend vor Vergnügen immer wieder in den Springbrunnen. Diener kamen und gingen über das Gras, trugen Polster und Süßigkeiten oder ordneten Sonnensegel, die wie gefangene Vögel in allen Farben über den Köpfen der darunter versammelten Frauen flatterten. Hier und da saß eine Frau allein neben ihrem Schreiber und ihrem Verwalter und diktierte Geschäftsbriefe.
    Auch das Badehaus hallte wider vom weiblichen Treiben, war kühl und dunkel und roch nach duftendem Wasser und kostbaren Ölen. Mehrere Frauen

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