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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Fruchtbarkeitsfest. Manche lachten und sagten, es gäbe keinen rituellen Grund, das zu verbieten. Allerdings müsse man sich schon in Trance befinden oder tatsächlich vor Leidenschaft entbrannt sein, wenn man sich in dieser kalten Jahreszeit freiwillig mit einem Mann auf die Erde legte.
    Nur Viviane machte sich immer noch Sorgen. Sie erinnerte sich zu deutlich daran, wie Ana bei Igraines Geburt gelitten hatte, und das lag fünf Jahre zurück. Konnte sie noch eine Geburt überleben? Sie schlug ihrer Mutter sogar vor, die Kräuter der Priesterinnen zu benutzen, mit deren Hilfe man die Leibesfrucht abstoßen konnte. Doch Ana entgegnete erbost, Viviane sei eifersüchtig und wolle die ganze Aufmerksamkeit für ihr eigenes Kind beanspruchen. Darauf entbrannte ein so heftiger Streit wie schon seit Jahren nicht mehr. Danach schwieg Viviane.
    Kurz vor dem Briga-Fest, wenn sich die ersten Zeichen des Frühlings hätten zeigen sollen, setzten die Stürme ein. Drei Tage lang peitschten Sturmböen die Baumwipfel und trieben Wolken wie ein geschlagenes Heer vor sich her. Als sich der Wind endlich legte, überließ er das hilflose Land dem Regen.
    Es regnete den größten Teil des Briga-Monats und bis in den Monat Mars hinein. Platzregen wechselte mit Nieselregen ab. Die Sonne kam nur selten hervor. Das Wasser stieg Tag für Tag, bis die normale Höhe überschritten war und sich den Hochwassermarken näherte, die an Überschwemmungen in alter Zeit erinnerten.
    Das Stroh und Schilf der Dächer war von Nässe vollgesogen. Das Regenwasser schwappte über Türschwellen und Fensterstürze. Auf den Fußböden bildeten sich Pfützen. Es schien unmöglich, Kleider zu trocknen. Die Luft war so feucht, daß selbst auf den Steinen auf dem Tor Moos wuchs. An den meisten Tagen hingen die Wolken so tief, daß man nicht einmal das Ufer sehen konnte. Wenn sich die dunklen Regenwolken etwas hoben, gaben sie den Blick auf eine Welt aus zinnfarbenem Wasser frei, das sich bis zur Mündung der Sabrina und dem Meer erstreckte.
    Nur die heiligen Inseln und die Höcker der Polder ragten noch aus der Flut und im Norden die fernen Hügel von Mendip.
    Auf Inis Vitrin befürchteten die Mönche, ihr Gott habe beschlossen, eine zweite Sintflut zu schicken, um die Menschheit zu vernichten. Selbst auf Avalon wurden Zweifel über die eigenmächtige Entscheidung der Herrin laut. Doch die Zeit war vorbei, in der sie sich gefahrlos von dem Kind hätte befreien können. Während alle anderen bleich und mager wurden, blühte die Herrin von Avalon auf, als habe ihr die Schwangerschaft die Jugend wiedergeschenkt.
    Viviane litt in diesem feuchten und schrecklichen Frühjahr. Wie immer wurde um die Tagundnachtgleiche die Nahrung knapp. In diesem Jahr verschlechterte sich die Lage, weil das Wasser einen Teil der Vorräte verdorben hatte. Sie aß ihren Anteil, weil sie an ihr Kind dachte. Aber obwohl ihr Leibesumfang zunahm, wirkten Arme und Beine wie Stöcke, und sie fror ständig.
    Nach Beltane, so sagte man, werde alles wieder besser. Wenn Viviane über die weit vorgewölbte Rundung ihres Bauchs blickte, konnte sie nur zustimmen, denn in diesem Monat würde sie das Kind zur Welt bringen. Doch bevor das warme Wetter Sonnenschein brachte, brach die heimtückische Krankheit aus. Man bekam leichtes Fieber, hatte Schwindelgefühle und alle Muskeln schmerzten. Bei Alten und Schwachen - davon gab es nur allzu viele - wurde daraus Lungenentzündung, die sie schnell dahinraffte.
    Nectan starb, und die Druiden wählten Taliesin zu seinem Nachfolger. Auch die alte Elen verlor das Leben, und das kam nicht unerwartet. Aber als Julia ihr folgte, waren alle erschüttert. Die kleine Igraine wurde krank und ließ sich von niemandem außer ihrer Schwester pflegen. Kaum befand sie sich nicht mehr in Gefahr, spürte Viviane selbst die ersten Anzeichen der Krankheit.
    Sie saß am Feuer, das scheinbar nicht die Kraft hatte, sie zu wärmen, und überlegte, welche Kräuter sie als Heilmittel benutzen könnte, ohne das Kind zu gefährden. Plötzlich ging die Tür auf, und ihre Mutter kam herein. Regentropfen glitzerten auf Umhang und Haaren. In den dunklen Locken zeigten sich silberne Strähnen, aber bei Ana wirkten sie wie Schmuck, nicht wie ein Zeichen des Alters. Sie schüttelte das Wasser vom Umhang, hängte ihn an einen Haken und sah ihre Tochter an.
    »Wie geht es dir, mein Kind?«
    »Ich habe Kopfschmerzen«, erwiderte Viviane niedergeschlagen. »Wenn es etwas zu essen gäbe, das mir

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