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Die Herrin von Sainte Claire

Die Herrin von Sainte Claire

Titel: Die Herrin von Sainte Claire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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geschehen?« fragte sie. »Ein neues Heer steht vor den Mauern und kämpft vor dem Burgtor. Die einzigen Männer, die sich noch im Inneren der Burg befinden, sind die Wachen vor dem Toreingang.«
    Mathilde drängte sich vor ihre ältere Schwester und faßte Alaine am Arm. »Bist du wohlauf?«
    »Ja«, antwortete Alaine etwas besänftigt. »Es geht mir gut.«
    »Bist du … bist du mit Gilbert …?«
    »Vermählt?« Alaine beendete den Satz für sie. »Nein. Und das wird auch nicht stattfinden. Nicht, wenn ich es verhindern kann!«
    »Ach, Alaine!« Mathilde runzelte die Stirn in banger Vorahnung. Sie kannte ihre draufgängerische Stiefschwester nur allzugut. »Was hast du vor?«
    Judith begann zu weinen. Die Ereignisse des Tages hatten das Mädchen von nur sieben Jahren überfordert. Joanna breitete die Arme aus und umschlang ihr kleines Mädchen. »Schon gut, schon gut, mein Kleines.«
    Aufgebracht betrachtete Alaine die jammervolle Szene. »Ich werde kämpfen! Ja, genau das werde ich tun!«
    »Was wirst du tun?« Joanna reichte Judith an Mathilde weiter und folgte Alaine aus der Burgkapelle und quer durch den großen Saal. Ihre Stiefmutter und ihre Stiefschwestern hasteten ängstlich hinter ihr her. Sie aber schenkte ihnen keinerlei Beachtung, sondern stürmte die Treppen zu ihrem Gemach hinauf.
    »Augenblick, junges Fräulein!« befahl Joanna so streng es ihr möglich war. Bei ihren Töchtern hatte dieser Tonfall immer seine Wirkung erzielt, aber Alaine ließ er jedes Mal völlig ungerührt. So wie jetzt. Sie drängte sich hinter Alaine ins Gemach, ihre Töchter im Schlepptau. »Was hast du vor?«
    Alaine bedeutete Hadwisa, ihr das feine Seidengewand aufzubinden. »Ich werde das tun, was ich von Anfang an hätte tun sollen!« Sie stieg hastig aus ihrem Gewand und warf es achtlos zur Seite. »Ich wußte es, es ist sinnlos, in dieser Angelegenheit wie eine Frau zu handeln!« Sie zog das bestickte Untergewand aus, zog gewickelte Hosen aus Leder über, schlüpfte in ein Leinenhemd und zog darüber eine Tunika aus einfachem Wollstoff.
    Außer sich tappte Joanna mit dem Fuß auf den Boden. »Es hat keinen Zweck, Alaine. Ich weiß, dein Vater – Friede sei mit ihm – hat dich wie ein Mann erzogen, aber du nutzt unserer Sache überhaupt nicht, indem du einen hoffnungslosen Kampf kämpfst gegen Sir Gilbert und diesem neuen Heer, das unsere Mauern stürmt.«
    Alaine band die Wickelriemen um ihre Waden und ließ sich zu keiner Antwort herab.
    »Du machst dich zur Närrin!« kam Gunnor ihrer Mutter Joanna zur Hilfe. Ihre Stimme überschlug sich vor Angst. »Unsere einzige Hoffnung ist, daß der Sieger Ehrenmann genug ist, dich zu heiraten und uns hier auf unserem angestammten Platz zu lassen. Aber wenn du wie ein grober Kerl auf den Mauern herumspazierst, dann nimmt dich keiner zur Frau, der auch nur halbwegs bei Verstand ist. Wer immer den Sieg davontragen wird, er wird uns alle umbringen!«
    Alaine schnaubte geringschätzig. »Wie ungemein großzügig du mit meinem Erbe umgehst, liebes Schwesterlein!«
    »Dummkopf!« fauchte Gunnor. »Dein Vater ist tot, du mußt dir in jedem Fall einen Mann nehmen. Es ist doch gleichgültig, wer es ist, solange er die Landgüter gut bewirtschaften kann und die Burg verteidigt!«
    »Gunnor, halte deine Zunge im Zaum!« befahl ihr Joanna. »Nimm Mathilde und Judith mit dir und kehre zur Kapelle zurück. Betet für unsere Errettung vor diesen beiden Heeren.«
    Gunnor schmollte, aber tat dennoch, wie man ihr geheißen.
    Alaine trat auf die Ecktruhe zu und holte das leichte Kettenhemd hervor, das ihr Vater eigens für sie hatte anfertigen lassen. Daneben legte sie ihr Schwert, das noch blankgeputzt strahlte, sowie ihr Messer und einen wunderschön geschnitzten Kurzbogen und einen Köcher mit Pfeilen.
    Joanna sah, mit welcher Sorgfalt Alaine mit ihren Waffen und ihrer Rüstung umging. Stephen hatte dem Mädchen keinen Gefallen getan, indem er sie wie einen Sohn behandelt hatte, dachte Joanna. Er hatte falsche Erwartungen und Stolz in ihr geweckt und ihr die nötigen Tugenden der Entsagung und der Demut nicht beigebracht, um als Frau in einer Welt rauher Krieger zu überleben.
    »Gunnor hat recht, weißt du«, sagte sie sanft. »Unsere einzige Hoffnung liegt in deinen Vorzügen als Frau. Wer immer in diesem Kampf siegen wird, mit dir als seine Gemahlin wird er es leichter haben, Ste. Claire zu übernehmen und zu verteidigen.«
    »Ich lasse mich nicht zwingen!« wiederholte Alaine. »Ich bin es

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