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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Ordnung zu dienen, indem du sie verteidigst.«
    »Ich habe dem römischen Kaiser die Treue geschworen ... « erwiderte Carausius tonlos. »Warum hat man mir das gezeigt? Ich bin kein König.«
    Dierna lächelte. »Auf den Titel kommt es nicht an, sondern nur auf die Entschlossenheit. Du hast dein Leben dieser Aufgabe bereits geweiht, als du bei der Weihe des Bodens für die neue Festung dein Blut gegeben hast. Du hast die Seele eines Königs, und durch sie bist du mit den Mysterien verbunden. Ich glaube, der Tag wird kommen, an dem du dich deinem Schicksal stellen mußt.«
    Er stand auf, und sie spürte, wie sich sein Geist vor ihr verschloß. Dieser Mann besaß Kraft, auch wenn sie in diesem Leben nicht ausgebildet und verfeinert worden war. Dierna hatte ihm einen Einblick gewährt, wie die Göttin es von ihr verlangte. Die Entscheidung mußte er selbst treffen, und sie würde sich damit abfinden, wie immer sie ausfiel. Wortlos ging sie ihm voraus den Hügel hinunter.

    Am nächsten Morgen überbrachte der Fährmann eine dringende Nachricht für Carausius. Der Navarch nahm die Papyrusrolle aus dem Leder und brach das Siegel auf.
    »Die Sachsen?« fragte sie, als sie sah, wie sich sein Gesichtsausdruck veränderte.
    Er schüttelte den Kopf und seufzte. Es klang nach einer Mischung aus Zorn und Verzweiflung. »Nein, nicht die Sachsen. Die Botschaft kommt von den Räubern in Rom! Sie fordern meine Abberufung und wollen mich vor Gericht stellen. Man wirft mir vor, den Piraten beim Plündern freie Hand zu lassen und erst einzugreifen, wenn es zu spät ist. Und noch schlimmer, angeblich besteht zwischen mir und den Sachsen eine geheime Absprache, und ich bereichere mich an der Beute!«
    »Aber du hast das Geld zur Verteidigung von Britannien verwendet!«
    »Gewiß! Aber wird man mir glauben? Man befiehlt mir, nach Rom zurückzukehren. Dort will man mir den Prozeß machen. Selbst bei einem Freispruch werde ich anschließend an das andere Ende der Welt versetzt. Man wird mich auf keinen Fall nach Britannien zurückkehren lassen.«
    »Dann bleib hier!« rief Dierna.
    Carausius schüttelte den Kopf. »Ich habe dem Kaiser Treue geschworen ... «
    »Du hast dem Land Treue geschworen, und wie du inzwischen weißt, hast du noch andere Bindungen. Du mußt das alte Wissen schützen. Ich frage dich, gibt es in Diocletians Heeren einen anderen, der diese Aufgabe übernehmen könnte?«
    Er schüttelte den Kopf. »Wenn ich mich weigere, dem Befehl nachzukommen, bin ich ein Rebell. Und das bedeutet einen Bürgerkrieg.«
    »Wer kann dich an der Erfüllung deiner Pflichten hindern? Maximian kämpft am Rhein gegen die Franken und Diocletian an der Donau gegen die Goten. Sie haben keine Truppen, um ihren Willen einem Navarchen aufzuzwingen, der, was immer sie auch glauben mögen, ihr Reich verteidigt.« Als er etwas erwidern wollte, hob sie die Hand. »Wenn es zum Krieg kommen sollte, dann wird es nicht das erste Mal sein. Diocletian war der Sohn von Sklaven. Seinen Aufstieg hat ihm eine Druidenpriesterin in Gallien prophezeit. Meine Worte besitzen nicht weniger Autorität als ihre.«
    Er hob abwehrend beide Hände. »Ich möchte nicht Kaiser werden!«
    Dierna lächelte. »Geh zu deiner Flotte zurück, Carausius. Finde heraus, ob deine Männer dich unterstützen werden. Ich bete zu den Göttern, daß sie dich beschützen. Wenn es zum Kampf kommt, wirst du vielleicht feststellen, daß dir keine andere Wahl bleibt, als die Früchte des Sieges zu ernten!«

    Der Sommer verging, und es wurde langsam Herbst. Dierna erfuhr, daß Carausius die Anschuldigungen zurückgewiesen hatte und sich weigerte, den Befehlen Diocletians Folge zu leisten, ohne sich offen gegen den Kaiser zu stellen. Diernas Prophezeiung erfüllte sich, denn offenbar fanden sich Diocletian und Maximian mit der Lage ab. Carausius empfand es vermutlich als einen Segen, daß er seinen Kurs weiter verfolgen konnte, ohne daß es zum Krieg gegen Rom kam. Er dezimierte die räuberischen Sachsen weiter, verfolgte mehrmals sogar ihre Schiffe auf dem Rückweg nach Germanien und zerstörte ihre Dörfer, die sie auf Inseln in den Sümpfen errichtet hatten.
    Auch im nächsten Jahr blieb alles beim alten. Den Kaufleuten in Britannien war es noch nie so gut gegangen, denn sie hatten keine Verluste mehr durch Plünderungen zu befürchten. Die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage machte sich bald in der ganzen Provinz bemerkbar. Die Menschen begriffen allmählich, welchen Nutzen die

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