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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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ein gerissener Geschäftsmann war. Doch den Gerüchten nach besaß sein Sohn die Gabe, mit erstaunlichen Rechenkünsten das Geld zu vermehren. Auch wenn Allectus körperlich nicht besonders stark war, sein kluger Kopf hatte das Vermögen der Familie so sehr vergrößert, daß sein Vater öffentliche Arbeiten und rauschende Feste finanzieren konnte, so wie man es von dem höchsten Beamten der Stadt erwartete. Die Abhängigkeit von seinem Sohn bereitete Cerialis offensichtlich ein gewisses Unbehagen. Allectus war ein Kuckuck im Nest einer dicken Taube. Teleri lachte insgeheim über den Vergleich, dann dachte sie mit einem Blick auf das scharf geschnittene Gesicht, etwas freundlicher ausgedrückt könnte man ihn auch als einen Falken bezeichnen. Auf jeden Fall schien der alte Mann seinen Sohn überhaupt nicht zu verstehen.
    »Der neue Navarch hat Maximian davon überzeugt, unsere Verteidigungsanlagen zu verstärken«, erklärte sie freundlich, um die verlegene Pause zu überbrücken. »Das ist doch bestimmt ein Zeichen dafür, daß wir diesem Mann vertrauen können.«
    »Richtig. Ohne vertrauenswürdige und fähige Befehlshaber werden auch die besten Männer den Kampf nicht gewinnen können.« Cerialis nickte erleichtert und zufrieden.
    Allectus warf einen verächtlichen Blick auf seinen Vater. Aber es geschah so schnell, daß Teleri nicht sagen konnte, ob er es wirklich getan hatte.
    »Oder auch Frauen«, fügte sie trocken hinzu. Trotz aller Tradition und Disziplin des römischen Heeres bezweifelte sie, daß die Männer ebenso schwere Prüfungen bestehen mußten wie die Priesterinnen von Avalon. Ihr Blick richtete sich auf die Sänfte vor ihnen, in der Dierna zusammen mit Adwen saß. Sie unterdrückte den aufkommenden Neid, denn ein solches Gefühl war ihrer unwürdig. Vielleicht, so hoffte sie, würde die Hohepriesterin auf der Rückreise um ihre Begleitung bitten.
    Die Sänfte neigte sich nach vorne, als sie sich der Küste näherten. Teleri sah sich erwartungsvoll um, nachdem sie die Bäume hinter sich gelassen hatten. Der neue Navarch hatte einen Blick für geeignetes Gelände. Der Boden war eingeebnet worden. Die Festung sollte an der nordwestlichen Ecke des mittelgroßen Hafens liegen, den ein enger Kanal mit dem Meer verband. Der Platz bot gleichermaßen Schutz gegen Stürme und die Piraten. An einem so strahlenden Sonnentag konnte man jedoch kaum an so etwas denken.
    Teleri sah, daß bei der Festung an nichts gespart wurde. Die Fundamentgräben waren bereits ausgehoben und umspannten ein riesiges, quadratisches Gelände, in dem die Gebäude errichtet werden sollten. Cerialis wies voll Stolz darauf hin, daß die Festung sehr viel größer sein würde als die anderen Stützpunkte an der Küste, größer sogar als Rutupiae. Beim Näherkommen ruhte sein Blick wohlgefällig auf den Arbeitern. Teleri wußte, daß solche Bauten stets vom Militär ausgeführt wurden, aber sie wies Cerialis darauf hin, daß einige der Männer andere Kleidung trugen.
    »Du bist sehr klug, meine Tochter, um das zu bemerken«, sagte Cerialis und nickte. »Es sind meine Sklaven, die ich von meinen Ländereien für die Dauer der Bauarbeiten hierher geschickt habe. Ich bin der Meinung, der Bau einer Festung zum Schutz von Venta ist ein sehr viel nützlicherer Beitrag, den ich in meiner Stellung leisten kann, als zum Beispiel ein neues Amphitheater für die Stadt zu errichten.«
    Allectus verzog spöttisch die Lippen. Teilte er die Ansicht seines Vaters nicht? Teleri erinnerte sich an seine hitzigen Worte. Vermutlich stammte diese Erkenntnis nicht von seinem Vater, sondern von ihm.
    »Eine ausgezeichnete Idee. Ich bin sicher, der neue Befehlshaber wird sich über die Unterstützung freuen«, erklärte sie mit einem Lächeln und bemerkte, wie sich die Wangen des jungen Mannes leicht röteten.
    Er sah sie jedoch nicht an, sondern blickte unverwandt auf die Arbeiten. Aufseher liefen neben den Kolonnen her und gaben Anweisungen.
    Und wo ist der Navarch?
    Bei diesem Gedanken bemerkte Teleri, daß sich Dierna plötzlich aufrichtete und die Hand über die Augen legte. Allectus zügelte seine Stute. Auch er war aufmerksam geworden. Teleris Augen folgten seinem Blick. Ein Offizier näherte sich ihnen. Er trug eine elegante rote Tunika und einen goldenen Gürtel mit einer großen Bronzeschnalle. Neben ihm ging ein gedrungener Mann in der ärmellosen Tunika eines Matrosen, die von der Sonne so ausgebleicht war, daß man ihre Farbe nicht mehr erkennen

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