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Die Herrlichkeit des Lebens

Die Herrlichkeit des Lebens

Titel: Die Herrlichkeit des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kumpfmüller
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bittet, ist, die Reise zu verschieben, für einige Tage, denn morgen früh kann und darf er nicht fahren. Ich bitte dich, sagt sie und noch einmal: Bitte. Wieder sitzt sie auf dem Sofa, seltsam jung und ernst, als würde sie sich selbst am meisten wundern, dass sie gekommen ist. Sie schüttelt den Kopf, sagt eine Weile nichts, dann: Sie habe nicht gewusst, dass es so schwer wird. Aber deshalb ist sie nicht hier. Ich habe nur immer gedacht, so kannst du nicht gehen. Kannst du das? Nein, sagt er. Vielleicht hätte er es gekonnt, aber jetzt nicht mehr.
    Die ganze Zugfahrt hat er ihren Duft, hie und da einen Satz, den Schimmer einer Bewegung, während Felix und Gerti ihn mit ihren Fragen löchern, ihm alle möglichen Tiere zeigen, draußen in der vorüberziehenden Landschaft, die flach und weit ist, der Himmel wolkenlos.Sogar die Schwalben fliegen wieder, aber es ist Anfang August, da müssen sie schließlich noch fliegen.
    Beim Abschied gegen halb eins haben sie nicht mehr viel gesprochen. Der einzige Gedanke war, wie sehr man sich doch täuscht, vor allem in sich selbst, denn das Wunder, so unfassbar es bis dahin gewesen war, war noch nicht zu Ende, die Geduld, das Staunen, das ihn bis jetzt erfüllt, wie sanft und kundig sie war. Sie ist fast unbeschwert von ihm weggegangen, verwirrt und glücklich, als wäre da jetzt ein Schutz, denn so ungefähr hat sie es gesagt. Und nun schlaf, versprich mir, dass du schläfst. Und wirklich hat er mehrere Stunden geschlafen, in ihrem Geruch, nicht sehr tief, als würde er damit rechnen, dass sie zurückkommt, oder als wäre es für diesmal kein Unterschied, als wäre sie hier bei ihm und zugleich drüben in ihrem Zimmer. Er kann sogar essen am nächsten Morgen, um halb sieben ist er wach und packt die letzten Sachen, auf der Lauer, ob da etwas ist, das ihn stört, ein kleiner Verrat, aber da ist nur Verwunderung.
    Der Doktor hat keine Eile mit der Stadt, zumal er die ersten Wege kennt: im Askanischen Hof die Rezeption, die livrierten Diener, die das Gepäck aufs Zimmer bringen, die rotgoldene Decke über dem Bett, Sessel und Stühle, den schweren Schreibtisch am Fenster. Obwohl er Elli versprochen hat zu essen, hat er das Zimmer nicht mehr verlassen, aber jetzt, nach einer halbwegs gelungenen Nacht und einem für seine Verhältnisse üppigen Frühstück, ist er voller Tatendrang. Er macht Bekanntschaft mit den neuesten Millionenscheinen, in einer Wechselstube am Bahnhof, wo er sämtliche Berliner Zeitungen kauft, um später, in einem Café, die Inserate zu studieren. Die Preise sind horrend, jedenfalls den Zahlen nach. Dora hat ihm gesagt, in welchen Gegenden er suchen soll, inFriedenau hat sie gesagt, der Name gefällt ihm, und also fährt er nach Friedenau.
    Nach zwei Stunden hat er sich so gut wie entschieden. Die Gegend ist sehr grün, es ist still, wie auf dem Land, überall nur Gärten, Alleen, junge Mütter mit Kinderwagen, am nahe gelegenen Rathaus Steglitz mehrere Elektrische, sodass man bei Bedarf in einer Viertelstunde im Zentrum ist. Er schickt Dora ein Telegramm, dass er gut angekommen ist, seinen ersten Eindruck. Möchtest du mit mir nach Friedenau?
    Auch Tile, die er am Nachmittag in der Buchhandlung besucht, erzählt er von Friedenau, fast, als müsse er sich beruhigen, weil er unterwegs so fürchterliche Dinge gesehen hat, zerlumpte Gestalten, die mitten auf der Straße betteln, dazu der furchtbare Lärm, das Gedränge und Geschiebe, weil überall zu viele Menschen sind. Tile hat auf ihn gewartet, sie zeigt ihm seine Bücher im Schaufenster, hinten links neben dem neuen Roman von Brenner. Sie freut sich, hat an ihn gedacht, die rote Schale hütet sie wie ihren Augapfel. Sie hat eine Tasse Tee für ihn gemacht. Hinten in einem Verschlag, der als Büro genutzt wird, darf er sitzen, während sie vorne die letzten Kunden bedient und ihn seinen Müdigkeiten überlässt, oder was immer da jetzt ist, eine gewisse Leere, die nicht unangenehm ist, ein kurzer Moment, in dem die Dinge so sind, wie sie gerade sind.
    Am nächsten Tag geht er weiter durch die Straßen, macht die Entdeckung zweier Parks, sitzt im Botanischen Garten eine Stunde im Schatten auf einer Bank, denn wie gestern ist es sehr heiß, sodass man eigentlich nicht gehen möchte. Er freut sich, wenn er etwas wiedererkennt, in den stillen Straßen um das Rathaus einen Garten mit Malven, ein blondes Mädchen, das einen großen Reifen mit einemStöckchen über die Gehsteige treibt. Am frühen Nachmittag bestellt

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