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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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bevorstehenden Feierlichkeiten wieder frisch zu sein. Sie mußte sich nichts vorwerfen, das beteuerten alle.
    Doch keine tröstlichen Entschuldigungen konnten etwas daran ändern, daß Eilan vor zehn Jahren gestorben war, weil Caillean Vernemeton nicht rechtzeitig erreicht hatte. Jetzt lag Eilans Sohn, auf den sie ihre ganze Hoffnung gesetzt hatte, im Sterben, weil sie nicht bei ihm gewesen war, als er ihre Hilfe am meisten gebraucht hatte. Was konnte sie tun, um dieses Unglück abzuwenden?
    »Kann man ihn von hier wegbringen?« fragte Riannon.
    »Vielleicht«, antwortete Marged, die Fähigkeiten als Heilerin besaß. »Aber nicht weit. Es wäre besser, einen Schutz um ihn herum zu bauen. Wenn wir den Speerschaft durchtrennen, können wir ihn auf den Rücken legen. Das wird ihm Erleichterung verschaffen.«
    »Läßt sich der Speer nicht herausziehen?« fragte Ambios tonlos.
    »Wenn wir das tun, stirbt er auf der Stelle.«
    Schnell und ohne zu wissen, was mit ihm geschehen ist , dachte Caillean. Wenn er jedoch wieder zu Bewußtsein kommt, wird er große Schmerzen haben .
    Sie wußte, wie der Tod für jemanden mit einer verletzten Lunge aussah. Es wäre sehr viel barmherziger gewesen, den Speer sofort aus dem Körper zu entfernen. Aber Gawen war der Pendragon, auch wenn er nur sehr kurz in Erscheinung getreten war. Der Tod von Königen und Eingeweihten ließ sich nicht mit dem Sterben anderer vergleichen.
    Sianna muß Gelegenheit haben, Abschied von ihm zu nehmen ...
    In ihrem Herzen wußte Caillean jedoch, daß sie auf ein letztes Wort von ihm hoffte und ihm deshalb einen schnellen Tod versagte.
    »Bringt die Blätterhütte hierher, die ihr heute morgen für ihn gemacht habt. Wir werden den Speerschaft durchtrennen und seine Wunden verbinden, so gut es geht.«
    Caillean richtete sich auf und schritt langsam um den Ring der Steine. Als Gawen gegen die Römer gekämpft hatte, nutzten die Nazarener die Gelegenheit, um das Werk der Zerstörung fortzusetzen. Beide Säulen waren umgestürzt und drei der kleineren Steine. Als die Hohepriesterin den Riß im Altarstein entdeckte, sank ihre Zuversicht. Nach alter Gewohnheit bewegte sie sich in der Richtung der Sonne. Die Kräfte, die auf diese Weise geweckt werden sollten, um ungehindert von Stein zu Stein zu fließen, blieben jedoch verschwommen und richtungslos. Der Tor war wie der König verwundet, und seine Kraft sickerte aus den entweihten Steinen.
    Cailleans Schritte wurden langsamer, als sei ihr Herz nicht länger bereit, das Blut durch die Adern zu pumpen. Sie fühlte plötzlich eine Schwäche und glaubte, die Beine würden ihr den Dienst versagen.
    Vielleicht werde auch ich bald sterben ...
    Der Gedanke erschien ihr in diesem Augenblick eher tröstlich als bedrohlich.
    Gawen lag außerhalb des Rings. Die Priesterinnen hatten ihn gewaschen und seine Wunden verbunden. Er lag auf einer Bahre, die mit Fellen weich gepolstert war.
    Sianna saß an seiner Seite und ließ ihn nicht aus den Augen. Er blutete nicht mehr, aber der Speer steckte noch immer in seiner Brust. Sein Geist irrte an der Grenze zwischen Tod und Traum umher.
    Caillean zwang sich, nicht umzukehren und sich davon zu überzeugen, daß er noch lebte. Wenn er das Bewußtsein wiedererlangte, würde man sie sofort rufen. Sie wollte Sianna nicht bei der inneren Zwiesprache stören, die sie mit ihm führte.
    Die untergehende Sonne tauchte das Land in Gold. Der aufsteigende Dunst schimmerte unwirklich schön. Caillean sah auf dem Wasser und in den Sümpfen keine Bewegung. Auch auf den Wiesen und den baumbestandenen Hügeln der Inseln regte sich nichts. Wohin sie auch blickte, alles wirkte friedlich und ruhig.
    Das ist eine Illusion , dachte sie. Das Land sollte an diesem Tag von Sturm und Feuer heimgesucht werden .
    Als ihr Blick auf die Hütten um die kleine Kirche der Nazarener unten im Tal fiel, mußte sie zu ihrer eigenen Überraschung gegen eine Welle des Hasses ankämpfen. Paulus hatte endgültig den Traum zerstört, die beiden Gemeinschaften könnten friedlich nebeneinander leben und auf verschiedenen Wegen demselben Ziel zustreben. Vater Joseph hatte wie sie daran geglaubt, aber auch das war eine Illusion gewesen.
    Dort unten war niemand zu sehen. Das kleine Volk hatte ihr berichtet, daß die Mönche davongelaufen waren, als sich die Dunkelheit ausgebreitet hatte. Sie flehten verzweifelt ihren Gott an, sie vor den Dämonen zu retten, deren Zorn sie auf sich gezogen hatten.
    Weit entfernt von der Kirche

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