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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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zahlenmäßige Ungleichgewicht durch Beweglichkeit wettmachen und schneller sein als der Gegner, damit sie seine Schiffe rammen und versenken konnte.
    Aber Carausius war zu klug, um sich siegessicher zu fühlen. Die Piraten, gegen die sie sonst kämpften, waren gute Seeleute. Als Krieger strebte jeder von ihnen nach persönlichem Ruhm anstatt dem gemeinsamen Sieg. Das machte sie schwach. Aber die Mannschaften von Carausius hatten noch nie gegen einen disziplinierten römischen Gegner gekämpft. Maximian wiederum kannte den tückischen Kanal nicht, und das konnte bereits über Sieg oder Niederlage entscheiden.
    Carausius merkte, daß seine Leute ihn beobachteten. Er beendete das Gebet und schloß die Türen des Schreins. Menecrates nahm das Weihrauchgefäß und warf die glühende Kohle über Bord. Der Navarch sah sich um und lächelte. Er hatte ein gutes Schiff, vom Rammbock aus Bronze direkt unter der Wasseroberfläche bis hin zu den schweren Leinensegeln. Auch auf seine Mannschaft konnte er sich verlassen. Die Schiffsoffiziere hatten zwei Jahre Erfahrungen im Kampf gegen die Piraten gesammelt, zwei Dutzend langgediente Legionäre und einhundertsechzig freie Ruderer hatten gelobt, Britannien zu verteidigen. Darüber hinaus gewährten ihm die Götter einen sonnigen Tag. Nur ein paar weiße Wölkchen zogen über den Himmel. Die weiße Gischt auf den Wellen betonte das klare tiefe Blau des Wassers. Es war alles bereit, um entweder in den Tod zu gehen oder den Sieg zu feiern.
    Carausius hätte gerne Allectus an seiner Seite gehabt, der ihm mit seinem Verstand und dem spöttischen Humor so manche düstere Stunde etwas freundlicher gemacht hatte. Der junge Mann erwies sich in der Tat als ein Meister, wenn es um Organisation, Geld und Vorräte ging. Er hatte sich seinen festen Platz im persönlichen Stab des Navarchen verdient, aber auf dem Wasser hielt er es nicht aus.
    Möwen flogen kreischend um die Segel und dann landwärts; sie waren räuberischer als alle sächsischen Piraten. Nur Geduld , dachte der Navarch, bald genug werdet ihr fette Beute finden ...
    Der Proreta am Bug rief etwas. Carausius legte schützend die Hand über die Augen und blickte auf das Wasser.
    »Der Zweimaster!« rief der Mann noch einmal. »Er kommt mit voller Kraft auf uns zu!«
    »Das Signal?« fragte der Navarch knapp und eilte zwischen den Ruderbänken nach vorne.
    »›Feind in Sicht!‹«
    Jetzt sah auch Carausius die schwankenden Masten und die weiße Gischt, die unter dem Schlag der Ruder aufschäumte. Das Schiff kam schnell näher, auf gleicher Höhe mit der Orion drehte es bei.
    »Die Stärke?« rief der Navarch und hielt sich mit beiden Händen an der Reling fest.
    »Drei Schwadrone ... Sie kreuzen gegen den Wind und kommen nur langsam voran ... «
    Carausius nickte. Damit war Teleris Vision bestätigt. »Sie bereiten sich darauf vor, in Portus Adurni anzulegen, und wollen bis zum Einbruch der Dunkelheit vor der Küste liegen bleiben. Sie hoffen, uns zu überraschen. Aber statt dessen werden wir ihnen eine Überraschung bereiten!« Er drehte sich um und rief: »Zieht den Schild hoch!«
    Ein vergoldeter Schild wurde nach oben gezogen. Er blitzte in der Sonne wie eine Sternschnuppe. Der blendende Schein stellte ein gewisses Risiko dar, aber selbst wenn die Römer auf das Blitzen über dem Wasser aufmerksam werden sollten, würde es ihnen schwerfallen, das Rätsel zu lösen, wenn am Horizont keine Segel zu sehen waren. Hinter ihm rollten die Seeleute die Plane zusammen, die den Ruderern Schutz gegen die Sonne bot. Die Legionäre griffen nach den Schwertern, und die Ruderer der mittleren und oberen Bankreihen nahmen ihre Plätze ein.
    Das Klatschen der Wellen schien überlaut, als sich plötzlich Stille ausbreitete. Ein Schatten glitt über das Vordeck. Carausius hob den Kopf und sah die dunkle Silhouette eines Seeadlers. Die Sonne stand beinahe direkt über dem Schiff. Der riesige Vogel schwebte über das Schiff, schlug langsam mit den langen Schwingen und kreiste dann einmal, zweimal, dreimal über ihnen, stieß einen Schrei aus und flog schnell wie der Wind nach Westen, als wolle er die Britonen dem Feind entgegenführen.
    Menecrates rief staunend: »Ein Omen ... «
    »Ja, der Herr des Himmels gibt sie uns in die Hand. Vorwärts! Der Adler weist uns den Weg!«
    Das Deck erzitterte unter seinen Füßen, als sich die Ruder hoben und wieder ins Wasser tauchten. Die Orion bewegte sich schneller vorwärts; sie schaukelte ein wenig und glitt

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