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Die Herrin von Sainte Claire

Die Herrin von Sainte Claire

Titel: Die Herrin von Sainte Claire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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für alle diejenigen, die einem feineren Getränk den Vorzug gaben, aus der Speisekammer kommen lassen. Solch ungewohnte Festlichkeit schürte Alaines Mißtrauen noch mehr. Fragend blickte sie zu Joanna hinüber, die an der linken Seite Roriks saß, aber ihre Stiefmutter zuckte nur ahnungslos mit den Achseln. Gereizt lehnte sich Alaine zurück, um das Spiel Roriks zu beobachten. Fast wünschte sie sich, sie wäre wieder in der Küche. Dort kannte sie wenigstens den Unbill, der sie erwarteten.
    Der Nachtisch wurde zusammen mit etlichen Krügen kalten Bieres verspeist. Ein Weinkelch stand unberührt vor Alaine. Sie hatte weder Appetit auf Essen noch auf Trinken. Doch dann, als Rorik sich erhob und mit der Hand um Ruhe bat, hatte sie das plötzliche Bedürfnis, das Getränk in einem Zug hinunterzuschütten. »Hört mich an! Alle!« begann er ohne jegliche Vorbemerkung. Seine starke Stimme drang bis in die hintersten Winkel des Saales.
    Die Tafelnden verstummten erwartungsvoll, mit Ausnahme jener, die schon zu tief ins Glas geschaut hatten und keine Aufmerksamkeit mehr aufbringen konnten.
    »Ihr alle, die ihr hier versammelt seid – meine Gefolgsleute und die Mannen von Ste. Claire- wißt, weshalb ich hier bin. Ich bin der rechtmäßige Vicomte von Brix und Oberlehnsherr von Ste. Claire. Es ist daher sowohl meine Pflicht als auch mein Recht, nach dem Tod des treuen Sir Geoffrey diese Burg, das Land und die Dörfer zu beschützen, bis ein Gemahl für seine Erbin auserwählt worden ist – der bezaubernden Lady Alaine.«
    Er wandte sich ihr lächelnd zu, seine smaragdfarbenen Augen funkelten vor Schalk und noch etwas anderem, das gewiß nichts Gutes verhieß. Krampfhaft umklammerte sie die Stuhllehne. Ohne Zweifel hatte er vor, sie zu verheiraten und dadurch die Dienste eines unbedeutenden Barons und seiner Mannen zu erwerben. Das hätte sie sich denken können. Ihr Herz zog sich zusammen. Sie zwang sich jedoch, eine ruhige und würdige Miene aufzusetzen. Vor diesem Schurken würde sie sich nicht bloßstellen und ihm einen Grund geben, sie noch mehr auszulachen. Stolz hob sie das Kinn und blickte in die Menge. Sie erwartete mit innerlichem Bangen die nächsten Worte Roriks.
    »Es liegt in meiner Verantwortung, mich darum zu kümmern, daß Sir Geoffreys Tochter an einen Mann vermählt wird, der dieses Land und sie wohl zu behüten weiß. Bei so einem lieblichen Fräulein, das meinen Schutz genießt«, an dieser Stelle wurde unter Roriks Leuten vereinzelt ein Kichern laut, die Alaine besonders kratzbürstig erlebt hatten. Ein finsteres Zusammenziehen von Roriks Brauen schaffte sogleich wieder ein ehrfürchtiges Schweigen im Saal. »Bei einem so lieblichen und schönen Fräulein, das meinen Schutz genießt«, wiederholte er mit fester Stimme, »fiel die Entscheidung nicht schwer.«
    Kein Husten oder Kichern unterbrach die erwartungsvolle Stille. Ein Schauder der Angst lief ihr eiskalt über den Rücken, den sie versuchte, besonders gerade zu halten.
    »Das Aufgebot wird morgen auf das Portal der Dorfkirche angebracht. In drei Wochen ist Lady Alaine meine Frau.«

10
    »Euch heiraten?! Euch heiraten?! Lieber brate ich in der Hölle! Lieber lasse ich mir vom Teufel die Fingernägel einzeln ausreißen und mir die Zehen verbrennen!«
    Alaine schleuderte ihre Worte wie Pfeile von sich, einer spitzer als der andere. Das einzige, was zurückkam, war ein schiefes Lächeln und ein Kopfschütteln.
    »Bezähmt Eure Wut, Mylady. Es ist mein gutes Recht, Euch zur Frau zu nehmen, wie Ihr nur allzugut wißt.«
    »Lieber schufte ich in der Küche! Lieber gehe ich mit den Schweinen ins Bett!«
    Ein teuflisches Grinsen verzog seinen Mund. »Meine Überlegungen gingen eben dahin, daß die Schweine Euch lieber in meinem Bett sehen würden. Sie sind recht wählerisch in ihrer Partnerwahl. Und Euer Zorn kann einen wilden Eber in die Flucht schlagen!«
    Ihr Gesicht verdüsterte sich. »Eher baumle ich am Galgen, ehe ich zu Euch ins Bett krieche«, spuckte sie. »Zeigt Euch nur von der schlimmsten Seite! Ruft Euren Scharfrichter! Lieber ruhe ich im Grab und werde von den Würmern gefressen, bevor ich mich mit einem Ungeziefer paare.«
    Rorik gluckste vergnügt. »Für eine wohlerzogene Maid, habt Ihr eine seltsame Art, die Dinge auszudrücken. Fast bin ich geneigt, den Geschichten Eurer Stiefschwester über Eure Mutwilligkeit zu glauben.«
    »Dann heiratet doch meine Stiefschwester, wenn Ihr schon jemanden heiraten müßt!« schrie Alaine voller

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