Die Herrschaft der Drachen 01 - Bitterholz
Tage blitzte durch das Fenster. Ein brennender Kessel krachte gegen die andere Wand und klapperte laut, als er durch den Raum hüpfte und Flammen in alle Richtungen verteilte.
Kapitel Zehn
Krieg
A ls der Eisentopf zu rollen aufhörte, breitete sich das Feuer auf der gegenüberliegenden Wand aus. Wie ein Fluss ergossen sich die Flammen die Treppe hinunter und schnitten ihnen den Weg ab. Die Steinstufen zischten und knallten, als die Flammen an ihnen fraßen.
»Nicht den Rauch einatmen!«, rief Jandra und packte Pets Arm. Sie riss ihn von den Flammen weg. »Er ist giftig!«
»Das Feuer verbrennt den Stein!«, schrie Pet.
»Es heißt Ahnenrache«, sagte Jandra, ließ Pet los und sah sich um. »Sie kann alles verbrennen, Stein, Holz, sogar Wasser. Alles außer Eisen.« Der einzige Weg hinaus war der durchs Fenster. Sie sprang hoch und packte den Riegel, dann kletterte sie den rauen Stein empor und hockte sich ins Fenster. Sie streckte eine Hand nach Pet aus.
»Woher weißt du das alles?«, fragte Pet, während er ihre Hand ergriff.
»Vendevorex hat es erfunden«, sagte Jandra und half ihm, zu ihr auf den Sims zu klettern. »Zumindest haben wir günstigen Wind. Hier werden wir vor dem Rauch in Sicherheit
sein. Du kennst die Burg besser als ich. Gibt es ein anderes Fenster unter dem hier? Etwa zwanzig Fuß tiefer?«
»J-ja«, sagte er, ohne den Blick von den Flammen abzuwenden.
Jandra musterte die Flammen ebenfalls. Sie versuchte zu erraten, wie viel Zeit sie noch hatten. Die Ahnenrache brannte uneingeschränkt weiter, aber sie brannte langsam, wenn dichtes Material wie Stein der Brennstoff war. Obwohl sie sich im halben Raum verteilt hatte, würde es lange dauern, ehe sie die Seite erreichte, an der sie sich befanden. Unglücklicherweise jedoch hatte die Ahnenrache die Dachbalken aus Holz entzündet, die jetzt in gewöhnlichen Flammen standen. Die Brise vom offenen Fenster hielt den schlimmsten Teil des Rauches fern, aber sie nährte auch das Feuer, das die Balken verzehrte. Es würde nicht lange dauern, bis die dicken Holzstämme über ihnen zusammenbrachen.
Überall in der Burg brannte es, wie Jandra bei einem Blick aus dem Fenster sehen konnte, und zwischen all dem Rauch schwebten die dunklen Schemen von Himmelsdrachen herum. Sie blickte nach unten und stellte zu ihrer großen Erleichterung fest, dass direkt unter ihnen keine Flammen zu sehen waren.
»Zieh dein Hemd aus, Pet«, sagte sie.
Die Panik in Pets Blick verschwand. Er zog eine Braue hoch und fragte: »Du möchtest in einer leidenschaftlichen Umarmung sterben, wenn es denn schon sein muss, ja?« Er grinste zuversichtlich, während er sein Hemd mit flinken Fingern aufzuschnüren begann, was von einiger Übung zeugte.
»Du hast wirklich nur eines im Sinn, oder?«, fragte Jandra. »Seide ist sehr kräftig und lässt sich gut als Seil verwenden. «
»Mein Hemd ist nicht lang genug«, erwiderte Pet. »Es reicht nicht bis zu dem Fenster unter uns.« Er wirkte etwas enttäuscht.
»Doch, das tut es«, sagte Jandra und nahm ihm das Hemd ab, kaum dass er es über den Kopf gezogen hatte.
Sie tauchte ihre Finger in den kleinen Beutel mit Silberstaub, der an ihrem Gürtel hing. Dann umfasste sie vorsichtig den Ärmel seines Hemdes mit ihrer rechten Hand und schloss die Augen, um nicht durch die Flammen abgelenkt zu werden. Mit der linken Hand zog sie an dem kleinen Stück Seidenstoff, das sie hatte herausragen lassen, und begann, es von der rechten Hand wegzuziehen. Statt des Ärmels kam jetzt ein Seil hervor, das so dick war wie ihr kleiner Finger. Sie zog kräftiger daran, und als bald danach das gesamte Hemd durch ihre rechte Hand gelaufen war, hatte sie schließlich dreißig Fuß geflochtenes Seidenseil vor sich.
»Guter Trick«, sagte Pet und nickte anerkennend. »Kein Trick«, erwiderte Jandra. »Was du mit dem Apfel gemacht hast … das war ein Trick. Das hier ist etwas weit Vielschichtigeres. Ich habe mein ganzes Leben bei Vendevorex gelernt. Er hat mir beigebracht, wie man die grundlegenden Bausteine der Materie umgestaltet.« Jandra stellte sich auf das breite Fensterbrett. Sie band das Seil um den Dachbalken, der über ihr aus dem Gemäuer ragte. Dann ließ sie das Seil los. Das Ende reichte gerade bis unterhalb des darunter liegenden Fensters.
»In Ordnung«, sagte sie. »Sehen wir …«
Ihre Worte wurden von einem schrecklichen Knirschen abgeschnitten. Sie sah zurück ins Zimmer und bemerkte, dass die Ahnenrache die gegenüberliegende Wand
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