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Die Herrlichkeit des Lebens

Die Herrlichkeit des Lebens

Titel: Die Herrlichkeit des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kumpfmüller
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Visiten aus Faulheit den Kehlkopfspiegel nicht mitbringen oder Kaugummis empfehlen, die gegen die Schmerzen nicht helfen.
    Ist Dora bei ihm, vergisst er noch am ehesten, wo er ist, wenn er die Augen schließt und ihren Berichten lauscht, dass es überall blüht, in den Parks die Bäume, die Forsythien, im Rosengarten die Rosen. In der Regel vergehen die Stunden wie im Flug, aber hin und wieder gibt es ein Stocken, wenn er hustet, wenn seine Stimme weggeht. Das Essen kann er weiter kaum schlucken, nimmt nur wenige Bissen, obwohl er sich regelmäßig zwingt. Erstvorhin hat die Schwester das fast unberührte Tablett abgeholt, und so hat sich Dora ein Herz gefasst und gefragt, ob nicht sie das Kochen übernehmen könne, sie kenne den Doktor etwas besser, seine Vorlieben, was er gut essen kann und was nicht. Die Schwester will es anfangs nicht gestatten, sie muss erst fragen und kommt schon wenig später mit der Erlaubnis, nimmt Dora auch gleich mit, um ihr die Stationsküche zu zeigen. In der Regel machen sie dort nur Tee, aber es ist alles da, Töpfe, Besteck, ein Herd. Sie fragt, was er sich wünscht. Eine Suppe schlägt sie vor, gekochtes Huhn, zum Nachtisch einen Kuchen. Ja, willst du? Dann hast du mich morgen schon um elf. Man kann sehen, wie sie sich freut, auf dem Weg vom Hotel hat sie eine Markthalle entdeckt, dort will sie einkaufen.
    Die Gespräche mit seinen Zimmergenossen sind eher spärlich. Man redet über das Fieber, die Ärzte und Schwestern, anstehende Besuche, das Wetter, denn allmählich wird es draußen warm, durch das offene Fenster scheint die Sonne, und wenn es so bleibt, kann man demnächst mit dem Bett auf den Dachgarten, von wo man einen Überblick über halb Wien haben soll. Sein Bettnachbar Josef, ein Schuhmacher mit Schnauzbart, hat eines dieser Röhrchen im Hals, ist aber dauernd auf den Beinen, isst mit großem Appetit das Krankenhausessen und beneidet den Doktor, dass er jeden Tag sein Mädchen hat, denn er selbst hat bislang keinen Besuch erhalten. Zum ersten Mal seit drei Tagen gibt es keine Mentholeinspritzung, was überaus angenehm ist, die Behandlung scheint zu wirken, er kann ein wenig essen, schon Dora zuliebe, die ihm nacheinander Hühnersuppe mit Ei, Huhn mit Gemüse und eine Biskuittorte mit Schlagobers serviert. Die Banane im Kuchen ist nicht völlig nach seinem Geschmack, aber Dora ist glücklich, es gibt keinen Anlasszu Unruhe oder Verzweiflung, ja, man macht sogar Pläne. Das Sanatorium in Grimmenstein ist erneut im Gespräch und ein kleines in Kierling nicht weit von Wien. Dora hat in der Sache telefoniert und Max dazu gebracht, seine Verbindungen spielen zu lassen, sogar Werfel hat sich angeblich verwendet, denn das ständige Sterben kann und will er auf die Dauer nicht ertragen. Erst gestern Nacht hat es einen weiteren Todesfall gegeben, Josef hat es auf einem seiner Spaziergänge aufgeschnappt, dabei geht es ihm selbst nicht gut, er hat hohes Fieber, ist voller Unruhe und kaum dazu zu bewegen, im Bett zu bleiben. Dora will nach Kierling fahren und vor Ort prüfen, ob das dortige Haus infrage kommt. Prof. Hajek, der von einem Umzug strikt abrät, könnte zur Behandlung aus Wien anreisen, es gäbe keine Beschränkung für Besucher, sie könnte immer in seiner Nähe sein, gleich am Nachmittag will sie fahren.
    Am nächsten Tag ist die Sache beschlossen. Mit der Bahn ist es nach Kierling ein kleiner Ausflug, man hat Dora überaus freundlich empfangen, das Haus sei nicht eben groß, mehr eine Pension, nur zwölf Zimmer, am Ende der Ortschaft. Hoffmann heißt das Ehepaar, von dem es geführt wird. Die Kosten sind erträglich, aber das Beste ist, dass es Zimmer für Angehörige gibt. Dora wirkt blass, als sie zurück ist, etwas scheint sie dort in Kierling erschreckt zu haben, als würde sie wissen, dass es nach Kierling kein weiteres Sanatorium mehr geben wird. Wieder kommt sie zwei Stunden vor der Besuchszeit, um zu kochen, aber obwohl es heute neuerlich keine Einspritzungen gibt und das Wetter schön ist, fühlt er sich schlecht, er hat Durst, er hat die vergangene Woche zu wenig getrunken und darf es jetzt auf Anweisung nicht nachholen. Dora hat die Ärzte von ihrem Plan schon unterrichtet, auch die Eltern sollenes erfahren, was er wiederum Dora überlässt. Am Samstag gehe es los, schreibt sie, in eine wunderbare Waldgegend. Gegen Abend glaubt er allmählich daran. Abschied ist das falsche Wort. Er fühlt eine gewisse Schwere, die vielleicht nur Trägheit ist, dass er

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