Die Herrschaft Der Drachen 02 - Jandra
geschehen, wenn ich dich zu ihr führe, Drache. Sie würde dir mit einem einzigen Blick das Fleisch von den Knochen lösen.«
Jandra kniete sich vor den Reiter. »Ich bin bereit, dieses Risiko auf mich zu nehmen. Ich habe die Macht, deine Beine zu heilen. Wirst du uns zu deiner Göttin führen, wenn ich das tue?«
Der Mann sah sie skeptisch an.
Jandra streckte die Hände aus und legte sie dem Mann auf den Fuß. Seinen Stiefel hatte er irgendwo unter dem Langwyrm verloren, so dass das blutende und verrenkte Bein zu sehen war.
Sie schloss die Augen, und ihre Gesichtszüge verrieten, dass sie sich konzentrierte.
»Beide Beine haben Doppelbrüche«, sagte sie. »Starke innere Blutungen. Du wirst sterben, wenn du meine Hilfe nicht annimmst.«
Zur Antwort ließ der Mann seine gesunde Hand vorschnellen und packte sie an den Haaren. Ihr Helm flog vom Kopf, als er sie an seine Brust riss und mit dem anderen Arm dort festklemmte. Seine freie Hand zuckte zum Gürtel, und einen Augenblick später lag ein Dolch an ihrer Kehle.
»Bleibt zurück«, schnaubte er. »Ich werde sie töten, wenn ihr auch nur einen Zoll näher kommt.«
»Das ist nicht wirklich klug von dir«, murmelte Jandra.
»Ich habe andere Reiter herbeigerufen«, sagte der Mann und beäugte dabei Bitterholz und dann den Drachen. »Ihr solltet weglaufen, wenn euch euer Leben lieb ist. Ich lasse das Mädchen los, wenn sie ankommen.«
Bitterholz hob das Schwert und kam einen Schritt näher.
»Das Mädchen ist eine Hexe. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ich sie selbst getötet hätte.«
»Ich tue es wirklich«, schrie der Reiter, riss Jandras Kopf an den Haaren zurück und drückte ihr die Spitze der Klinge an die Kehle.
Bevor Bitterholz etwas tun konnte, hatte Jandra das Handgelenk des Mannes gepackt. Obwohl die Arme des Mannes doppelt so dick waren wie ihre, schob sie den Dolch von ihrer Kehle weg, während der Mann darum kämpfte, die Kontrolle wiederzuerlangen.
Plötzlich schoss Hex mit geöffnetem Maul heran. Zwei Reihen messerscharfer Zähne schlossen sich um den Kopf des Mannes. Der Reiter schrie kurz auf, bevor Hex ihn für immer zum Schweigen brachte, indem er ihm mit einem scharfen Ruck den Kopf vom Rumpf trennte. Hex erhob sich; Blut spritzte aus seinem Maul, als er den Schädel des Mannes zu kleinen Stücken zermalmte.
Jandra wurde blass, als sie sah, wie Hex schluckte. Sie krabbelte von der Leiche weg, deren Arm noch immer um sie geschlungen war, und griff nach ihrem Helm.
»Er schmeckt zumindest besser als dieses Reittier«, sagte Hex und wischte sich die Schnauze am Flügel ab. »Wieso hast du den Dolch nicht einfach aufgelöst, Jandra?«
Jandra sah Hex nicht an, als sie sich den Helm aufsetzte.
»Ich brauche meinen Helm, um …« Ihre Stimme versiegte, als hätte sie es sich anders überlegt und beschlossen, den Satz nicht zu beenden. »Ist nicht wichtig.«
Ihr Blick kreuzte sich mit dem von Bitterholz. Der Drachentöter erkannte, dass sie zum ersten Mal gesehen hatte, wie ein Drache einen Menschen fraß. Vielleicht verstand sie jetzt seinen Hass auf diese Bestien. Sie sah aus, als wäre ihr schlecht, und drehte sich zur Seite.
Hex bemerkte nichts von der stummen Unterhaltung zwischen den beiden Menschen. Seine Augen waren auf den hinteren Teil des Schachtes gerichtet.
»Da ist noch einer«, sagte er.
Bitterholz blickte in die Düsternis. Ein einzelner Langwyrm kam auf sie zugeglitten. Zuerst dachte er, es würde sich um den handeln, den er verwundet hatte, aber dann sah er, dass der hier unverletzt war, ebenso wie der Reiter im Sattel. Die Kleidung des Reiters unterschied sich etwas von der seiner Brüder, denn auf seiner linken Brust prangte ein großer, roter Stern. Wie die anderen trug er ein silbernes Visier. Aber im Gegensatz zu den anderen waren seine Haare nicht kurzgeschoren, sondern schulterlang und lockig. Seine Haut hatte den gleichen blassen Ton, aber seine Haare waren kastanienbraun – eine Farbe, die Bitterholz an seine tote Frau Recanna erinnerte. Der Reiter trug eine Armbrust, die jedoch nicht geladen war. Bitterholz hatte im Laufe der Jahre gelernt, Menschen zu deuten; wer auch immer der hier war, er hatte nicht vor, sie anzugreifen.
»Was für eine Verschwendung«, sagte der neue Reiter und ließ den Blick über die Leichen seiner Brüder schweifen. »Dieser Kampf war nicht genehmigt. Sie haben die Göttin verraten, indem sie sich auf einen armseligen Rachefeldzug hierher begeben haben. Sie haben den höchsten
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