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Die Herrin von Rosecliffe

Die Herrin von Rosecliffe

Titel: Die Herrin von Rosecliffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rexanne Becnel
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erotischen Bildern jener Nacht verfolgt werden?
    Jene Nacht ...
    Ihre Mutter hatte sie über die körperliche Vereinigung von Mann und Frau aufgeklärt doch damals hatte Isolde in ihrer Naivität geglaubt, nur Ehepaare würden miteinander ins Bett gehen. Hatte ihre Mutter in den nüchternen Erklärungen jemals von Lust gesprochen? Hatte sie ihre Tochter vor den Folgen verlorener Unschuld gewarnt? Isolde konnte sich nicht daran erinnern, aber bis vor wenigen Tagen hätte sie sich unter den Worten Lust und Begierde sowieso nichts vorstellen können. Erst Rhys hatte ihre Sinne geweckt - und jetzt wurde sie von quälenden Fantasien verfolgt ...
    »Sing den Text«, verlangte er leise, und seine tiefe Stimme hatte einen fast beschwörenden Klang. Sein warmer Atem streifte ihre Wange, und das genügte, um sie erbeben zu lassen.
    »Du ... du verlangst zu viel von mir«, stammelte sie. »Ich kann nicht singen, wenn ich so ... so verstört bin. « Es war ein schwerer Fehler, dass sie ihn dabei ansah, denn die schwarzen Augen hypnotisierten sie sofort wieder.
    »Du warst auch verstört, als du das Wandgemälde entworfen hast. Trotzdem - oder gerade deshalb - ist dir eine großartige Zeichnung gelungen. Leidenschaftliche Gefühle verleihen deiner Kunst zusätzliche Ausdruckskraft, glaube ich. Spiel und sing für mich, Isolde. Reagier deine stürmischen Emotionen mit Musik ab. Wir werden ja sehen, was dabei herauskommt.«
    Rhys strich über die Saiten und berührte dabei scheinbar zufällig ihre Finger. Ein heißer Schauer lief ihr über den Rücken. »Also gut«, murmelte sie. »Also gut. Nur ... nur lass mir mehr Luft zum Atmen.«
    Er lachte, rückte aber gehorsam etwas von ihr ab und zog seine Hand zurück. Dann streckte er seine langen Beine aus und faltete zufrieden die Hände auf dem Bauch. Dennoch war sie sich seiner Nähe qualvoll bewusst und dachte wieder bestürzt und beschämt, dass sie irgendwie abartig veranlagt sein musste. Wie konnte man einen Mann abgrundtief hassen - und ihn trotzdem begehren?
    Sie atmete tief durch, spielte die Melodie und hoffte,
    dass ihre Stimme beim Singen nicht allzu sehr zittern würde. Nach den ersten gelungenen Tönen fasste sie Mut und konnte der Versuchung nicht widerstehen, den bekannten Liedtext etwas abzuwandeln, um Rhys zu ärgern, obwohl sie genau wusste, wie töricht es war, ihn zu reizen.
     
    Schlaf ein, mein Kind, schlaf ruhig, ein.
    Wölfe, stark und schön, eilen schon herbei,
    um alle Schrecken der Nacht zu verjagen.
    Morgen früh wirst du in Sicherheit sein.
    Geliebtes Kind in meinen Armen, fürchte dich nicht.
    Die Drachen der Finsternis sehen schrecklich aus,
    doch schon bald wird ihr Feuer erkalten,
    und morgen früh wirst du in Sicherheit sein.
     
    Isolde warf ihm einen verstohlenen Seitenblick zu, neugierig auf seine Reaktion. Zu ihrer großen Überraschung sah sie ein Lächeln auf seinen Lippen, so als amüsierte er sich köstlich über ein trotziges Kind. Es erboste sie, nicht ernst genommen zu werden, und vor Wut erfand sie für die dritte Strophe noch kühnere Worte.
     
    Schlaf ein, 'mein Kind, schlaf ruhig ein.
    Bald wird dein Vater bei uns sein.
    Dann werden die Köpfe der Drachen rollen,
    und du wirst in Sicher...
     
    Eine harte Handkante schlug auf die Saiten und setzte der Musik ein jähes Ende.
    »Hat mein Lied ' dir nicht gefallen?«, fragte Isolde mit einer Unschuldsmiene.
    »Der Text ist unklug«, erwiderte Rhys kühl. »Aber er bestätigt meine Vermutung, dass Leidenschaft deine künstlerische Fantasie beflügelt.«
    Seine große Hand legte sich auf ihre zarten Finger, und es gelang ihr nicht, sie aus seinem Griff zu befreien. Diese Hand war heiß und schwielig, während die Laute sich unter ihren Fingern glatt und kalt anfühlte. Wie die beiden Seiten dieses gefährlichen Mannes, schoss ihr durch den Kopf. Ein Mann, wie er widersprüchlicher nicht sein konnte ... Ein gnadenloser Krieger und ein romantischer fahrender Sänger, vereint in einer Person. Unter Aufbietung aller Willenskraft riss sie sich von seinen funkelnden Augen los und murmelte verwirrt: »Andere Lieder kann ich nicht spielen ... «
    »Dann werde eben ich spielen, und du wirst singen.«
    Er nahm ihr die Laute ab, und sie atmete erleichtert auf, als seine Hand nicht mehr auf ihrer lag. Erst jetzt fiel ihr auf, dass es in der Halle sehr still geworden war. All Jene, die noch nicht zu Bett gegangen waren, starrten neugierig zu ihr und Rhys herüber. Isolde schnitt eine Grimasse. Das

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