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Die Herrin von Sainte Claire

Die Herrin von Sainte Claire

Titel: Die Herrin von Sainte Claire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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wenigen Stellen ausnutzten, die die Koppel als Versteck bot. Garin hatte zwei Seile an sich genommen, die um einen Pfosten gehangen hatten. Nun waren sie schon sehr nahe dran, fast nahe genug, um das Seil über den Kopf der Pferde zu winden, da entdeckte man sie.
    »Hierher«, erscholl eine Stimme.
    Soldaten wie Gefangene, alle richteten ihre Blicke in Richtung der Koppel. Hastig krabbelten beide auf allen vieren zurück durch den Zaun, ohne die Kratzer und Schnitte zu beachten, die der steinige Boden ihren Händen und Knien zufügte.
    »Kommt schon!« Garin packte ihren Arm und schob sie in nördliche Richtung, wo das Gebüsch besonders dicht wucherte. Nur ein Pferd kam krachend zwischen den Bäumen hinter ihnen hergeritten. Garin blickte sich zögernd um.
    »Er hat seine Mannen zurückgeschickt. Der Bastard will dies zu seinem Privatkrieg machen, glaube ich.«
    Bilder schossen ihr durch den Kopf – Garin, ihr treuer Freund und in allem wie ein Bruder, außer von Geburt, der in einer Blutfontäne niedersank, von einem riesigen blitzenden Breitschwert tödlich getroffen – und sie in der qualvollen Lage, die tödliche Klinge zu sehen, wie sie sich langsam gegen ihre Brust richtete. Ihr Herz begann heftig zu pochen. Sie strengte sich an, die Beine schneller zu bewegen.
    »Beeilt Euch«, trieb Garin sie verzweifelt an.
    »Ich komme ja schon!«
    Ein Stein rutschte unter ihrem Fuß weg. Sie spürte einen Riß, als ein Schmerz ihr ganzes Bein durchzuckte. Nasse Steine, Blätter und Erdklumpen flogen ihr entgegen.
    »Alaine!« Garin kniete neben ihr und strich ihr die Erde aus Gesicht und Stirn.
    »Geht weiter!« befahl sie ihm und biß die Zähne vor Schmerzen zusammen. Sie wollte nicht, daß er fortging. Sie wollte nicht der Gnade oder Ungnade ihres Feindes überlassen werden. Aber er mußte gehen.
    »Nein!« widersprach er. »Nur er ist hinter uns her. Nur er. Ich kann ihn bezwingen.«
    »Seid kein Dummkopf!« rief sie mit barscher Stimme. »In zehn, fünfzehn Jahren könntet Ihr ihn vielleicht bezwingen. Aber jetzt hackt er Euch in tausend blutige Stücke. Und läßt er Euch am Leben, endet Ihr am Galgen.«
    Garin warf einen ängstlichen Blick hoch. Roriks Jagd hinter ihnen wurde immer deutlicher vernehmbar.
    »Garin! Im Namen des Herrn! Verschwendet Euer Leben nicht einer verlorenen Sache. Vielleicht verschont mich Rorik. Aber für Euch gibt es keine Hoffnung. Geht jetzt!«
    »Ich gebe nicht eher auf, bis Ihr errettet seid.« Mit kalten Lippen berührte er sanft ihre Stirn. »Ich verspreche Euch, niemals aufzugeben.« Dann war er verschwunden.
    Alaine trommelte mit den Fäusten auf den Boden in einer Mischung aus Verzweiflung und Schmerz. Sie wollte ihr Schicksal laut verfluchen. Aber sie tat es nicht. Statt dessen begann sie sich unter einen Busch zu schleppen, ungeachtet der Schmerzen, die bei jeder Bewegung ihr Bein durchbohrten. Sie richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Aufgabe, ein Versteck zu finden, so daß sie nicht mal die knackenden Äste im Gestrüpp hinter sich hörte.
    »Wen haben wir denn da?« Roriks Stimme klang aufreizend spöttisch, voll boshafter Freude.
    Alaine blickte über die Schultern und schnappte nach Luft. Das dunkelbraune Streitroß stand schnaubend im Regen. Rorik trieb es weiter voran, bis seine großen Hufe dicht an ihrem Kopf dumpf auf die Erde prallten. Sie rührte sich nicht. Sie atmete nicht. Der Tod war nur ein paar Zoll von ihr entfernt.
    Anmutig schwang sich Drache vom Sattel. Mit einer knappen Bewegung zog er sein Breitschwert aus der Scheide und richtete es gegen ihre Brust. Sie schloß die Augen, abwartend. Dabei durchlebte sie noch einmal ihren Traum. Aber der Todesstoß kam nicht.
    Die Schwertspitze streifte ihr mit einem blitzschnellen Ruck die Kapuze vom Kopf und setzte ihr Gesicht und ihr Haar dem kalten Regen aus. Sogar im trüben Licht glänzte ihr Haar golden.
    »Mylady Alaine«, begann er. Sie vermeinte ein verstecktes Lachen herauszuhören. »Welch treffliche Begegnung. Ich habe mich schon auf den Tag gefreut, an dem Ihr und ich uns wiedersehen würden.«

7
    Alaine trommelte bebend vor Zorn und Schmerz mit den Fäusten auf den Überzug ihrer Matratze.
    »Au! Auuuu!« jammerte sie. »Bitte mehr Feingefühl! Hältst du mich für ein Pferd oder gar einen Hund, daß du mich so behandelst?«
    »Hört auf wie ein Säugling zu greinen!« Hadwisa prüfte das fest verbundene Fußgelenk mit kritischem Blick, dann begann sie eine weitere Verbandschicht zu wickeln. »Als

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