Die Herrschaft der Drachen 01 - Bitterholz
Teilchen anfingen, dem reflektierenden Muster zu folgen, das Vendevorex ihr beigebracht hatte.
»Gut gemacht«, sagte Vendevorex mit schwacher Stimme. »Behalte die Kontrolle. Und bitte, lockere den Griff deines Armes etwas, ein kleines bisschen wenigstens.«
»Entschuldigung«, sagte Jandra, als sie begriff, dass sie ihn würgte. Während sie darüber nachdachte, wurde das Sonnenlicht wieder heller. Sie biss die Zähne zusammen und drängte den Staub zurück in sein Muster.
»Ich kann nicht glauben, dass ich das hier zustande bringe«, sagte sie. »Ich habe es nie geschafft, wenn ich es versucht habe.«
»Du hast alles ins Üben gesteckt«, erwiderte Vendevorex. »Vielleicht hat dir nur die Motivation gefehlt.«
Die Drachen, die hinter ihnen her waren, kamen jetzt näher, aber ihre Köpfe schwangen suchend von einer Seite zur anderen. Ven wurde langsamer, ließ sich sinken und flog über die Bäume hinweg. Die Wachen drängten über sie hinweg weiter in die Richtung, die Vendevorex eingeschlagen hatte, als sie noch sichtbar gewesen waren. Ein einzelner Nachzügler blieb hinter ihnen zurück.
»Wir sind sie los«, flüsterte sie, als Vendevorex zum Fluss abtauchte.
»Ich kann nicht mehr weiterfliegen«, sagte er, und der Beweis war deutlich in seiner Stimme zu hören. »Wenn
wir den Fluss hinter uns gebracht haben, muss ich landen. Von dort aus machen wir uns zu Fuß weiter auf den Weg.«
»Wohin gehen wir?«, fragte Jandra.
»Das weiß ich nicht«, antwortete Vendevorex. Er klang zögernd, unsicher.
Der Wind um Jandra wurde plötzlich kälter. Sie hatte noch nie solche Worte von ihrem Mentor gehört, auch nicht eine solche Stimme. Vendevorex hatte immer gewusst, was zu tun war, hatte immer alles geplant und vorausbedacht und unter Kontrolle gehabt.
Ihr Geist trieb für einen Moment davon, als sie an die damit verbundenen Folgen dachte. Dann riss sie sich wieder zusammen und konzentrierte sich. Der einzelne Drache, der noch immer hinter ihnen war, hielt direkt auf sie zu, ein blauer Streifen, der noch etwa hundert Schritt weit weg war, aber rasch näher kam. Als sie ihren Geist hatte umherschweifen lassen, war die Unsichtbarkeit durch den stürmischen Wind zerstört worden.
Die Wache trug einen acht Fuß langen Speer in den Hinterklauen. Er hielt schneller auf sie zu, als sie denken konnte, überbrückte ein paar Dutzend Schritt in jedem Augenblick. Sie versuchte, die Unsichtbarkeit zurückzuzwingen, als der Drache mit einem plötzlichen Ruck seine Hinterklauen nach vorne schob und den Speer schleuderte.
»Ven!«, rief sie.
Vendevorex drehte den Kopf gerade rechtzeitig herum. Der Speer strich genau dort vorbei, wo sein Kopf gewesen wäre, hätte er es nicht getan.
Sie waren bereits nahe an den Baumwipfeln. Jandra spürte Blätter und Zweige über ihre Kleidung streichen, bis sie
mit einer Schulter an der Spitze einer Kiefer hängen blieb. Der Baum war geschmeidig; er bog sich bei dem Aufprall und verursachte Prellungen an ihrer Schulter, aber er brach sie nicht. Es genügte jedoch, um sie von Vendevorex loszureißen, und so fiel sie plötzlich nach unten. Sie schloss die Augen, als sie auf die dicken Äste einer anderen Kiefer hinabstürzte. Zweige und Äste zerrten an ihr, während sie an den dicken Nadeln entlangglitt. Dann war sie plötzlich wieder in der Luft. Sie wedelte mit den Gliedmaßen, öffnete rechtzeitig die Augen, um die Wasseroberfläche des Flusses zu erkennen, in den sie stürzte. Sie versuchte, Luft zu holen, aber es war zu spät. Mit einem Platschen kam sie im Fluss auf und atmete Wasser ein.
Orientierungslos trat und stieß sie um sich, versuchte irgendwie zu begreifen, wo oben und unten war. Zu ihrer Erleichterung brach sie schon bald wieder durch die Wasseroberfläche. Sie hustete das Wasser aus, dann atmete sie in langen Zügen frische Luft ein. Der Fluss war an dieser Stelle nahe beim Ufer nicht sehr tief. Ihre Füße fanden Halt auf felsigem Untergrund. Als sie stand, reichte ihr das Wasser kaum höher als bis zur Taille.
Sie schleppte sich zum Ufer, rieb sich die Augen. Sie war halb blind von dem Wasser, das aus ihren Haaren strömte. Sie stolperte, als sie das Ufer erreichte, da ihr wassergetränktes Kleid sich um ihre Beine verfing und sie auf den nassen Steinen ausrutschte.
Sie arbeitete sich die steinige Uferböschung hoch, hustete und spuckte Wasser. Plötzlich stieß sie mit dem Kopf gegen etwas Hartes. Als sie aufsah, stellte sie fest, dass sie auf blau geschuppte
Weitere Kostenlose Bücher