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Die Herrin von Sainte Claire

Die Herrin von Sainte Claire

Titel: Die Herrin von Sainte Claire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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Heirat zu zwingen?« rief Rorik mit schallendem Gelächter. »Welcher Mann bei gesundem Menschenverstand würde sich ein schmalhüftiges, knabenhaftes Mädchen zur Frau nehmen, das Hosen trägt und wie ein Mann kämpft?«
    »Gilbert de Prestot zum einen«, erwiderte Joanna scharf, pikiert durch die Herabwürdigung Alaines. »Nur die Ankunft Eures Heeres hat die Hochzeitszeremonie unterbrochen.«
    »Dann schuldet mir Gilbert de Prestot einen Gefallen«, scherzte Rorik.
    »Mein Herr!« bat Joanna. »Seid bitte nicht so streng mit ihr. Wenn sie wüßte, wer Ihr seid, sie würde sich gewiß Eurem Willen beugen. Alaine kennt ihre Pflicht und Schuldigkeit.«
    »Nun, dann laßt sie es wissen, Himmeldonnerwetter! Es muß doch hier jemand auf der Burg geben, der die Stelle ihres Lagers kennt, das könnt Ihr nicht abstreiten. Herrgott! Wo habe ich bloß meinen Kopf? Warum habe ich nicht schon eher daran gedacht? Jemand hier weiß doch wo die kleine Hexe ihr Lager aufgeschlagen hat. Wie sonst haben die Leute auf der Burg den Weg zu ihr gefunden? Den schnappen wir uns schon. Und er wird mich schnurstracks zu ihr führen.«
    »Sir Rorik …!« flehte Joanna.
    »Ich werde es diesem hochnäsigen kleinen Frauenzimmer schon zeigen, einen Höherstehenden hinters Licht zu führen!« Entschlossen schritt er zur Kammertür und brüllte den Gang hinunter. »Sir Oliver! Sihtric! Herauf zu mir!«
     
    Niedergeschlagen beobachtete Alaine den Morgennebel, der sich spiralförmig um die Bäume wand. Sie saß da und kaute lustlos an einem kalten, faserigen Hasenbraten, ein Überbleibsel vom Vorabend. Auf dem Baumstumpf neben ihr saß Garin in ebenso verzagter Stimmung. »Heute reite ich nach Brix«, Verkündete sie plötzlich, der Entschluß war in dem gleichen Augenblick gefaßt, als sie ihn ausgesprochen hatte. »Ich brauche zwei Männer dazu. Wen immer Ihr entbehren könnt. Ich habe keine Lust, die lange Strecke ohne Begleitung zu reiten.«
    Garin seufzte. »Warum nach Brix reiten? Timothy hat noch nicht die Nachricht von Fulks Rückkehr überbracht.«
    »Ich glaube, Timothy hat unsere Sache aufgegeben. Fulk müßte jetzt schon zurück sein. Wenn nicht … nun, vielleicht versuche ich seine Gemahlin noch einmal davon zu überzeugen, daß es sich auszahlt, uns zu helfen.«
    Garin sah sie nur bekümmert an.
    Sie wandte ihren Blick betreten ab. »Es ist unsere einzige Hoffnung, Garin. Wir können unsere schwachen Kräfte nicht weiter an der Roriks messen. Wir sind wie Fliegen, die um einen Riesen herumschwirren. Früher oder später erschlägt er uns mit der Klatsche.«
    »Ich fürchte, ich habe alles nur verschlimmert, als ich ihm auf den Schädel geschlagen und ihn hergeschleppt habe, nicht wahr?«
    Alaine lächelte trocken. »Ihr habt es getan, weil Ihr helfen wolltet, Garin.«
    Langsam kam Bewegung ins Lager. Die ersten beiden Männer, die ans Feuer traten, um ihr Frühstück einzunehmen, wurden gleich angewiesen, Alaine nach Brix zu begleiten.
    »Und wenn er nein sagt, Herrin?« erkundigte sich einer der freien Bauern.
    »Wenn er nein sagt«, antwortete sie finster, »dann müssen du und die anderen einen neuen Herrn suchen, ehe der neue Herr auf Ste. Claire vor dem Südtor unsere Köpfe auf Spieße steckt.«
    »Was würdet Ihr tun, Alaine?« fragte Garin. »Euch ergeben?«
    Alaine lächelte ihn beinahe draufgängerisch an. »Dafür kennt Ihr mich zu gut, Garin. Ich ergebe mich nie.«
    Alaine hatte gerade ihren letzten Frühstücksbissen heruntergeschluckt, da kündigte ein Knacken in den Ästen den heranstolpernden George Tanner an. Er war ein Dorfjunge aus Ste. Claire, der die Morgenwache hielt.
    »Herrin«, keuchte er. »Reiter nähern sich! Der Drachenschild reitet ihnen voran!« Er plumpste auf die Knie und rang nach Atem. Dann stieß er einen erstickten Schrei aus, als er über seine Schulter blickte.
    Der Drachenschild war aus dem Nebel aufgetaucht. Für einen Augenblick schien es frei im Dunst zu schweben, ein Symbol der Vernichtung. Dann traten ein Reiter und ein Pferd aus dem wallenden Nebel hervor. Und an beiden Seiten des Drachenschilds standen aufgereiht berittene Krieger, die das Lager in einem todbringenden Kreis umzingelten.
    Für Sekunden war die Zeit aufgehoben. Die Männer zu Pferd standen wie bedrohliche Gespenster um das Lager herum. Alaines Gefolgschaft, die meisten von ihnen immer noch schlaftrunken, standen starr und stumm und sahen ihrem eigenen Verderben ins Auge.
    Einer von Alaines Männern rührte sich, um sein

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