Die Herrschaft Der Seanchane
immer frei bewegen können, aber er weiß, dass wir vor etwas auf der Flucht sind, da wir sonst auf andere Weise reisen würden. Unglücklicherweise will er frühestens im Frühling aufbrechen.«
Mat lagen mehrere ausgesuchte Flüche auf der Zunge. Nicht vor dem Frühling. Das Licht allein wusste, was Tylin ihm bis zum Frühling angetan, wozu sie ihn gebracht haben würde. Vielleicht war es doch keine so schlechte Idee, Vanin Pferde stehlen zu lassen. »Lässt mir mehr Zeit zum Würfeln«, sagte er, als würde es keine Rolle spielen. »Wenn er so viel haben will, wie du sagst, muss ich meinen Geldbeutel mästen. Eines muss man den Seanchanern lassen, es scheint ihnen nichts auszumachen, wenn sie verlieren.« Er versuchte sein Glück nicht überzustrapazieren, und man hatte ihm nicht angedroht, ihm wegen Falschspiels die Kehle durchzuschneiden. Zumindest nicht, seit er den Palast wieder aufrecht auf zwei Füßen hatte verlassen können. Zuerst hatte er geglaubt, sein Glück hätte sich verbessert, aber vielleicht war sein Dasein als Ta'veren endlich zu etwas nütze.
Beslan sah ihn ernst an. Er war ein dunkler, schlanker Mann, etwas jünger als Mat, und als sie sich kennen gelernt hatten, war er ein wüster Draufgänger gewesen, stets zu einem Zug durch die Schenken bereit, vor allem wenn er mit Frauen oder einer Rauferei endete. Doch seit der Ankunft der Seanchaner war er ernsthafter geworden. Für ihn stellten sie eine sehr ernste Sache dar. »Meine Mutter wird nicht erfreut sein, wenn sie erfährt, dass ich ihrem Schatz dabei helfe, Ebou Dar zu verlassen, Mat. Sie wird mich mit einem Weibsbild verheiraten, das ein Matschauge und einen Schnurrbart wie ein tarabonischer Fußsoldat hat.«
Nach dieser ganzen Zeit zuckte Mat noch immer zusammen. Er würde sich nie daran gewöhnen, dass Tylins Sohn der Meinung war, dass das, was seine Mutter mit ihm machte, in Ordnung war. Nun, Beslan glaubte immerhin, dass sie etwas zu besitzergreifend war -nur etwas, wohlgemerkt! -, aber das war der einzige Grund, warum er helfen wollte. Beslan behauptete, Mat sei genau das, was seine Mutter brauchte, um sich von den Übereinkünften abzulenken, die ihr von den Seanchanern aufgezwungen worden waren! Manchmal wünschte sich Mat, wieder in den Zwei Flüssen zu sein, wo er wenigstens wusste, was die anderen dachten. Manchmal tat er das tatsächlich.
»Können wir jetzt in den Palast zurückkehren?«, fragte Olver; es war mehr eine Forderung als eine Frage. »Ich habe Leseunterricht bei Lady Riselle. Sie lässt mich den Kopf auf ihren Busen legen, wenn sie mir vorliest.«
»Eine bemerkenswerte Leistung, Olver«, sagte Thom und strich sich den Schnurrbart, um ein Lächeln zu verbergen. Er beugte sich näher an die beiden anderen Männer heran und senkte die Stimme, damit der Junge seine Worte nicht mitbekam. »Mich lässt die Frau immer Harfe spielen, bevor ich meinen Kopf auf dieses prächtige Kissen betten darf.«
»Riselle lässt sich vorher von jedem unterhalten.« Beslan kicherte wissend und Thom starrte ihn erstaunt an.
Mat stöhnte. Diesmal war es weder sein Bein noch die Tatsache, dass sich in Ebou Dar anscheinend jeder Mann aussuchen konnte, an welchen Busen er sein Haupt betten wollte, mit Ausnahme von Mat Cauthon. Gerade hatten die verdammten Würfel wieder angefangen, in seinem Kopf umherzurollen. Etwas Böses kam auf ihn zu. Etwas sehr Böses.
KAPITEL 7
Eine unerwartete Begegnung
Der Rückweg zur Stadt war länger als zwei Meilen und führte über niedrige Hügel, die die Schmerzen aus Mats Bein fortmassierten und neue verursachten, bevor die Männer eine Anhöhe erklommen und Ebou Dar hinter seinen übertrieben dicken, weiß getünchten Mauern voraus sahen, die kein Belagerungskatapult jemals hatte bezwingen können. Die dahinterliegende Stadt war ebenfalls weiß, auch wenn es gelegentlich mit dünnen Farbstreifen versehene Spitzkuppeln gab. Die weiß verputzten Gebäude, die weißen Türme und Kuppeln und die marmornen Paläste schimmerten selbst an einem grauen Wintertag. Hier und da endete ein Turm in einer zerborstenen Spitze oder es war eine Lücke zu sehen, wo ein Haus zerstört worden war, aber in Wahrheit hatte die seanchanische Eroberung nur wenig Schaden angerichtet. Sie waren zu schnell und zu stark gewesen und hatten die Kontrolle über die Stadt errungen, noch bevor sich mehr als vereinzelter Widerstand formieren konnte.
Überraschenderweise war der Handel, den es zu dieser Jahreszeit gab, trotz der
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