Die Herrschaft Der Drachen 02 - Jandra
Kopf in Adams Richtung, als würde er sich darauf vorbereiten, ihn mit Hauern anzugreifen, die ihm noch nicht gewachsen waren. »Wo sind sie alle? Was habt ihr mit Mama und Papa gemacht? Sag es mir!«
Adam schüttelte den Kopf. »Ich kann es dir nicht sagen. Wie auch immer, ich soll dich zu Gabriel bringen. Du kannst ihn fragen.«
»Wieso kannst du es mir nicht sagen?«
»Es tut mir leid. Ich habe nicht die Erlaubnis dazu. Und außerdem kenne ich die Pläne der Göttin für sie tatsächlich auch gar nicht. Sie hat die Leute von Großschleck seit vielen Generationen darauf vorbereitet, hat man mir gesagt. Sie hat allen Leuten magische Fähigkeiten gegeben. Gabriel sagte, dass die Göttin ihren Samen in Großschleck gepflanzt und entschieden hat, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen sei, die Ernte einzutreiben. Sei sicher, dass es einem größeren Zweck dienen muss, wenn die Göttin wollte, dass deine Familie zu ihr gebracht wird.«
Zeeky runzelte die Stirn. Seiner Körpersprache nach sagte Adam die Wahrheit. Er wusste nicht, was ihrer Familie bevorstand. Sie sah keine andere Wahl, als mit ihm zu Gabriel zu gehen, wer auch immer das war.
»Sieht so aus, als würde ich die Gelegenheit bekommen, auf dir zu reiten, Trisky«, sagte sie und strich dem Tier über den kupfergeschuppten Hals.
Trisky gluckste zustimmend.
Kapitel Acht
Burkes Schenke
J ede Stadt braucht einen alten Mann, dessen einziger Daseinszweck darin besteht, an der Hauptstraße zu sitzen und mit den vorbeikommenden Fremden zu reden. Dealon übernahm diese Rolle in Burkes Schenke, einem kleinen Ort an der Schmiedestraße, neunzig Meilen weit weg von Albekizans Palast und genauso weit entfernt von Drachenschmiede. Dealon spielte die Rolle des inoffiziellen Begrüßers seit über vierzig Jahren, seit seine Frau bei einer Geburt gestorben war. Er war einfach zu einsam gewesen, um allein in der baufälligen Hütte zu sitzen, die er für sie erbaut hatte. Der Platz wirkte nach all den Jahren verlassen, Unkraut wuchs überall, und Moos hing an den Holzschindeln. Dealon kehrte erst spät in der Nacht zum Schlafen dorthin zurück, und dann teilte er sein Bett mit einer einäugigen Katze namens Gembel. Den Rest der Zeit verbrachte er auf der Veranda der örtlichen Schenke, das heißt, seit es die Schenke gab.
Das Eigenartige an diesem Dorf war, dass es schon seit Jahrhunderten Burkes Schenke hieß, es aber zu Dealons Jugendzeiten gar keine Schenke gegeben hatte, und auch keine Erinnerung an jemanden, der Burke geheißen hatte. Im ersten Jahrzehnt nach dem Tod seiner Frau hatte Dealon seine Tage
damit verbracht, sich in der Nähe der Schmiedestraße an einen Zaun zu lehnen. Der Verkehr der Straße war oft fast wie eine Parade gewesen. Große Echsen, grün wie unreife Äpfel, wurden von dunkelhäutigen Erddrachen geritten, die über die festgestampfte Erde marschierten und eine Karawane von Wagen bewachten, die von monströsen Ochsenhunden gezogen wurden.
Und doch waren es nicht Drachen gewesen, die sich als die wichtigsten Besucher des Dorfes erwiesen hatten. Etwa zwanzig Jahre zuvor hatte Dealon den Blick in die Richtung gerichtet, in der Drachenschmiede lag, und dem Sonnenuntergang zugesehen. Und dann war ein einzelner Mann unter diesem karmesinroten Himmel auf das Dorf zugegangen. Als er näher gekommen war, hatte Dealon bemerkt, dass der Mann nicht wirklich allein war; er trug ein Kind auf den Armen.
Es war ein seltsamer Anblick. Die Haut des Mannes war dunkler, als Dealon je zuvor bei jemandem gesehen hatte; sie hatte einen tiefen, rötlichen Ton und sah aus wie Sonnenbrand unter Sonnenbräune. Sein langes, kohlrabenschwarzes Haar war zu einem Zopf geflochten und mit Lederbändern verschnürt. Seine Hirschlederkleidung war abgetragen und schmutzig, aber die Decke, in der er das Kind trug, war so weiß wie eine Gänseblümchenblüte. Er trug zwei Scheiben aus gewölbtem Glas über den Augen, die mit einem goldenen Gestell zusammengehalten wurden, das auf seiner hakenförmigen Nase saß. Dealon hatte schon von Brillen gehört, aber noch nie eine gesehen. Das zweite hervorstechende Merkmal dieses Mannes entging Dealon beinahe – drei parallel verlaufende Narben, die von unterhalb des rechten Auges zum Kinn führten und nur knapp die Lippe verfehlten. Die Art der Narbe ließ ahnen, dass sie ihm von einem Erddrachen zugefügt worden war.
Der Mann merkte, dass Dealon ihn beobachtete, und als er näher kam, sagte er: »Ich grüße Euch. Ich habe heute
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