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Die Herrin von Rosecliffe

Die Herrin von Rosecliffe

Titel: Die Herrin von Rosecliffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rexanne Becnel
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- mit wirren grauen Haaren und nackten Beinen unter dem kurzen Hemd, in dem er geschlafen hatte.
    »Ergebt Euch, Osborn de la Vere!«, forderte Rhys ihn stolz auf. »Ich bin Rhys ap Owain, der neue Herr von Rosecliffe. Ergebt Euch mit Euren Soldaten, wenn Ihr nicht sterben wollt.«
    Osborn starrte ihn ungläubig an. »Rhys ap Owain? Du bist als Spielmann Reevius zu uns ... « Er vollendete den Satz nicht. »Wo ist Isolde? Was hast du mit ihr gemacht?« Sein Gesicht spiegelte außer ohnmächtigem Zorn auch tiefe Sorge wider.
    Rhys grinste. »Das könnt Ihr sie selbst fragen, wenn Ihr Eure Waffe niederlegt.«
    »Ist sie verletzt? Wenn du ihr irgendetwas zuleide getan hast ... «
    »Was dann? Aber Ihr braucht keine Angst zu haben, alter Mann. Ich habe ihr nichts zuleide getan. Legt das Schwert nieder und ergebt Euch -mir. Dann werde ich Euch erlauben, sie zu sehen.«
    Der alte Ritter schaute sich um. Es gab keine Möglichkeit die Waliser zu überwältigen, das war ihm klar. Verächtlich schleuderte er sein Schwert auf den Boden. Die anderen Männer folgten widerwillig seinem Beispiel.
    Linus sammelte die Waffen ein. »Bringt sie in den Kerker«, befahl Rhys seinem Freund Glyn. »Linus wird euch zeigen, wie man dorthin kommt.«
    »Und was ist mit Isolde?«, fragte Osborn empört.
    »Ich werde sie zu Euch bringen«, erwiderte Rhys. »Sobald ich die Burg gesichert und meine erste Mahlzeit als Herr von Rosecliffe eingenommen habe, werdet Ihr sie sehen.«
    »Du Bastard!« Osborn wollte sich auf Rhys stürzen, doch drei Waliser hielten ihn fest. »Du Hundesohn! Rand hätte dich vor zehn Jahren hängen sollen, als er die Gelegenheit dazu hatte!«
    Rhys grinste zufrieden. »ja, das hätte er tun sollen. Es war ein schwerer Fehler von ihm, mich stattdessen in die Verbannung zu schicken - und jetzt wird er teuer dafür bezahlen. Schafft sie weg«, wies er seine Leute wieder an.
    Die Kaserne leerte sich. Nur Rhys blieb zurück und atmete tief durch.
    Er hatte es vollbracht.
    Entgegen aller Wahrscheinlichkeit hatte er Rosecliffe eingenommen, die englische Garde gefangen genommen und durch walisische Patrioten ersetzt. Und er hatte das geschafft, während die übrigen Burgbewohner ahnungslos schliefen. Wenn er gläubig wäre, würde er jetzt zweifellos überzeugt sein, Gott habe ihn in dieser Nacht gesegnet ihm zuerst die Eroberung einer attraktiven Jungfrau und sodann die Eroberung der Festung beschert.
    Aber Gott hatte mit der ganzen Sache nichts zu tun, dachte Rhys, während er sich mit den Fingern durch die langen Haare fuhr. Seinen heutigen Erfolg verdankte er nur der eigenen Beharrlichkeit und er hatte ihn teuer erkauft: mit zwanzig Jahren hartem Überlebenskampf, zuerst in den hiesigen Wäldern, dann im verhassten England. Auf diesen Tag der Rache hatte er sein Leben lang gewartet. Eigentlich hätte er jetzt überglücklich sein müssen. Warum war er es nicht? Warum verspürte er keine tiefe Genugtuung?
    Nachdenklich strich er über seinen Bart und glaubte des Rätsels Lösung zu erkennen. Er war äußerlich immer noch - der Spielmann Reevius. Er musste wieder Rhys ap Owain werden und einen Fitz Hugh vor sich haben, um seinen Triumph richtig genießen zu können.
    Ein hämisches Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Was er jetzt brauchte, war ein Bad und eine gründliche Rasur. Danach würde er das einzige Mitglied der Familie Fitz Hugh aufsuchen, das zur Zeit in Rosecliffe weilte. Und wenn die verwöhnte, hochmütige Isolde vor Angst zitterte, würde er schallend lachen ...
    Isolde hatte nur sehr wenig gehört: dumpfe Geräusche und eine leise Stimme auf dem nahe gelegenen Wehrgang. Ob es eine englische oder walisische Stimme gewesen war, hatte sie nicht erkennen können, und so lag sie denn im Dunkeln herum, verfluchte Rhys ap Owain, flehte Gott -um Hilfe an und stöhnte über ihre eigene Dummheit.
    Wie hatte sie nur so blind sein können? Warum hatte sie die Ähnlichkeit nicht gesehen? Die schwarzen Augen, das arrogante Auftreten ... Sie hätte ihn erkennen müssen!
    Sie hätte auf Osborn hören sollen.
    Er hatte die Spielleute nicht in die Burg einlassen wollen. Aber sie war so verdammt selbstsicher gewesen, hatte sich in der Rolle der Burgherrin so wichtig und tüchtig gefühlt! jetzt musste sie für ihren Hochmut büßen ...
    Immer wieder zerrte sie an ihren Fesseln, aber der Versuch sich zu befreien war genauso vergeblich wie ihre Bemühungen, nicht an den schlimmsten Fehler zu denken, den sie begangen hatte.

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