Die Herrschaft Der Drachen 02 - Jandra
gesprochen. Es ist mein Vater, dem hier die Schande gebührt.«
Androkom mischte sich ein. »Wir sollten diese Familiensachen auf später verschieben«, sagte er. »Jetzt zählt jeder Augenblick, wenn wir Blasphet noch finden wollen. Weck die Gefangene auf.«
Jandra mochte den neuen Hohebiologen nicht. Er war ihr zu herrisch. Aber er hatte recht; sicherlich sollten sie dieses Gespräch vertagen.
»Wie willst du sie wecken?«, fragte Hex. »Mit Magie? Es heißt, dass du die Elemente befehligst.«
»Ich werde ein Element befehligen, ja«, sagte Jandra und
ging zum Baderaum. Sie nahm einen Holzeimer auf, der am Rand stand und bereits mit Wasser gefüllt war. Dann kehrte sie zu dem gefesselten Mädchen zurück. »Bezeichnet es als Magie, wenn Ihr wollt.«
Sie schüttete dem Mädchen das Wasser über den rasierten Kopf. Die Gefangene hustete und spuckte und riss die Augen auf.
»Wo bin – « Ihr Gesicht wurde blass, als würde ihre eigene Stimme sie erschrecken. Sie kämpfte in ihrem Baumwollkokon. Die aufgerissenen Augen schossen hierhin und dahin.
»Es stimmt«, sagte Jandra. »Du kannst reden. Wo ist Blasphet? «
»Ich bin eine Schwester der Schlange!«, kreischte das Mädchen und bog den Rücken durch, während sie gegen die Fesseln ankämpfte. »Ich töte euch alle!«
»Schwester«, sagte Jandra und stellte einen Fuß auf den Bauch des Mädchens, so dass sie wieder zur Erde sank. »Du wirst heute Nacht niemanden mehr töten. Du kannst dich genauso gut entspannen und unsere Fragen beantworten.«
Das Mädchen beruhigte sich und starrte Jandra finster an. Trotzig streckte sie die Zunge heraus. Dann, mit einer plötzlichen Kieferbewegung, biss sie ein Stück ab. Tränen traten ihr in die Augen, während sie den Kopf vor- und zurückschwang. Blut tropfte auf ihre Wangen.
»Oh, bei aller Liebe …«, murmelte Jandra und hob die Zunge auf. »Ich kann die ganze Nacht damit verbringen, sie wieder dranzumachen.« Obwohl sie sich ganz und gar nicht danach sehnte, ihre Finger in die Nähe des Mundes zu bringen, wenn das Mädchen wach war.
»Lös ihre Zähne auf«, sagte Androkom.
»Was?«, fragte Jandra. »Nein!«
»Wieso ist die Idee so abstoßend?«, fragte Androkom. »Dieser
Mensch ist bereit, sich selbst zu verstümmeln. Wenn du ihre Zähne auflöst, wird sie ihre Zunge nicht mehr abbeißen können.«
»Ich weiß«, sagte Jandra. »Aber …«
»Es wäre Folter, einen gefangenen Feind zu verstümmeln«, sagte Pet. Jandra war überrascht über seinen Einwand. Pet hatte die Schultern zurückgezogen und hielt den Kopf aufrecht. Er konnte wie ein selbstbewusster Anführer wirken, wenn die Rolle es verlangte. »Lass dich nicht zu so etwas verleiten, Jandra. Ich bin von Albekizan gefoltert worden. Die Zeiten, in denen hilflose Menschen unter den Klauen von Drachen leiden, müssen ein Ende haben.«
»Sie wird ja gar nicht unter den Klauen eines Drachen leiden«, sagte Androkom, verärgert darüber, dass er etwas so Offensichtliches erklären musste. »Jandra ist ein Mensch.«
»Aber den Befehl gebt Ihr«, sagte Pet. Jandra wunderte sich, dass Pet sich so bereitwillig gegen Androkom erhob. Wollte er sie beeindrucken?
»Niemand außer mir gibt irgendwem irgendwelche Befehle«, sagte Shandrazel. »Ich möchte zwar der König sein, der die Könige abschafft, aber im Augenblick bin ich noch König. Jandra, ich verstehe deine Hemmung davor, einem anderen Wesen wehzutun. Aber die Information, die diese Frau besitzt, ist von größtem Wert. Vielleicht bringt die Auflösung ihrer Zähne sie dazu, mehr Entgegenkommen zu zeigen. Willst du nicht noch einmal darüber nachdenken?«
»Nein!«, sagte Pet.
Jandra war etwas verärgert, dass er für sie sprach. »Nein«, sagte sie. »Ich habe keine Skrupel, meine Kräfte zur Verteidigung einzusetzen, aber das hier geht darüber hinaus.«
»Genau das ist es, was ich meinte«, sagte Hex in vorwurfsvollem Ton zu Shandrazel. »Kaum eine Woche König, und schon
bist du bereit, den Befehl zur Folter zu geben. Welchen Grad an körperlichem Schmerz brauchst du wohl, um den Willen einer Fanatikerin zu brechen, die bereit ist, sich selbst die Zunge abzubeißen?«
»Wir sollten das hier nicht in ihrer Hörweite besprechen«, sagte Androkom.
»Richtig«, sagte Shandrazel. Er nickte der kleinen Gruppe von Wachen zu, die sich inzwischen im Hof versammelt hatten. »Schafft sie in den Kerker. Sorgt dafür, dass sie nicht entkommen kann. Ich komme später mit … weiteren Befehlen zu
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