Die Herrschaft der Drachen 03 - Blasphet
Pferd galoppiert war, hatte sein Körper dafür bezahlt. Flitzer zu reiten war wie den Wind zu reiten. Er bewegte sich mit einer derartigen Geschmeidigkeit, dass man das Gefühl hatte, das Tier würde fliegen.
Hätte Bitterholz nur Flitzers Vorteile als Reittier bewundert, er hätte sich nicht unbehaglich gefühlt. Er begann aber auch die Ästhetik des Geschöpfes zu bewundern. Die kupferfarbenen Schuppen fingen das Sonnenlicht auf eine Weise ein, wie es der Goldfisch getan hatte, der in den Quellen von Chakthallas Palast aufgeblitzt war. Der Glanz erinnerte ihn auch an die metallenen Flügel des Engels Gabriel. Bitterholz hatte Gabriel ohne jede Reue getötet. Als Zeeky Flitzer am Ufer der Insel der Göttin gefunden hatte, hatte Bitterholz vorgeschlagen, das Tier zu töten. Jetzt konnte er sich nicht vorstellen, Flitzer auch nur einen Kratzer zuzufügen. Den Langwyrm zu reiten rührte unbekannte Gefühle in ihm an. Als sie den nächsten Hügel erklommen und in ein weiteres graugrünes Tal hinuntersahen, spürte er etwas, von dem er glaubte, dass es Freude sein mochte. Zwei Jahrzehnte lang hatte er nur selten einen Augenblick des Friedens verspürt, ganz zu schweigen von Glück.
Etwas in seinem Innern veränderte sich. Statt an das nächste Opfer zu denken, das er töten würde, waren seine Gedanken in dieser Zeit eher wie Träume. Er würde Jeremiah retten,
dann den Jungen und Zeeky nehmen, zusammen mit Flitzer und, ja, auch Ferkelchen, und mit ihnen allen weit weg reiten, irgendwohin jenseits des Verfluchten Gebirges, wo es keine Menschen und keine Drachen gab. Er würde eine kleine Hütte bauen und Wild statt geflügelte Schlangen jagen. Er könnte wieder eine Familie haben, oder etwas, das einer Familie ähnelte.
Die Idee machte ihn … hoffnungsvoll? Konnte dies tatsächlich Hoffnung sein? Er runzelte die Stirn und erinnerte sich an den Rat, den er Jandra im Schatten der Freien Stadt gegeben hatte.
Das Leben ist leichter ohne Hoffnung.
Als sie schließlich die Höhlen erreichten, war die Nacht bereits hereingebrochen. Die Knochen, die um das große Loch herum verteilt lagen, leuchteten weiß im blassen Mondlicht. Rotes Licht glühte tief in der Höhle, und ringsum stieg Rauch aus Dutzenden von Löchern. Der Boden unter ihnen vibrierte, und von der Höhlenmündung ging ein unirdisches Heulen aus. Es war das Geräusch von Dutzenden von Drachen, die gemeinsam sangen.
Bitterholz befand sich in einem Hain am Rand des Knochenfeldes und sah zu, wie drei Sonnendrachen, offenbar von dem außerweltlich klingenden Lied herbeigerufen, vom Himmel herunterschwebten und in dem Loch verschwanden.
Bitterholz schnaubte. »Die Bestien«, sagte er.
»Die Bestien?«, fragte Zeeky.
»Hast du bemerkt, dass keiner von ihnen einen Speer getragen hat? Die Bestien glauben, dass es ein Zeichen von Schwäche ist. Sie glauben, die einzigen Waffen, die ein Drache braucht, sind seine Zähne, und der einzige Schild sollte seine Haut sein.«
»Ihre Haut kommt mir ziemlich dick vor«, sagte sie, als ein anderer Drachenbulle auf das Knochenfeld herunterschwebte. Er hielt inne und schnüffelte in der Luft. Bitterholz spannte sich an. Konnte er Flitzer riechen? Schließlich drehte sich der Drache um und stapfte in die Höhle.
»Vertrau mir«, sagte Bitterholz. »Die Haut eines Sonnendrachen ist zwar ziemlich dick. Wenn man einem Drachen einen Schlag mit der Schwertkante auf die Schuppen auf seiner Brust versetzt, hat man schon Glück, wenn man ihm auch nur einen Kratzer beibringt. Aber ich kann einen Pfeil durch eine fünf Zoll dicke Eiche schießen – und so dick ist die Haut eines Drachen nicht. Hat ein Pfeil erst einmal die Haut durchbohrt, bluten die Venen eines Drachen genauso heftig wie die eines jeden anderen Tieres.«
»Du weißt wirklich eine ganze Menge über Drachen«, sagte Zeeky. Sie hatte schließlich die Tatsache akzeptiert, dass Bitterholz in der Tat Bitterholz war. Als sie sich das erste Mal begegnet waren, hatte sie es für eine Lüge gehalten.
»Ich habe genügend auseinandergenommen, um zu wissen, wie sie zusammengesetzt aussehen. Die Brustschuppen sind ziemlich kräftig, aber es gibt zahlreiche andere Stellen, an denen die Haut eines Drachen nicht dicker ist als unsere Haut, und auch Arterien direkt unter ihr verlaufen. Ich kann einen Drachen töten, ohne das Fleisch zu verletzen, wenn es sein muss. Ich würde einen guten Schlächter abgeben.«
Zeeky runzelte die Stirn. »Du würdest keinen Drachen essen,
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