Die Herrin von Rosecliffe
Sie hatte ihre Unschuld einem Mann geopfert den sie seit ihrer Kindheit hasste. In grenzenloser Naivität war sie auf sein gutes Aussehen, seine tiefe Stimme und seinen intensiven Blick hereingefallen. Sie war sogar töricht genug gewesen, zu glauben, er hätte das Herz eines Poeten.
Tränen brannten in ihren Augen und liefen ihr über die Wangen. Sie schämte sich in Grund und Boden, in den Armen des Schurken grenzenlose Lust erlebt zu haben - auch nachdem sie ihn schon erkannt hatte! Noch schlimmer war jedoch, dass sie sich eingebildet Latte, den Spielmann nicht nur zu begehren, sondern auch zu lieben.
Draußen war wieder eine Stimme zu hören, gefolgt von Gelächter. Isolde spitzte die Ohren. Hatte die Garde von Rosecliffe Rhys' Pläne vereitelt? War er gefangen genommen und ins tiefste Verlies geworfen worden? Sie hoffte es von ganzem Herzen, betete inbrünstig, dass es so sein möge.
Doch dann vernahm sie ganz deutlich eine Stimme eine fröhliche walisische Stimme. »Ha, Dafydd, was für eine Nacht, stimmt's?«
»Stimmt. Eine gute Nacht für Cymru. Eine schlechte Nacht für die, Fitz Hughs«, lachte der Mann namens Dafydd.
Isoldes Hoffnungen starben einen schnellen, brutalen Tod. Rhys ap Owain hatte gewonnen!
Ihr blieb wenig Zeit diese schreckliche Tatsache zu verkraften, denn kurz darauf waren auf der Treppe schwere Schritte zu hören, die immer näher kamen. Sie drehte den Kopf zur Seite, um die Tür sehen zu können, die im nächsten Augenblick weit geöffnet wurde. Ein eisiger. Schauer lief ihr über den Rücken, als eine große, breitschultrige Gestalt auftauchte. Das war er. Sie wusste es, obwohl sie im Dunkeln nur eine vage Silhouette erkennen konnte.
Er betrat das Zimmer und schloss die Tür. Stahl klirrte gegen einen Feuerstein. Beim dritten Versuch sprühten Funken, und eine Kerze wurde entzündet, dann. zwei weitere ...
Im Raum wurde es heller. Der Mann drehte sich um. Isolde hielt den Atem an. Er hatte sich umgezogen, trug jetzt den Lederhamisch eines Kriegers und hohe Stiefel, hatte sich mit einem langen Schwert und einem dünnen Dolch gegürtet.
Wie hatte sie ihn jemals für einen harmlosen fahren den Sänger halten können? Der muskulöse Körper hätte ihr sofort verraten müssen, dass dieser Mann kampferprobt war, dass er zwar meisterhaft Laute spielte, aber ebenso meisterhaft mit dem Schwert umzugehen verstand.
Dann hielt er den Kerzenleuchter höher, sie sah auch sein Gesicht und das Blut gefror in ihren Adern. Die langen wirren Haare und der struppige Bart mit denen er sich maskiert hatte, waren verschwunden. Dieses Gesicht hätte sie sofort erkannt. In den letzten zehn Jahren war es natürlich viel härter und markanter geworden, aber das Bild des jungen Burschen, der sie damals entführt hatte, war unauslöschlich in ihr Gedächtnis eingebrannt. Trotzdem hatte er sie mühelos hinters Licht geführt und als Entschuldigung für ihren folgenschweren Irrtum könnte sie allenfalls anführen, dass sie sich verzweifelt nach einem attraktiven Mann gesehnt hatte. Und Rhys ap Owain war sehr attraktiv, ob mit Bart oder ohne, das gestand Isolde sich sogar jetzt widerwillig ein. Das Gesicht eines strengen Erzengels, gepaart mit der schwarzen Seele eines Teufels ...
Ihr Herz klopfte zum Zerspringen, und wieder wurde sie von Selbstvorwürfen gepeinigt. Sie hätte misstrauischer sein müssen. Sie hätte nicht so eingebildet sein sollen. Sie hätte ihrem Vater gehorchen und Mortimer Halyard heiraten sollen. Eitelkeit und Dummheit waren ihr zum Verhängnis geworden. Und nicht nur ihr selbst - noch viel, viel schlimmer war, dass sie auch ihre ganze Familie ruiniert hatte.
Als hätte Rhys ihre Gedanken gelesen, grinste er auf sie herab wie ein schönes Raubtier, das mit seiner Beute spielt und genau weiß, dass sie ihm nicht entkommen kann.,
»Dies ist ein großer Tag für Rosecliffe, Isolde!«, erklärte er. »Die Waliser haben zurückerobert was ihnen einst geraubt wurde.«
Rhys stellte den Leuchter auf ihrem Nachttisch ab.* Sie schloss die Augen, um den wölfischen Triumph in seinem Gesicht nicht sehen zu müssen, riss sie aber wieder weit auf, als er sich auf die Bettkante setzte.
»Ich habe gesiegt«, fuhr er mit etwas heiserer Stimme fort. »Und du weißt bestimmt dass der Sieger sich alles nehmen darf, was er begehrt ... «
Kapitel 10
Sie fürchtete sich vor ihm. Ihre grauen Augen waren weit aufgerissen, in den dichten Wimpern schimmerten halb getrocknete Tränen. Als Rhys sich
Weitere Kostenlose Bücher