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Die Herrschaft der Zaren - Russlands Aufstieg zur Weltmacht

Die Herrschaft der Zaren - Russlands Aufstieg zur Weltmacht

Titel: Die Herrschaft der Zaren - Russlands Aufstieg zur Weltmacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klußmann
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Küste war die einzige Industrie, für deren Waren sich die hohen Transportkosten rechneten. Erneut waren es strategische Gründe, die den Eisenbahnbau forcierten. Japan war nach dem Sieg über China 1895 auf das ostasiatische Festland vorgestoßen. Nun wollte auch Russland die Schwäche Chinas ausnutzen und seinen Einfluss in der Region verstärken. Hastig wurde die Arbeit an der Transsibirischen Eisenbahn vorangetrieben. Doch das oft gebirgige Gelände, der Permafrostboden und der Baikalsee, der anfangs mit Fähren und im Winter mit Gleisen auf dem Eis überquert wurde, erwiesen sich als zeitraubende Hindernisse. Im Juli 1903 war die Strecke fertiggestellt und ermöglichte einen durchgehenden Verkehr von St. Petersburg bis Wladiwostok.
    Japan sah sich durch die Expansion des Zarenreiches provoziert. Als dieses sich weigerte, einvernehmlich die Interessensphären abzugrenzen, überfiel die japanische Flotte am 8. Februar 1904 Port Arthur, den einzigen ganzjährig eisfreien Hafen in der von Russland besetzten Mandschurei. Zwei Tage später erklärte das asiatische Inselreich der europäischen Großmacht den Krieg. Nach eineinhalb Jahren musste sich Russland dem unterschätzten Gegner geschlagen geben – nicht zuletzt deshalb, weil es auf der nur einspurigen Transsibirischen Eisenbahn zu lange dauerte, genug Soldaten heranzukarren. Unverblümt machte Oberbefehlshaber Alexej Kuropatkin das Verkehrsministerium für die Niederlage verantwortlich. Die Eisenbahnplaner hätten es, entgegen ihrer Ankündigung, nicht geschafft, zwölf Züge pro Tag auf die Reise zu schicken.

Für eine Handvoll Dollar
    Der Verkauf Alaskas empörte erst Amerikaner, dann Russen.
    Von Uwe Klußmann
    Mit 42 Salutschüssen endet am 18. Oktober 1867 in Nowo Archangelsk, der Hauptstadt Alaskas, eine Ära. In der kleinen Hafenstadt am Pazifik wird die russische Flagge eingeholt, vor weinenden Bewohnern. Am selben Mast hissen Amerikaner sogleich das Sternenbanner. Alaska mit seinen 1,5 Millionen Quadratkilometer Land wechselt den Besitzer, Russland hat seine östlichste Provinz an die Vereinigten Staaten verhökert. Das einstige Nowo Archangelsk heißt heute Sitka. Nur noch ein indianischer Totempfahl mit eingekerbtem russischem Doppeladler und die orthodoxe Kathedrale mit dem Namen des Erzengels Michail erinnern daran, dass die Kleinstadt einmal zu Russland gehörte.
    1732 hatten die ersten russischen Forscher Alaska betreten. Ihnen folgten Kolonialisten und 1794 eine zehnköpfige Delegation orthodoxer Mönche. Die brachten den Eingeborenen Ikonen und Evangelienbücher. Im Auftrag der Zarin Katharina II . sollten sie Fremdgläubige zum Christentum bekehren: eine Mission, die sich als nachhaltig erweisen sollte. Noch heute bekennt sich ein Drittel der etwa 85000 Ureinwohner Alaskas – überwiegend Aleuten und Inuit – zur russisch-orthodoxen Kirche. Doch die unwirtliche Gegend lockte neben frommen Geistlichen auch raue Gesellen an. So fanden außer dem rechten Glauben auch Tripper und Trunksucht bald weite Verbreitung.
    Ab 1799 sorgte die mit Unterstützung von Zar Paul I . gegründete Russisch-Amerikanische Kompanie für die wirtschaftliche Erschließung der gebirgigen Beuteprovinz. Doch das Unternehmen traf ein in Russland häufiges Schicksal: Es geriet in die Fänge von Staatsangestellten mit mäßigen Managementfähigkeiten. Das russische Alaska, in dem Siedler, Seeotter-Jäger und Abenteurer mit Inuit-Mädchen dem Zaren neue Untertanen zeugten, galt in St. Petersburg bald als unrentables Problemrevier. Zudem bezweifelten Strategen, ob Russland seine entlegene Besitzung im Ernstfall verteidigen könnte. Denn die russische Flotte war 1853 bis 1856 im Krim-Krieg arg dezimiert worden. Und was sich nicht halten lässt, so die Beamtenlogik im Umkreis des Zaren Alexander II . , sollte man lieber abstoßen, gegen Bares.
    Auf einer Geheimsitzung von Spitzenbeamten unter Vorsitz des Zaren im Dezember 1866 beschließt die russische Führung den Verkauf Alaskas an die USA , mit denen man gerade gute Beziehungen pflegt. Nach delikaten Verhandlungen wird der Kaufvertrag am 30. März 1867 in Washington unterzeichnet. Für 7,2 Millionen US -Dollar wechselt die gewaltige Küstenprovinz die Hoheit. Kritik an dem Deal kommt zunächst aus Amerika. Dort werfen politische Gegner dem Präsidenten Andrew Johnson vor, er habe sich von den Russen ein wertloses »Eisbärengehege« andrehen lassen. Mehr als ein Jahrhundert später wechselt der Klageruf die Seiten. Im

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