Die Herrschaft der Drachen 01 - Bitterholz
erklommen hatte und dabei war, sich in die Kupferbleche zu fressen, die das Dach bildeten. »Nicht atmen!«, schrie sie.
Aber es war bereits zu spät. Ein großes Kupferblech riss sich los und fiel ins Zimmer, mitten in die Ahnenrache, und schickte große Rauchwolken in ihre Richtung. Jandra versuchte, noch einen letzten Atemzug reiner Luft zu erwischen, ehe der Rauch sie erreichte. Stattdessen füllte sich ihre Lunge mit dem schrecklichen Geruch von Phosphor und Sulfur. Ihre Lunge fühlte sich an, als wäre sie voller Nadeln, während sie unbeherrscht zu husten begann. Dunkle Flecken tanzten vor ihren Augen, als ihre Kraft sie verließ. Sie war sich vage bewusst, dass ihre Füße vom Fensterbrett rutschten und sie rücklings in die dunkle Nacht stürzte.
»Was ist los?«, murmelte Zeeky, als sie von Ferkelchens Quieken aufgeweckt wurde.
»Tut mir leid, dass ich dich störe«, sagte He Du, während er sie hochhob und auf dem Stroh absetzte. »Ich brauche meinen Umhang. Es gibt Arbeit für mich.«
»Was ist das für ein Lärm?«, fragte Zeeky. Sie hörte kehlige Schreie in der Ferne und das schwache Klirren von Metall gegen Metall.
»Krieg. Drachen kämpfen gegen Drachen.«
»Warum?«, fragte sie und setzte sich auf.
»Das interessiert mich nicht. Was für einen Grund die Drachen auch haben, dass sie heute Nacht bereit sind zu sterben, ich fühle mich verpflichtet, ihnen dabei zu helfen.
Die Familie im Haus hier müsste jetzt ebenfalls wach sein. Ich werde dich bei ihnen lassen.«
»Nein!«, rief Zeeky. »Sie werden mich zurückbringen!«
»Zurück wohin?«
»Oh. Äh«, murmelte Zeeky, umfasste ihre Knie, während sie auf den Boden blickte. »Zum Waisenhaus?«
»Du kannst jederzeit wieder weglaufen«, sagte He Du, während er die Messerscheide mitsamt Klinge an seinen Stiefel band. »Es ist leicht wegzulaufen.«
»Wieso kann ich nicht mit dir gehen?«
»Dorthin, wohin ich gehe, sollten kleine Mädchen nicht gehen.«
»Wohin?«
»Zur Hölle, letztendlich«, erwiderte He Du. Während er sich den Umhang über die Schultern legte, starrte er sie geradewegs an. »Kommst du freiwillig mit?«
»Was heißt ›freiwillig‹?«
»Schön«, sagte er, hob sie mit einer Hand vom Boden auf und packte mit der anderen seinen Bogen.
Zeeky schrie, als He Du vom Heuboden sprang. Aber der Boden war näher, als sie gedacht hatte, und als sie aufkamen, rollte He Du sich um Zeeky zu einer Kugel zusammen, machte eine Rolle vorwärts und sprang auf die Füße. Es geschah so schnell, dass ihr nicht einmal schwindlig wurde. Sie hörte Ferkelchen über ihnen wie verrückt quieken.
»Warte!«, schrie sie. »Ich komme ja mit! Ich komme ja mit! Aber ich muss Ferkelchen mitnehmen!«
»Vergiss das Schwein«, sagte He Du, während er sie aus der dunklen Scheune hinaus in die sternenbeleuchtete Nacht trug.
»Nein! Er ist mein Freund!«
He Du blieb stehen und murmelte einige Worte, die Zeeky noch nie gehört hatte, dann setzte er sie ab und rannte zur Scheune zurück. Er sprang auf die Leiter, die zum Heuboden führte, und nahm die Stufen rascher, als sie blinzeln konnte. Ferkelchen quiekte noch nachdrücklicher, als He Du wieder vom Heuboden hinuntersprang, sich diesmal um Ferkelchen herum zu einer Kugel zusammenrollte und dann nach einer Rolle auf die Füße kam. Jetzt, da sie nicht daran beteiligt war, fand sie, dass es witzig aussah.
He Du packte sie bei der Hand und lief mit ihr über den Hof. Lichter brannten im Innern des Hauses. Zeeky konnte Feuer in der Burg des Drachen sehen; der höchste Turm war vollständig in eine Säule aus Flammen gehüllt und loderte, als wäre es die größte Kerze der Welt.
He Du donnerte mit der Faust gegen die Haustür. »Öffnet die Tür!«, rief er. »Hier ist ein Mensch, der euch braucht!«
Die Tür öffnete sich rasch, und He Du zog Zeeky ins Haus, vor die verängstigt dreinblickende Familie. Der Bauer und seine Frau wirkten jung, viel jünger als Zeekys eigene Eltern. Zeeky war erleichtert, als sie feststellte, dass sie ein Mädchen hatten, das etwas kleiner war als sie. In ihrer eigenen Familie gab es – abgesehen von ihrer Mutter – nur Jungen.
»Ich brauche eure Hilfe. Ihr müsst für kurze Zeit auf meine Tochter aufpassen«, sagte He Du. »Wir sind auf der Durchreise und weit weg von zu Hause, und ich kenne hier sonst niemanden, der auf sie aufpassen könnte.«
»Aber …«, sagte der Bauer.
»Wohin geht Ihr?«, fragte die Frau.
»In die Schlacht«, sagte He Du.
»Um
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