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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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konnte.
    Allectus sprang vom Pferd und ging den Offizieren entgegen. Aber er salutierte vor dem zweiten Mann. Teleri staunte. War dieser Mann mit den schweißnassen Haaren und der hohen, von der Sonne geröteten Stirn wirklich derselbe, über den man so viele Geschichten erzählte? Er bewegte sich breitbeinig und schwankend wie jemand, der die meiste Zeit auf See verbrachte. Beim Näherkommen fiel ihr auf, daß er vom Wasser auf die Bäume und dann auf die Ankömmlinge blickte. Dann schweifte sein Blick wieder zurück. Das erinnerte sie irgendwie an Dierna, die auf ähnliche Weise die versammelten Priesterinnen betrachtete, bevor sie ein Ritual begann.
    Dierna schien ebenfalls verblüfft. Aber sie betrachtete den Befehlshaber respektvoll und wohlwollend. Als der Römer Allectus begrüßte, richtete sich sein Blick noch einmal auf die Sänfte der Hohepriesterin, und Teleri sah das Staunen in seinen Augen. Dann folgten die Formalitäten der Vorstellung. Als Teleri später über diesen besonderen Augenblick nachdachte, wurde sie den Eindruck nicht los, daß der Mann Dierna zu kennen schien. Aber das war nicht möglich, denn Dierna hatte selbst gesagt, sie sei Carausius noch nie begegnet.

    Hinter der Landzunge, die schützend vor dem Hafen lag, ging die Sonne unter. Carausius stand mit seinen Offizieren vor dem Fundament der Festung und beobachtete die Priesterinnen, die sich auf das Ritual vorbereiteten. Die Legionäre hatten vor dem künftigen Tor Aufstellung genommen. Die einheimischen Arbeiter standen zu beiden Seiten neben ihnen.
    Vor einem Mond war bei Beginn der Ausschachtungsarbeiten ein Priester vom Tempel des Jupiter Fides aus Venta Belgarum gekommen und hatte einen Ochsen geopfert. Ein Haruspex hatte die Eingeweide begutachtet. Das Omen war günstig ausgefallen. Aber Carausius konnte sich nicht daran erinnern, daß bei einem Bauvorhaben nach Abschluß der Planungen und einer gesicherten Finanzierung ein Haruspex in den Eingeweiden des Opfertieres kein günstiges Omen gelesen hätte.
    »Tausend Jahre und zweimal tausend Jahre werden die Fundamente vom Ruhme Roms in diesem Land künden ... «
    Das war keine schlechte Prophezeiung, dachte der Navarch. Doch der Priester, ein dicker, aalglatter Gottesdiener - er hatte den besten Koch von ganz Venta - war wenig überzeugend gewesen. Beim Anblick der in blaue Gewänder gehüllten Priesterinnen wußte der Navarch, weshalb er den Eindruck gehabt hatte, die römische Zeremonie sei nicht genug gewesen. Deshalb hatte er darum gebeten, daß die Herrin von Avalon das Gelände weihen möge, als er erfuhr, daß sie sich in Venta aufhielt. Die Festung Adurni gehörte Rom, aber das Land, das sie schützen sollte, gehörte zu Britannien.
    Bei dem römischen Ritual hatte er in der Mittagshitze gestanden und in der unbequemen Toga geschwitzt. An diesem Abend trug er eine rot gefärbte Leinentunika mit einheimischer Stickerei und einen leichten Wollumhang mit goldener Spange. Das Gewand erinnerte ihn an die Kleidung seines Volkes, von dem er sich losgesagt hatte, als er Rom die Treue schwor. Das Volk seines Vaters opferte Nehallenia.
    Zu welcher Göttin beten die Priesterinnen von Avalon?
    Im Westen stand der Himmel in Flammen. Der Navarch drehte sich um und sah gerade noch die Sonne wie flüssiges Metall hinter dem Berg verschwinden. Dann lenkte ein anderer Schein sein Auge auf sich. Eine der Frauen hatte die Fackeln entzündet. Die junge Priesterin hob sie hoch, und er glaubte flüchtig, eine Göttin zu sehen, die in ihren Händen das Licht hielt. Er legte verwirrt die Hand auf die Augen. Kurz darauf stellte er fest, daß es die Jüngste aus dem Gefolge der Hohepriesterin war. Man hatte ihm gesagt, sie sei die Tochter eines britonischen Fürsten. Sie war ihm wegen ihrer Schönheit aufgefallen; er fand sie in sich gekehrt und abweisend. Jetzt aber hatten ihre dunklen Haare im Licht der Fackeln einen seidigen Glanz. Die blasse Haut ließ sie zart und rein wirken.
    Die verschleierte Hohepriesterin stand hinter der jungen Frau. Ihr folgten zwei Priesterinnen. Die eine trug einen Ebereschenzweig und die andere den Ast eines Apfelbaums, an dem silberne Glöckchen hingen.
    »Jetzt ist die Stunde zwischen Tag und Nacht, in der wir uns zwischen den Welten bewegen können«, hörte er die Stimme der Hohepriesterin. »Die Mauern, die hier entstehen, werden aus Stein sein und können die Waffen der Menschen abwehren. Aber wir werden eine andere Grenze schaffen, einen geistigen Schild, der

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