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Die Herrschaft der Orks

Die Herrschaft der Orks

Titel: Die Herrschaft der Orks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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auch dann noch hoch erhoben zu tragen, wenn ihr besiegt seid und geschlagen und bis auf die Knochen gedemütigt. Ich weiß, was Ihr für den guten Rungbold getan habt. So ziemlich jeder Kerkerknecht weiß es, denn er hat überall damit herumgeprahlt.«
    Aryanwen biss sich auf die Lippen und errötete.
    Einerseits aus Ärger über Rungbolds Einfalt.
    Andererseits vor Scham.
    »Vielleicht würdet Ihr das, was Ihr für ihn getan habt, ja auch für mich tun …?«
    »Lieber sterbe ich«, erklärte sie kategorisch.
    »Alles zu seiner Zeit.« Er lachte erneut. »Ich fürchte nur, dass das Opfer, das Ihr gebracht habt, vergeblich gewesen ist.«
    »Wovon sprecht Ihr?«
    »In den letzten Augenblicken seines wertlosen Lebens hat Rungbold alles gestanden. Er hat mir genau berichtet, was Ihr ihm aufgetragen hattet – dass er einen Hilferuf an Euren Vater nach Tirgaslan schicken sollte. Doch er hat mir auch versichert, dass er nicht im Traum daran gedacht hat, Euch diesen Gefallen wirklich zu tun. Traurig, nicht wahr? Aber Rungbold ist kein Mann von Ehre gewesen, wie Ihr ja wisst …«
    Aryanwen hörte schon nicht mehr zu, ihre Gedanken überschlugen sich.
    Hatte sie soeben richtig gehört?
    Hatte Rungbold auf der Folterbank tatsächlich gestanden, dass sie einen Hilferuf an ihren Vater hatte schicken wollen?
    Das konnte zweierlei bedeuten.
    Entweder, der Kerkerknecht war infolge der Folter und der Schmerzen, die Vigor ihm hatte angedeihen lassen, so verwirrt gewesen, dass er nicht mehr Herr seines Verstandes gewesen war. Vielleicht hatte er auch nur gesagt, was Vigor hören wollte, damit die Qualen endeten. Oder aber – und dieser Gedanke ließ Aryanwen jähe Hoffnung schöpfen – er hatte seinen Peiniger bewusst belogen. Ein letztes Aufbäumen von Trotz, seine eigene bescheidene Art, sich zu rächen …
    Erneut biss Aryanwen sich auf die Lippen. Diesmal allerdings nicht aus Scham, sondern um sich selbst am Sprechen zu hindern. Am liebsten hätte sie triumphierend aufgeschrien, hätte dem Folterknecht des Königs ins grinsende Gesicht gesagt, dass er getäuscht worden war – aber sie hielt sich zurück.
    Womöglich hätte sie für einen kurzen Moment triumphiert, allerdings zu dem Preis, dass Vigor dann gewarnt gewesen wäre, und dieser Preis war zu hoch.
    Aryanwen musste Geduld haben.
    Die Gelegenheit zu einer weiteren Nachricht würde sie nicht bekommen. Es blieb ihr also nur, abzuwarten und ihre ganze Hoffnung auf jene zu setzen, denen sie ihren ersten und einzigen Hilferuf geschickt hatte.
    Und noch etwas hoffte sie.
    Dass Rungbold der Kerkerknecht Wort gehalten hatte.
    Zumindest dieses eine Mal.

4.
    IOMASH NAMHAL,
IOMASH UNUR
    Das Land, das sich nördlich von Trowna erstreckte, sah im Grunde genauso öde und trostlos aus wie fünfhundert Jahre zuvor – mit einem Unterschied.
    Damals war die Ebene von Scaria tatsächlich nichts als eine einzige große Ödnis gewesen, so weit und leer und mit Bannflüchen belegt, dass sich selbst die reißenden Wasser des Eisflusses darin verloren hatten; nun jedoch war es eigentlich fruchtbares Ackerland, das sich von Trowna bis zur Grenze des Zwergenreichs im Norden erstreckte. Doch wie es aussah, hatte der Krieg davon nicht viel übrig gelassen.
    Die meisten Äcker, die die Orks und ihr menschlicher Begleiter passierten, waren verdorrt. Und allenthalben sah man aufgeschüttete Erdhaufen, unter denen die einstigen Bewohner der Bauernhäuser in aller Eile beigesetzt worden waren. Abgenagte Knochen säumten die Straße, die von Schweinen, Rindern und anderem Getier stammten, das offenbar kurzerhand aufgefressen worden war.
    Unterm Strich, dachte Rammar, war der Norden des Reiches das genaue Gegenteil von dem, was die Menschen unter einer blühenden Landschaft verstanden – ein toter, stinkender Haufen Dreck. Eigentlich hätte sich ein Ork darüber hämisch freuen müssen, aber Rammar ertappte sich dabei, dass es ihn nur verdrießlich stimmte. Zu sehen, was aus dem Reich geworden war, für das sich Balbok und er – wenn auch nicht unbedingt in bester Absicht – den asar aufgerissen hatten, war ziemlich deprimierend.
    Zum einen, weil es Rammar einmal mehr vor Augen führte, wie viel Zeit seit ihrem letzten Besuch in Erdwelt vergangen war. Zum anderen aber auch, weil es ihm klarmachte, dass alles, was sie damals getan hatten, letztlich vergeblich gewesen war.
    Die Anstrengungen.
    Der Ärger mit den Menschen und Elfen.
    Der Verlust seiner Klaue.
    Je weiter sie nach Norden gelangten,

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